Ostentrop. Als Gefängnisarzt und Schauspieler wurde Joe Bausch bekannt. In Finnentrop erzählte er jetzt über den „Blues“, der durch die Gefängnisse kriecht.
Zu einer Autorenlesung mit Joe Bausch ins Duarphius Ostentrop hatte am Donnerstagabend die Kulturgemeinde Finnentrop geladen. Doch eine Lesung war das nicht, die den rund 150 Zuhörern geboten wurde, denn der Regierungsmedizinaldirektor in der Justizvollzugsanstalt Werl und der als Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth im Kölner Tatort bekannte Joe Bausch las wenig, erzählte aber viel.
Pünktlich um 20 Uhr betritt Joe Bausch die Bühne und schaut in die Gesichter von 150 erwartungsvollen Zuhörern. Doch die hören zunächst wenig. Tonprobleme im Duarphius Ostentrop. Nach einem lauten Knacken in der Leitung sind die behoben und der Doc auf der Bühne legt los.
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2012 hat er sein erstes Buch „Knast“ geschrieben. „Das war so erfolgreich, da wollte der Verlag auch noch ein zweites“, so Joe Bausch. Das ist „Gangsterblues“ geworden, aus dem er eigentlich an dem Abend vorlesen will. Doch zunächst erzählt der Anstaltsarzt, warum er überhaupt zum Schreiben gekommen ist. „Ich habe in den letzten Jahren in unzähligen Talk-Shows gesessen. Immer wenn es um die Frage rund um härtere Bestrafung ging, war ich dabei. Doch man kommt in so einer Runde höchstens mit zehn bis zwölf Sätzen zu Wort. Dabei habe ich viel mehr dazu zu sagen.“
Und auch Fernsehreportagen zeigten nicht die ganze Geschichte. „Viele der Inhaftierten lehnen Drehanfragen der Medien ab, denn sie wollen sich nicht im Fernsehen sehen, können sich nicht richtig artikulieren und manche sollten auch keine Plattform in den Medien bekommen. Übrig bleiben dann für die Drehs die netten Knackis und wir müssen uns danach immer wieder die Frage anhören, wie viele Unschuldige eigentlich bei uns einsitzen.“
Für Gangster-Rap eindeutig zu alt
Dabei sei das genau das Gegenteil. Und daher habe er die Bücher geschrieben, die vom wahren Leben im Knast erzählen. „Natürlich habe ich die Geschichten verfremden müssen, denn als Anstaltsarzt unterliege ich der Schweigepflicht.“ Und dann gerät er ins Erzählen. Zwischendurch liest er zwei, drei Sätze aus dem Buch. „Ist ja schließlich eine Lesung“, doch dann plaudert er munter weiter.
Nach einer Stunde gibt es eine Pause. „Wir machen jetzt eine Thromboseprophylaxe. Bewegen sie sich.“ Er selber signiert schon die ersten Bücher.
Dann geht’s munter weiter mit Geschichten aus dem „Gangsterblues“. Wurden im ersten Buch mit den Geschichten noch die Sachverhältnisse im Knast beschrieben, geht es ihm nun um die Entwicklung im Gefängnis. „Bei uns sind Menschen aus bis zu 70 Nationen inhaftiert und das Bildungsniveau wird immer geringer.“ Daher kommt auch der Blues. „Der kriecht über die Flure, unter den Türen hindurch und setzt sich in den Jacken fest.“ Außerdem sei er für einen Gangster-Rap eindeutig zu alt.