Neger/Olpe/Attendorn. Martin Reißner findet es weit sinnvoller als Verbote: Erste Hersteller arbeiten daran, Pyrotechnik nachhaltig und umweltfreundlich zu gestalten.

Im streng regulierten Deutschland sind die Silvesternacht und die beiden sie umschließenden Tage etwas ganz Besonderes: Dann dürfen volljährige Menschen, also alle Über-18-Jährigen, etwas tun, für das man an allen 363 anderen Tagen im Jahr eine besondere Erlaubnis braucht: das Abbrennen von Feuerwerkskörpern der Kategorie F2. Die „Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz“ regelt auch, dass besagte Feuerwerkskörper der Kategorie F2 nur an den letzten drei Werktagen des Jahres verkauft werden dürfen. Doch die Corona-Pandemie hatte hier sicht- und spürbare Auswirkungen: Mit dem Ziel, die ohnehin stark belegten Krankenhäuser nicht zusätzlich durch feuerwerks-bedingte Verletzungen zu belasten, wurde ein „Überlassungsverbot“ für Feuerwerk verhängt. Wer entsprechende Gegenstände besaß, durfte sie zwar abbrennen, doch der Verkauf an sich war unterbunden. Und auch beim Jahreswechsel 2021/22 wurde dieses Überlassungsverbot erneuert. Nun ist keine Rede mehr davon; die Prospekte der Discounter sind bereits voll mit Ankündigungen für den Feuerwerksverkauf, der am Donnerstag daher uneingeschränkt starten soll.

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Martin Reißner liebt es, bunte Bilder an den Himmel zu malen.
Martin Reißner liebt es, bunte Bilder an den Himmel zu malen. © Privat

Einer, für den Feuerwerk nicht nur Beruf, sondern auch Leidenschaft ist, heißt Martin Reißner. Der in Neger lebende Olper ist vielbeschäftigter Feuerwerker; beim Seenachtsfest erfreut er mit seinen Choreographien aus Feuer die Menschen, bei vielen Feiern ist er verantwortlich für die Illumination mit Pyrotechnik. Und seit einigen Jahren eröffnet er zu Silvester kurzfristige Verkaufsstellen, in denen sich volljährige Menschen mit allem eindecken können, was in Deutschland legal in den Himmel zu schießen ist. In diesem Jahr eröffnet Reißner zwei Läden: einmal in Olpe (neben Foto Wurm, Westfälische Straße 22), einmal in Attendorn (ehemals „Trag’s mit Fassung“, Niederste Straße 20). Hier verkauft der Fachmann am 29. und 30. Dezember von 9 bis 19 Uhr sowie am Silvestertag selbst noch von 9 bis 14 Uhr Feuerwerk. Die Anfragen laufen bereits auf Hochtouren.

Bilder an den Himmel malen

Dabei stellt er fest, dass es zwei Trends gibt: „Zum einen geht es für mich ganz klar weg vom lauten Knall hin zum bunten Bild. Das ist ja auch das, was für mich die Faszination des Feuerwerks ausmacht: faszinierende Bilder an den Himmel zu malen. Es will doch keiner wissen, wer der lauteste am Platz ist. China-Böller verkaufen wir praktisch überhaupt nicht mehr, ich würde schätzen, 99 Prozent wollen Farben und Bilder und einem Prozent geht es um Lärm.“ Der andere Trend sei eine Fortsetzung der Vorjahre: „Es geht immer stärker weg vom einzelnen Feuerwerkskörper, vom Sortiment mehrerer Raketen hin zu kompletten Batterien.“ Diese Zusammenstellung von Feuerwerkskörpern in einem einzigen Set haben den Vorteil, dass sie nur einmal angezündet werden und danach ein vollständiges Feuerwerk abbrennen. „Das hat den riesigen Vorteil, dass derjenige, der es anzündet, das Feuerwerk danach auch genießen kann, anstatt immer wieder nachzuzünden.“

Statt am lauten Knall ist laut Fachmann Reißner die große Mehrheit der Kundschaft an Farbenpracht und Optik interessiert.
Statt am lauten Knall ist laut Fachmann Reißner die große Mehrheit der Kundschaft an Farbenpracht und Optik interessiert. © Privat

Die Tatsache, dass manche Discounter und Baumärkte aus dem Feuerwerks-Verkauf ausgestiegen sind, sorgt für Reißner für stärkere Nachfrage. „Das hat auch damit zu tun, dass die Kunden auf Expertise setzen und sich durchaus beraten lassen, anstatt einfach blind zu kaufen.“ Reißner ist gespannt auf die Nachfrage auf einen neuen Trend: nachhaltiges Feuerwerk. Dabei setzen die Anbieter zum einen auf eine nachhaltige Herstellung. „Da wird immer weniger Kunststoff eingesetzt und dafür Recyclingpapier“, berichtet Reißner, „zum anderen sorgen die Hersteller durch den Kauf entsprechender Zertifikate dafür, dass das, was das Feuerwerk an Kohlendioxid erzeugt, an anderer Stelle eingespart wird.“ Auch gebe es bei diesen Angeboten geräuschreduziertes Feuerwerk.

Es geht um Lebensfreude

Von der Verbotsdiskussion rund ums Feuerwerk hält Reißner erwartungsgemäß nichts. „Wenn wir das ernstnehmen, dann müssen wir viel eher um das Verbieten von Flugreisen, Kreuzfahrten und Motorrädern reden. All das erzeugt Lärm, Feinstaub und CO und zwar in ganz anderen Dimensionen als Feuerwerk.“ Es gehe dabei um mehr als die Frage, wieviel Feinstaub und welche Arten von Emissionen beim Abfeuern der Raketen entstehen: „Da geht es auch darum, ob wir uns Lebensfreude verbieten lassen.“ Er werde nie die Frau vergessen, die nach einem von ihm arrangierten Großfeuerwerk auf dem Siegerlandflughafen zu ihm gekommen und ihm unter Tränen gesagt habe, sie habe noch nie etwas Schöneres gesehen als dieses Feuerwerk.

Martin Reißner ist Experte für Pyrotechnik. Der Attendorner weiß, worauf die Menschen in der Silvesternacht besonders achten müssen.
Martin Reißner ist Experte für Pyrotechnik. Der Attendorner weiß, worauf die Menschen in der Silvesternacht besonders achten müssen. © Verena Hallermann

Zweimal ist Reißners Firma in der Silvesternacht auch selbst im Einsatz: einmal am Hotel Platte im Repetal, einmal an der Attendorner Stadthalle, wo der Musikzug Ennest die letzte Veranstaltung im Reigen der 800-Jahr-Feier des Stadtjubiläums bestreitet und darauf hofft, dass diesmal der Nebel Zurückhaltung übt und freie Sicht auf die Feuershow zulässt.