Olpe/Siegen. Der Freund des Angeklagten wurde polizeilich vorgeführt. Er gestand erneut, dass er die beiden 29-Jährigen beim Olper Schützenfest gestochen habe.

Ende Januar hatte der Freund (19) des Angeklagten überraschend ausgesagt, dass er für die Messerstiche beim Olper Schützenfest verantwortlich sei. Am Montag sollte der 19-Jährige aus Lennestadt dann erneut als Zeuge gehört werden, doch er erschien nicht im Siegener Schwurgericht. Die Kammer beschloss, dass der junge Mann zum Termin am Mittwoch polizeilich vorgeführt werden soll. Doch war auch dies zunächst nicht von Erfolg gekrönt. Am Dienstag hatten Polizisten den 19-Jährigen zu Hause aufgesucht. Doch dieser sprang aus einem Fenster und flüchtete. Auch am Mittwochmorgen trafen ihn die Beamten nicht an. Erst am späten Vormittag teilte ein Justizbeamter mit, dass sich der 19-Jährige im Badezimmer eingeschlossen habe. Am Mittwochnachmittag wurde er dann aus der Zelle in den Gerichtssaal geführt.

Dabei hatten die Justizbeamten ihm Handschellen angelegt, da er recht aggressiv aufgetreten war. Vor Gericht wiederholte er dann sein Geständnis, dass er damals zugestochen habe und nicht der seit neun Monaten in Untersuchungshaft sitzende Angeklagte. Wie berichtet, waren am 17. Juli um 1.30 Uhr zunächst ein Olper (29) zweimal und dann ein Wendener (29) fünfmal gestochen worden. „Sie haben gesagt, dass Sie beide gestochen haben?“, fragte die Vorsitzende Richterin, Sabine Metz-Horst. „Ja“, antwortete der Lennestädter, der die Messerstiche so begründete: „Die griffen mich an. Ich blutete. Ich habe auch Tritte bekommen. Ich hatte aus meiner Sicht keinen anderen Ausweg.“ Der Wendener habe ihn angepöbelt: „Ich habe ihn gefragt, was sein Problem sei. Als ich am Boden lag, bin ich aufgestanden und habe das Messer gezogen.“ Wie genau er das gemacht habe, wisse er nicht mehr.

Zur Frage, warum er denn monatelang nichts gesagt habe, meinte der 19-Jährige: „Ich hatte Angst. Wie soll ich meiner Familie sagen, dass ich der Stecher vom Olper Schützenfest bin?“ Er habe jetzt aber nicht mehr gewollt, dass sein Freund für ihn im Gefängnis sitze: „Ich will, dass die Wahrheit auf den Tisch kommt.“ Die beiden Opfer seien an dem Abend sehr betrunken gewesen: „Ich stehe dazu, was ich gemacht habe. Die Beiden wollten von Anfang an Stress.“

Verteidiger Martin Kretschmer meinte nach dem Geständnis zu dem Lennestädter: „Das ist eine massive Selbstbelastung. Da fragt sich jeder: Warum machen Sie das? Ist Ihnen Geld versprochen worden?“ Dazu der 19-Jährige: „Ich mache nichts für Geld. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, stehe ich dafür gerade und will nicht, dass ein anderer im Gefängnis sitzt.“

Frühere Urteile

Zunächst waren am siebten Verhandlungstag mehrere Zeugen gehört worden zu früheren Urteilen gegen den 19-jährigen Angeklagten. So hatte er im Juni 2021 in Olpe bei der Festnahme einen Polizeibeamten geschubst, geschlagen und mit einem Bodycheck niedergestreckt. Der Ordnungshüter hat bleibende Schäden an seiner Hand und ist noch immer dienstunfähig. Ein Kumpel beschrieb den Angeklagten so: „Wenn er in Rage ist, sollte man Respekt vor ihm haben. Wenn er aufbraust, haut er drauf.“ In der Drogenszene sei er als Händler und Verkäufer aufgetreten.

Zur Tatzeit war der Angeklagte 18 Jahre und sieben Monate alt und damit Heranwachsender. Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe empfahl noch die Anwendung von Jugendstrafrecht, weil der Angeklagte noch wesentliche Rückstände im emotionalen und sozialen Bereich habe. Es bestünden schädliche Neigungen und eine Schwere der Schuld. Der Mitarbeiter des Kreises Olpe sprach sich für eine Jugendstrafe ohne Bewährung aus.

Plädoyers am 23. März

Psychiater Dr. Brian Blackwell diagnostizierte beim Angeklagten eine Cannabis-Abhängigkeit, die auch mit einer Persönlichkeitsstörung einhergehe, die aber nicht klinisch relevant sei. Das Leben des Angeklagten habe sich seit der achten Klasse im Milieu abgespielt: „Es geht jetzt darum, ihn daraus zu holen.“

In seinem Gutachten empfahl Dr. Blackwell die Unterbringung in einer geschlossenen Entziehungsanstalt. Der Angeklagte käme dann nach Marsberg: „Er kann von der Unterbringung profitieren. Ein Versuch ist es wert. Das ist meiner Ansicht nach der beste Weg.“ Die Gefährlichkeitsprognose sei hoch: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass er wieder Straftaten begehen wird, wenn er in die Freiheit entlassen wird.

Der Prozess wird am 23. März fortgesetzt. Dann gibt es die Plädoyers.