Olpe. 22-Jähriger am Montag wegen Bedrohung einer Mitbewohnerin im Olper Amtsgericht angeklagt. Ein Psychiater prüft seine Schuldfähigkeit.

Die Angst, die die 30-Jährige immer noch vor dem Angeklagten hat, wurde in der Verhandlung deutlich. Erst als Richter Richard Sondermann den 22-Jährigen während ihrer Vernehmung aus dem Gerichtssaal verwies, traute sie sich auszusagen. Dabei bestätigte sie die Vorwürfe aus der Anklage. Es geschah im April 2020 in der Küche einer Einrichtung in Olpe. „Er hat ein Messer aus der Schublade geholt, stand damit vor mir und hat gesagt, dass er mich abstechen wolle“, berichtete die Frau über ihren Mitbewohner. An einem anderen Tag schlug der Angeklagte ihr unvermittelt in den Rücken, so dass sie eine Woche Schmerzen an der Wirbelsäule hatte. Und an einem weiteren Tag drohte er vor mehreren Mitbewohnern und Betreuern, dass er sich ein Messer besorgen und alle abstechen werde.

Zudem war der 22-Jährige wegen Verbreitung pornografischer Schriften angeklagt. Einer Frau hatte er in Olpe mehrere Bilder und Videos geschickt, was er auch zugab. Wenig Einsicht zeigte er hingegen bezüglich der anderen Tatvorwürfe. „Jede Frage, die Sie so ein bisschen in die Enge treibt, beantworten Sie mit: Es geht mir nicht gut“, brachte Richter Sondermann das Aussageverhalten des Angeklagten auf den Punkt. Und dann meinte der 22-Jährige: „Ich habe Dämone. Wenn die Dämone kommen, komme ich durcheinander.“

Angst bei Klienten

Eindeutig waren indes die Aussagen der Zeugen. Die Behauptung des Angeklagten, es sei alles nur Spaß gewesen, wies die 30-Jährige zurück: „Für mich war das kein Spaß. Ich habe das ernst genommen.“ Der Angeklagte habe nachts geschrien und telefoniert, berichtete ein Betreuer in der Wohngemeinschaft: „Jeder der Klienten hatte Angst vor ihm.“

In der Aussage bei der Polizei in Olpe zwei Wochen nach der Tat hatte der Angeklagte gesagt, dass er die Frau umbringen wolle: „Aber es kamen schon die Betreuer. Sie hat mich beleidigt. Ich bin im Iran geboren, ich weiß, wie man Menschen tötet. Wenn man das Messer in den Hals sticht, stirbt man.“

Das Gericht hatte einen Psychiater beauftragt, um die Schuldfähigkeit des 22-Jährigen zu begutachten. Auch wenn der Angeklagte heute im Gericht plötzlich von Dämonen spreche, liege keine akute Psychose vor, so Dr. Kurt Herold (73): „Die Intelligenzminderung ist nicht so, dass er nicht richtig und falsch unterscheiden kann. Ich habe keine psychische Störung für eine verminderte Schuldfähigkeit gesehen.“ Die Aussage des 22-Jährigen, dass es ihm nicht gut gehe, sei eine reine Schutzbehauptung.

Keine Reue

„Die Zeugin hat heute noch Angst vor dem Angeklagten“, sagte Oberamtsanwalt Benjamin Schneider. Im Laufe der Zeit habe der 22-Jährige in der Einrichtung eine aggressive Grundhaltung entwickelt. „Der Angeklagte ist ungerührt von diesen Ereignissen. Er ist ohne Reue und versucht, es zu verdrängen. Es gibt auch keine Entschuldigung von ihm“, so der Vertreter der Staatsanwaltschaft, der sechs Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung und als Auflage 100 Stunden gemeinnützige Arbeit forderte. Verteidiger Georg Goebel plädierte für eine Geldstrafe: „Das halte ich noch für ausreichend.“

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Richard Sondermann folgte dem Verteidiger und verhängte 1200 Euro Geldstrafe. „Es hat sich so zugetragen. Die Vernehmung hat eindrucksvoll gezeigt, dass sie Angst vor dem Angeklagten hat“, sagte der Richter. Und: „Es war eine Bedrohung mit einem Messer. Die Lage war doch sehr akut für die Zeugin.“ Als der 22-Jährige klagte, dass er die Geldstrafe nicht zahlen könne, weil er doch keine Arbeit habe, platzte Richter Sondermann fast der Kragen: „Es gibt die Möglichkeit zu arbeiten. Eine Arbeitsstelle bekommen Sie von der Gerichtshilfe zugewiesen. Wenn das nicht funktioniert, müssen Sie ins Gefängnis. Dann bekommen Sie eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Monaten in der JVA.“