Olpe. Wolfgang Hesse (CDU) hält seine kürzeste je gehaltene Haushaltsrede im Olper Kreistag – und kündigt gleichzeitig einen Paradigmenwechsel an.

Sie gilt als „Sternstunde des Parlaments“: die Verabschiedung des Haushaltsplans. Nun ist ein Kreistag kein Parlament im eigentlichen Sinne, dennoch ist es auch hier stets so gewesen, dass die Chefs der Fraktionen ihre Haushaltsreden nutzten, um in ausführlichen Stellungnahmen weit über die eigentlichen Zahlenwerke hinaus im wahrsten Sinn des Wortes „Politik zu machen“. Das war in den vergangenen beiden Jahren anders: Die Corona-Pandemie sorgte dafür, dass lange Reden in geschlossenen Räumen vermieden wurden. Zwar hätten die derzeitigen Rahmenbedingungen am Montag eine Rückkehr zu alten Bräuchen erlaubt, doch kam alles anders. Dafür sorgte Wolfgang Hesse, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Olper Kreistag, der in seiner kürzesten je gehaltenen Haushaltsrede einen Paradigmenwechsel ankündigte.

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Denn in Zeiten großer Sorgen und Ängste – er nannte die Stichworte Klimakrise, Krieg, Gewalt, wirtschaftliche Nöte und die für viele nicht zu beherrschende Digitalisierung – seien Haushaltsreden „seit Jahrzehnten geübte Relikte einer untergegangenen Zeit“. Denn der inzwischen offiziell „Produktplan“ genannte Haushalt des Kreises sei „schon bei der digitalen Drucklegung in Teilen überholt“ gewesen. „Wir von der CDU sehen jede Kreistagssitzung als erneute Diskussion über den Haushalt.“ Trotz der absoluten Mehrheit der CDU im Olper Kreistag strebe seine Fraktion an, weiter gemeinsam mit allen demokratischen Kräften für die Sache zu arbeiten. „Fulminante Unterschiede gibt es in der Kommunalpolitik nur selten. In Stilfragen sind die Differenzen größer, aber solange wir an der Sache arbeiten, will ich diese Zusammenarbeit.“ Ausdrückliches Lob hatte Hesse für den Verwaltungschef parat: „Ich bin froh, dass Theo Melcher Landrat des Kreises Olpe ist. Er ist kein begnadeter Selbstdarsteller. In seiner Sachlichkeit tut er uns allen gut. Daher bin ich froh, dass der Produktplan diese Fähigkeiten ausstrahlt. Er ist sachlich und fair.“ Daher stehe für die CDU außer Frage, dem Entwurf zuzustimmen.

SPD kritisiert Bürgermeister

Für die SPD sprach stellv. Fraktionsvorsitzende Christin-Marie Stamm. Sie betonte, der Haushaltsplanentwurf berge erhebliche Risiken, etwa die vermutlich viel zu gering eingeplante Personalkostensteigerung oder der mögliche Ausfall erheblicher Zuschüsse für den öffentlichen Personenverkehr. Kritik übte sie an den Bürgermeistern aus dem Kreis und deren Stellungnahme zum Kreishaushalt. Die von ihnen kritisierten freiwilligen Leistungen lägen kreisweit bei gerade 1 Prozent des Haushaltsvolumens und bezögen sich auf Bereiche, die die SPD nicht aussparen wolle. Konkrete Einwendungen hätten die Kommunen jedoch nicht geübt, daher habe die SPD sich gefragt, warum sie den Entwurf dann ablehnen sollte, wenn die Kommunen keine konkreten Einwendungen vorlegten. Daher werde ihre Fraktion dem Entwurf zustimmen. Allerdings gehe die SPD in Vorleistung mit der Erwartung, dass Landrat Melcher wie angekündigt eine neue Beitragstabelle für die Kindergartenkosten vorlegen werde.

Für die Grünen stimmte Fred Josef Hansen vielem von dem zu, was Hesse für die CDU erklärt hatte: „In der Tat kommen wir unterm Strich oft zum selben Ergebnis, wir alle wollen das Beste für unsere Bürgerinnen und Bürger im Kreis, diesen Ansatz spreche ich keiner Fraktion ab.“ Inzwischen arbeite der Kreistag quasi mit einem „atmenden Haushalt, den man ständig anpassen muss“. Da die Kreisverwaltung inzwischen klar zum Ausbau der regenerativen Energie als zentraler Aufgabe der Zukunft stehe und die Grünen „trotz intensiver Suche nicht so viel gefunden“ hätten, dass sie den Haushalt ablehnen können, wurde auch hier Zustimmung signalisiert.

UCW zitiert Karl Popper

Meinolf Schmidt von der UWG hob mahnend den Zeigefinger: Covid, Krieg, Energiekrise, Lieferketten, Inflation und Klimawandel „stellen uns vor große Aufgaben und finanzielle Risiken in ungeahnten Höhen“. Doch zitiere er gern den Philosophen Sir Karl Raimund Popper: „Optimismus ist Pflicht. Man muss sich auf die Dinge konzentrieren, die gemacht werden sollen und für die man verantwortlich ist.“ Das gelte wie kaum anderswo beim Kreis: „Auf die allermeisten Ausgaben haben wir gar keinen Einfluss.“ Viele Optimierungsmöglichkeiten scheiterten an Vorgaben und Standards. Angesichts dieser Umstände handle es sich um einen „ausgewogenen und allgemeinverträglichen Haushalt, dem wir optimistisch zustimmen werden. Nur durch Optimismus können neue Ideen und Innovationen entstehen“.

Herbert Kranz, stellv. Fraktionschef der FDP, nannte den Haushaltsplan einen „langen Wunschzettel“, bei dem zum Beispiel der öffentliche Nahverkehr drohe, ein Fass ohne Boden zu werden. Die stetig steigende Landschaftsverbandsumlage müsse Ansatz für Ursachenforschung sein. „Die Schulden steigen, die Rücklagen schwinden. Wie beim Klimaschutz müssen wir die Konsequenzen für Bürgerinnen und Bürger im Auge halten. Politik muss nicht nur beim Klimaschutz Verantwortung für künftige Generationen tragen.“ dennoch könne die FDP dem Entwurf „mit Bauchschmerzen zustimmen“.

Klaus Heger von der AfD betonte, die Ablehnung des Haushalts durch seine Fraktion liege mit in der Festlegung des Landrats, der als größtes Problem den Klimawandel sehe. Und auch, dass dies mit regenerativer Energien bekämpft werden solle, lehne die AfD ab und begründete dies mit einer Aufzählung altbekannter Argumente von Windkraft-Gegnern. Stattdessen habe selbst die EU erkannt, dass Erdgas und Kernkraft nachhaltig seien. Die AfD sehe als das größte Problem auch im Kreis Olpe den demografischen Wandel durch die Überalterung der Gesellschaft. Der Kreis müsse alles tun, um Menschen von außen dazu zu bringen, sich im Kreis Olpe niederzulassen. Zuletzt sei falsch, dass im Haushalt Kosten versteckt würden, stattdessen müsste das Land die Kosten für Kriegsflüchtlinge tragen.

Bei der Abstimmung verhielten sich alle Fraktionen wie angekündigt, sodass der Produktplan des Kreises mit einem Volumen von Erträgen in Höhe von 288 Millionen Euro und Aufwendungen von 298 Millionen Euro und einer Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage in Höhe von 9,1 Millionen Euro bei zwei Gegenstimmen der AfD zum Beschluss erhoben wurde.