Würdinghausen/Siegen. Erst kurz vor dem Einladen in eine Steinbrecheranlage entdeckten die Mitarbeiter, was sie da für einen Fund auf der Baggerschaufel hatten.

Da hatte wohl eine ganze Schar an Schutzengeln alle Hände voll zu tun: Eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg wurde im Februar in Siegen bei Abbrucharbeiten unbemerkt mit anderem Bauschutt auf einen Lkw der Würdinghauser Firma Behle geladen, der Blindgänger dann ohne Folgen von Siegen bis Würdinghausen gefahren, unentdeckt auf dem Recyclinghof des Tiefbauunternehmens abgekippt, wo er ein halbes Jahr lang lagerte, und erst am Donnerstag, beim Einfüllen des Bauschutts in die Brecheranlage, entdeckt.

Die Recyclinganlage, in der aus Bauschutt Schotter wird. Fast wäre die Bombe hineingeladen worden - mit unabsehbaren Folgen.
Die Recyclinganlage, in der aus Bauschutt Schotter wird. Fast wäre die Bombe hineingeladen worden - mit unabsehbaren Folgen. © Firma Behle

Das explosive Relikt lag schon auf der Baggerschaufel, als den Mitarbeitern auffiel, was sie dort für einen „Fang“ gemacht hatten. Firmenchef Matthias Behle: „Meine Leute dachten erst, da läge eine alte Gasflasche auf der Schaufel. Die Siegener Innenstadt ist ja im Zweiten Weltkrieg schwer bombardiert worden, deshalb werden vor Tiefbauarbeiten die alten Luftbilder wie auch aktuelle Satellitenfotos ausgewertet, um uns vor eventuellen Blindgängern zu sichern. Aber in diesem Fall wurden Häuser abgebrochen, die nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurden, deshalb dachte niemand daran, dass da noch eine Bombe drin sein könnte.“

Zweiter Zünder war festgerostet

Der Bürgermeister der Gemeinde Kirchhundem, Björn Jarosz: „Die Mitarbeiter der Firma haben erst die Polizei angerufen, und als die sich ein Bild von der Lage gemacht hatte, wurde umgehend unser Ordnungsamt informiert. Wir haben dann den Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung informiert.“ Die Fachleute aus Arnsberg kamen sofort und nahmen die Luftmine unter die Lupe. Dabei stellten sie laut Jarosz fest, dass eine Entschärfung vor Ort nicht risikofrei möglich gewesen wäre. Der Blindgänger war mit zwei Zündern versehen; einer wurde in etwa einstündiger Arbeit ausgebaut, der zweite Zünder jedoch war im Lauf der Jahrzehnte so festgerostet, dass eine risikofreie Entschärfung nicht möglich war. Die Kampfmittelspezialisten entschlossen sich daher, die Bombe vor Ort zu sprengen. Jarosz: „Das war ein weiterer Glücksfall, dass die Bombe auf diesem Platz entdeckt wurde, weitab von anderer Bebauung.“

Fünf Meter Sand zum Schutz

Die hohen Lärmschutzwälle des Recyclinghofs sind automatisch auch Schutz vor Splittern. Die Bombe wurde, so berichtet Matthias Behle, zusätzlich mit einer Schicht von gut fünf Metern Sand überdeckt. Zuvor hatten die Kampfmittelbeseitiger Plastiksprengstoff an der Außenhülle befestigt und sie dann per Fernzündung in die Luft gejagt. Ohne schützende Sandschicht, hatten ihm die Kampfmittelspezialisten erklärt, würden Bombensplitter einer solchen Luftmine bis zu zweieinhalb Kilometer weit geschleudert werden können. Behle: „Das war das allererste Mal in der Geschichte unserer Firma, dass so ein Fund gemacht wurde, und ich hoffe, das es auch das letzte Mal war.“