Olpe/Attendorn. Mit drei Freunden auf der Motorhaube war ein 18-Jähriger in Attendorn losgefahren. Ein ebenfalls 18-Jähriger rutschte unter das Auto.

Richard Sondermann ist ein erfahrener Richter. Doch die Verhandlung am Dienstag im Olper Amtsgericht ging auch ihm unter die Haut. „Ein gerechtes Urteil gibt es in diesem Fall nicht. Das ist ganz schwer“, meinte er. In der Tat. Am 25. März 2021 kam es in Attendorn zur Tragödie. Alles begann am Abend mit Spaß und guter Stimmung. Vier Jugendliche saßen in einem Auto, drei waren auf der Motorhaube. Da sie der Aufforderung des 18-jährigen Fahrers nicht nachkamen, herunterzukommen, fuhr dieser los. Eine fatale Entscheidung. Für zwei Jugendliche verlief die 40-Meter-Fahrt noch glimpflich, sie fielen nach links und rechts auf den Boden, doch ein 18-Jähriger rutschte unter das Auto und wurde eingeklemmt. Er wurde lebensgefährlich verletzt und musste reanimiert werden.

Im Gerichtssaal wurde deutlich, wie schlimm der junge Mann noch immer unter den Folgen des Unfalls leidet. „Er ist derzeit ein geistig und körperliches Wrack. Er ist auf ständige Hilfe angewiesen“, sagte Anwalt Ralf Bartmeier als Nebenklage-Vertreter für das Opfer. Neben zahllosen Brüchen habe er schwerste Störungen der Hirnfunktion erlitten: „Er hat Beeinträchtigungen für den Rest seines Lebens. Er war kurz vor dem Exitus.“

Bis zur letzten Sekunde gelacht

Der wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und fahrlässiger Körperverletzung angeklagte junge Fahrer berichtete, dass sich die Clique damals zum Chillen auf dem Parkplatz an der Südumgehung in Attendorn getroffen habe: „Keiner von uns hätte gedacht, dass so etwas passieren kann. Wir haben bis zur letzten Sekunde gelacht.“ Mucksmäuschenstill wurde es, als damals das Auto zum Stillstand kam und die Jugendlichen ihren Freund suchten und eingeklemmt unter dem Auto fanden. Gerade fünf Wochen hatte der Angeklagte den Führerschein, der ihm nach dem Unfall entzogen wurde.

„Ich habe keine Erinnerung mehr“, sagte das Unfallopfer. Der junge Mann wurde damals mit dem Rettungshubschrauber in die Klinik nach Köln-Merheim geflogen und war bis Oktober 2021 in stationärer Reha. Er sei immer noch mit dem Angeklagten, der ihn nach dem Unfall ein paar Mal besucht hatte, befreundet: „Ich bin ihm nicht böse, aber es ist halt schon doof passiert.“

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„Im Auto und auf der Motorhaube wurde gelacht. Wir sind eine gute Truppe“, berichtete ein 19-Jährige, der auf dem Rücksitz gesessen hatte. „Ich habe nicht gesehen, was für eine Gefahr auf uns zukommt“, sagte ein ebenfalls im Auto sitzender 21-Jähriger. Plötzlich habe es gerumst: „Wir stiegen aus und stellten fest, dass einer der Drei fehlte. Wir guckten unters Auto und sahen ihn da liegen. Einer hat noch einen Wagenheber aus dem Auto geholt, um Druck von seinem Kopf zu bekommen. Es kam Schaum aus seinem Mund. Ich habe gefühlt, dass er keinen Puls mehr hatte.“

Noch drei Monate Führerscheinsperre

Der Angeklagte leide selbst unter dem Vorfall, es gebe auch eine gewisse Mitschuld des Trios auf der Motorhaube, so Staatsanwalt Rainer Hoppmann. Das Opfer habe aber sein Leben lang unter den Folgen zu leiden. Hoppmann forderte nach Jugendstrafrecht 120 Sozialstunden und weitere drei Monate Führerscheinsperre. Diesem Antrag folgte Richter Sondermann. Verteidiger Marcel Tomczak, der keine weitere Sperre der Fahrerlaubnis forderte, betonte, dass es dem Angeklagten unendlich leidtue: „Es belastet ihn extrem. Er ist weiterhin in psychologischer Behandlung.“

Unter Tränen sagte der junge Angeklagte in seinem letzten Wort: „Ich würde es gerne ungeschehen machen.“