Kreis Olpe. Derzeit hat sich die Frage noch in keinem heimischen Bad gestellt. Die Betreiber sehen das Problem sehr entspannt.
Die Geschichte des Schwimmens ist auch eine Geschichte von Sitten und Moral. War es im 19. Jahrhundert an der See noch üblich, sich in Badekarren in die Flut ziehen zu lassen, um von anderen ungesehen ins Wasser springen zu können, wuchs die Freizügigkeit mit jedem Jahrzehnt. Bis zum Zweiten Weltkrieg etwa war es in Europa außer beim Sportschwimmen üblich, dass auch Männer Badeanzüge trugen. Und nun geht, wenn man den Schlagzeilen glaubt, von Göttingen eine Revolution aus. Dort hatte ein Badegast sich im Wasser des Oberteils seines Bikinis entledigt und war daraufhin erst von der Badeaufsicht ermahnt, schließlich sogar von der Polizei aus dem Bad entfernt worden. Daraufhin entbrannte eine Debatte über die Frage, ob Frauen nicht das gleiche Recht wie Männer haben, ohne Oberteil ins Schwimmbad zu springen. Im Fall von Göttingen sieht die Lösung erst einmal so aus, dass probeweise an Wochenenden die bisherige Badeordnung außer Kraft gesetzt ist und Frauen wie Männer nur eine Badehose tragen müssen. Die Stadt folgt damit den Forderungen einer Initiative mit dem Namen „Gleiche Brust für alle“.
„Wer mitmachen will, muss sich an Regeln halten“
In der Region indes geht es diesbezüglich ganz altmodisch zu. Übereinstimmend erklärten alle befragten Verantworlichen, das Problem habe sich schlicht noch nicht ergeben. Bei den Lenne-Thermen, Betreiberin der Hallenbäder in Drolshagen, Meggen und dem Hilchenbacher Ortsteil Dahlbruch, wird daher trotz des Göttinger Vorstoßes kein Handlungsbedarf gesehen. Geschäftsführer Ralf Wortmann: „In unseren Badeordnungen ist die Art der Kleidung grundsätzlich vorgeschrieben, und ich denke, dass es Badegäste geben würde, die sich davon gestört fühlen würden.“ Für ihn höre die Freiheit des einen dort auf, wo die des anderen anfange, daher werde bei den Lenne-Therme-Schwimmbädern eine Frau ohne Oberteil des Bades verwiesen. „Ich glaube aber gar nicht, dass das bei uns überhaupt ein Thema wird“, so Wortmann, „aber es ist nun einmal so: Wer mitmachen will, muss sich an Regeln halten, und wenn wir diese Regeln vorgeben, dann gelten die.“ Sollte allerdings tatsächlich auch in Südwestfalen der Wunsch aufkommen, dass das Schwimmen „oben ohne“ gewünscht werde, dann könne er sich vorstellen, dies zu bestimmten Zeiten ausdrücklich zuzulassen. „Es gab vor Jahren mal so einen Vorstoß in Sachen textilfreies Schwimmen in Lennestadt. Das haben wir dann angeboten, aber das ist ganz schnell eingeschlafen.“
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Ganz ähnlich die Reaktion von Ingo Ehrhardt, Geschäftsführer der Olper Bäderbetriebe, die das Freizeitbad in Olpe betreiben. „Das Problem hatten wir noch nicht“, so Ehrhardt, der allerdings die Entwicklung in Göttingen gespannt verfolgt. „Wir würden das aber derzeit so nicht machen. Ich bin da ein bisschen konservativ und kann mir nicht vorstellen, dass das nicht zu Voyeurismus führen würde. Sollte sich das wirklich zu einem Problem entwickeln, weil vermehrt Fragen kommen, dann müssten wir das natürlich diskutieren, wie wir es auch gemacht haben, als die Diskussion um den Burkini kam.“ Und auch im „Finto“, dem Freizeitbad der Gemeinde Finnentrop, bleibt das Oberteil bis auf weiteres an. Bürgermeister Achim Henkel: „Derzeit ist das überhaupt kein Thema. Sollten sich die Anfragen häufen, dann müssten wir das sicherlich diskutieren, dann müssten wir darüber nachdenken, wie man damit umgeht, aber bis auf weiteres gilt unsere Badeordnung, und wer sich nicht daran hält, der wird aufgefordert, ein Oberteil anzulegen oder zu gehen.“
Probleme eher mit zu viel als zu wenig Kleidung
Entspannter wird die Situation allgemein im Freibadbereich gesehen, wo das Sonnenbaden „oben ohne“ in den 1980er-Jahren fast Alltag war, inzwischen aber kaum noch vorkommt. Hier habe es sich aber stets so verhalten, dass Frauen spätestens vor dem Sprung ins Wasser ihr Oberteil angelegt hätten. Otto Hoffmann vom Naturfreibad Veischedetal in Bilstein: „Ich habe damit kein Problem.“ Bislang sei die Frage auch bei seinem Verein aber auch noch nicht aufgekommen. Er sieht ein ganz anderes Problem: „Wir haben als Naturfreibad vielmehr die Sorge, dass Leute mit zu viel statt zu wenig Textilien ins Wasser wollen.“ Das seien zum einen Menschen, die aus religiösen Gründen mehr vom Körper verhüllen wollen als westeuropäische Badekleidung dies tut. Im Grunde kein Problem, denn, so Hoffmann, „wenn das beispielsweise ein Burkini ist, also nichts anderes als ein speziell geschnittener Badeanzug, dann ist das aus hygienischer Sicht vollkommen unbedenklich“. Anders sehe es aus, wenn normale Kleidung etwa aus Baumwolle im Wasser getragen werde. „Das müssen wir unterbinden“, so Hoffmann. Das gleiche Problem trete auch auf, wenn insbesondere junge Männer lange Badeshorts tragen, in denen sie schon ins Schwimmbad kommen, darunter aber Unterwäsche tragen. Das sei aus hygienischen Gründen untragbar, insbesondere in einem Naturschwimmbad, das ohne desinfizierende Chlorung auskommen muss. „Das ist ein No-go“, so Hoffmann.