Drolshagen. 2017 flüchtete Houssam Edres aus Syrien. Heute macht er bei der Krah-Gruppe aus Drolshagen eine Ausbildung – ein echter Gewinn für beide Seiten.

Wer in der Wirtschaft und Industrie von einer sogenannten Win-Win-Situation spricht, meint, dass beide Seiten eines Geschäftes profitieren. Wer in die Gesichter des 22-jährigen Auszubildenden Houssam Edres und der Personalchefin der Krah-Gruppe aus Drolshagen, Teresa Mason-Hermann schaut, dem kommt genau dieser Gedanke. „Ich bin an wirtschaftlichen Dingen interessiert, und Mathe war auf der Schule mein Lieblingsfach“, sagt der 2017 von Damaskus nach Deutschland Geflohene während unseres Besuches im Zentralfirmensitz des Autozulieferers Krah in Drolshagen. Und Teresa Mason-Hermann, von Hause aus Wirtschafts-Psychologin, ist ebenso froh, den jungen und unübersehbar engagierten Azubi für ihre Unternehmensgruppe gewonnen zu haben: „Nach mehreren Praktika stand fest, dass er zu uns passt.“

Personalchefin Teresa Mason-Hermann ist froh, dem jungen Mann aus Syrien eine Chance gegeben zu haben. 
Personalchefin Teresa Mason-Hermann ist froh, dem jungen Mann aus Syrien eine Chance gegeben zu haben.  © WP | Josef Schmidt

Organisieren, das kaufmännische Bewusstsein, der Umgang mit Menschen und last but not least ein sprachliches Talent – alles Voraussetzungen, die für ein internationales Unternehmen mit 17 Produktionsstandorten von Südamerika bis China ideal sind. Obwohl Houssam Edres erst fünf Jahre in Deutschland lebt, spricht er fließend deutsch. Und wenn sich die Krah-Gruppe irgendwann mal in Nordafrika engagieren will, ist ein arabisch sprechender Mitarbeiter, der sich von Marokko bis Ägypten sowie am persischen Golf verständigen kann, fast wie ein internationale Sechser im Lotto.

Wohnung im Feuerwehrhaus

Dass Edres mal bei der Firma Krah landen würde, lag eigentlich auf der Hand. Denn Teresa Mason-Hermann hat ihr Zuhause ganz in der Nähe des Feuerwehrhauses. Und genau in der dortigen Hausmeisterwohnung hatte die StadtDrolshagen die sechsköpfige syrische Familie untergebracht. „Wir haben zunächst nur eine kinderreiche Familie in der Nachbarschaft wahrgenommen“, erinnert sich Mason-Hermann, „als da plötzlich Kinder mit ihren Fahrrädchen umherfuhren.“

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Der älteste Sohn der syrischen Flüchtlingsfamilie besuchte dann mit 17 Jahren das Berufskolleg in Olpe und paukte erst einmal die für einen Araber sehr fremde, deutsche Sprache. In Damaskus hatte er bereits die 11. Klasse besucht, stand somit ein Jahr vor einem ähnlichen Abschluss wie dem Abitur, im Sauerland musste er aber erst einmal in der 9. Klasse beginnen, um ein Jahr später den Realschulabschluss zu schaffen. Die Corona-Pandemie sorgte dann erst einmal für einen Dämpfer in der Bildungskarriere, da der Online-Unterricht für den Syrer kaum zu schaffen war.

Der aus Syrien geflüchtete Houssam Edres fühlt sich sichtlich wohl an seinem Arbeitsplatz. Praktikantin Sonja Balcar (links) und Industriekauffrau Janet Golombiewski stehen ihm zur Seite. 
Der aus Syrien geflüchtete Houssam Edres fühlt sich sichtlich wohl an seinem Arbeitsplatz. Praktikantin Sonja Balcar (links) und Industriekauffrau Janet Golombiewski stehen ihm zur Seite.  © WP | Josef Schmidt

Im Frühjahr 2022 funkte es dann zwischen „Krah“ und dem jungen Mann auf Lehrstellensuche: „Nach der Coronapause fand im Frühjahr 2022 endlich wieder eine Berufsmesse in Lennestadt statt“, macht die Personal-Fachfrau aus Drolshagen auf die enorme Relevanz dieses Instrumentes für die Ausbildungswilligen auf der einen und für die Lehrlinge suchenden Betriebe auf der anderen Seite deutlich. Und da Houssam Edres ihr irgendwie bekannt vorkam und er geeignet wie willig auftrat, folgten die Praktika und der Ausbildungsvertrag.

Vielfältige Aufgaben

Während unseres Besuches bei der Firma Krah zeigt uns Houssam Edres mit breitem Lächeln seinen Ausbildungsplatz. Der erfahrene Industriekaufmann Werner Steuber schaut über seinen Bildschirm herüber, Praktikantin Sonja Balcar (Herscheid) und Industriekauffrau Janet Golobiewski (Gummersbach) gehören an diesem Morgen ebenfalls zum Team, das dem frischgebackenen Lehrling zur Seite steht.

Qualitätssicherung, Arbeitsvorbereitung, Organisation, Personalplanung oder Einkauf, Vertrieb, Finanzbuchhaltung und Controlling sind die vielfältigen Disziplinen, in die sich der angehende Kaufmann jetzt einarbeiten darf: „Ja, ein Industriekaufmann ist so etwas wie ein kleiner Manager“, bestätigt Teresa Mason-Hermann. Wer sich fortbilden will nach der Lehre könne das natürlich tun, der logische Studiengang wäre dann der Weg hin zum Betriebswirt.

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Aber bis dahin ist es für Houssam Edres noch ein weiter Weg: Zweimal die Woche paukt er Fächer wie Mathematik, Rechnungswesen und Englisch, um nur einige zu nennen, an der Berufsschule in Olpe. Die übrige Zeit gehört er zur Keimzelle des Unternehmenssitzes in Drolshagen, das zu rund 70 Prozent im Bereich der Automobilindustrie zu Hause ist: „Unsere elektronischen Bauteile findet man zum Beispiel in Heizungs- und Klimaanlagen von Fahrzeugen der Weltmarken wie VW, Mercedes, Opel, PSA und so weiter“, klärt Teresa Mason-Hermann über die breitgefächerte Kundschaft auf.

Und wer weiß, vielleicht sorgt ein 2017 vor den Bomben des Krieges in Damaskus Geflohener bald dafür, dass genau diese Bauteile den Weg zu den Krah-Kunden noch reibungsloser finden als zuvor. Apropos win-win: Das würde Houssam Edres genauso freuen wie Teresa Mason-Hermann.

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Der Unternehmens-Pass: Krah Elektrotechnische Fabrik GmbH + Co. KG

  • Mitarbeiter: 2000
  • Standorte: 17
  • Branche: Elektronik
  • Tarif: Nein
  • Arbeitszeit: bis zu 40 Stunden/Woche
  • Arbeitsplatz: Homeoffice nach Absprache, Hofman-Menüs, flexible Arbeitszeiten
  • Weiterbildungen: Regelmäßige Fortbildungen, Duales Studium möglich

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Krah Elektrotechnische Fabrik GmbH + Co. KG, Märkische Straße 4, 57489 Drolshagen
www.krah-gruppe.de

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