Wenden. Eigentlich würde am Wochenende die Wendener Kirmes in den Ortskern locken. Der „Ecki“ erzählt, wie sehr die Kirmes im Wendschen vermisst wird.
Es ist ein fester Termin im Kalender. Nicht nur für die Menschen in Wenden. Auch von auswärts zieht es jedes Jahr hunderttausende Leute auf die Wendsche Kärmetze. Dann, wenn der Marktschreier wieder seine Lose verkauft. Dann, wenn sich das Riesenrad dreht. Dann, wenn Zuckerwatte und Popcorn die Sommerluft versüßen. Zum zweiten Mal muss das größte Volksfest in Südwestfalen ausfallen. Eine Überraschung ist das nicht – dennoch macht sich im Wendschen eine Sehnsucht breit. Die Sehnsucht, bald wieder in der Gemeinschaft im Ortskern zusammenzukommen. So auch bei Eckhard Stahl. Besser bekannt als „der Ecki“. Der „Knallermann 6-Stand“ an seinem Friseursalon „Salon Eckhard Stahl“ in der Bergstraße hat schon längst Kult-Status. Was er wohl am meisten vermisst?
Normalerweise wären Sie jetzt noch mitten in der Vorbereitung, richtig?
Eckhard Stahl: Ja, das ist richtig. Wir fangen normalerweise jedes Jahr an dem Mittwoch vor der Wendschen Kärmetze an. Die Vorbereitungen für unseren Stand „Knallermann 6“ ziehen sich dann bis Samstagmittag. Der Stand muss ja ordentlich bestückt werden. Mittlerweile lassen wir den Friseurladen auch geschlossen. Zumindest ab dem Donnerstag vor der Kirmes. Und die Woche darauf machen wir dann Betriebsferien. Aber die Zeit brauchen wir einfach. Das ist richtig viel Arbeit.
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Kann ich mir vorstellen. Schließlich erwarten Sie auch jedes Jahr jede Menge Gäste
Wir sind mit den Jahren immer größer geworden. 1994 fing es an. Unser Kegelclub trank immer Bacardi-Cola. Das war unser Kult-Getränk. Es gab aber nirgendwo auf der Kirmes Longdrinks. Das konnte so nicht bleiben. Dann hatte einer von den drei Ständen, die immer bei uns vor der Salontür standen, abgesagt. Und dann waren da auf einmal drei Meter Platz. Da habe ich mir ganz spontan überlegt, da an der Stelle eine kleine Theke aufzustellen. Um dort eben Longdrinks anzubieten. Auf drei Sorten haben wir uns beschränkt. Nicht mehr und nicht weniger. Dann noch ein bisschen Musik aus dem Ghetto-Blaster und das reichte damals. Das ging durch die Decke. Nach drei Stunden hatten wir schon meine gesamten Vorräte aufgebraucht. Für Sonntag haben wir dann noch mal ordentlich nachgelegt. Und so ist das dann immer größer geworden.
Also die drei Meter Platz reichten dann irgendwann nicht mehr
Genau. Im nächsten Jahr war dann ein weiterer Stand nicht mehr da. Da waren wir dann schon bei sechs Metern. Ein paar Jahre später waren es dann zehn Meter – und irgendwann sind wir dann eben bei 20 Meter angelangt. Wir haben früh aufgerüstet, was die Musikanlage betrifft und eben auch für eine Überdachung gesorgt. Mit Musik von Mallorca und den typischen Getränken eben. Das war damals noch was Neues. Jedenfalls konnten wir uns vor Ansturm nicht retten. Und das ist bis heute so.
Und bei 20 Meter ist jetzt Schluss?
Na es geht halt nicht mehr.
Sind das immer die gleichen Gäste, die an Ihrem Stand stehen?
Nein, eigentlich nicht. Aber es gibt Menschen, die sind jedes Jahr da. Immer. Ohne Ausnahme.
Kommen die Leute alle aus Wenden oder reisen viele auch von fern an?
Viele kommen natürlich aus dem Wendener Raum. Aber auch aus Olpe, dem Siegerland, Bergneustadt zum Beispiel. Halt Partymusik-Liebende, die von überall herkommen. Und die Wendener Kirmes lockt eben auch viele Menschen von weit her an, die dann auch mal zu uns an den Stand kommen. Also die Kirmes ist schon Kult. Das ist das Highlight im Jahr. Die Wendschen vermissen das schon sehr.
Sind da auch ein paar sehr persönliche Gäste bei?
Zum Beispiel mein alter Bundeswehrkamerad von vor 45 Jahren. Er kommt immer mit seiner Familie vorbei. Das heißt, wir treffen uns nur einmal im Jahr auf der Wendener Kirmes an unserem Stand. Was auch ganz toll ist: Menschen, die wir im Urlaub treffen besuchen uns an unserem Stand. Weil wir natürlich immer viel von der Wendschen Kärmetze erzählen, wenn wir unterwegs sind. Und dann stehen die plötzlich vor einem und du denkst dir, das gibt es doch gar nicht. Die wollen sich das dann einfach mal selbst anschauen, wovon wir dann lebhaft geschwärmt haben. Das haben wir schon öfter gehabt.
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Ach, das ist ja toll. Und so spricht sich das dann immer weiter rum
Richtig. In Wenden sind dann alle Betten vermietet. Und auch bei uns im Haus ist dann kein Schlafplatz mehr frei. Jede Ecke ist belegt.
Wird denn dieses Jahr trotzdem ein bisschen gefeiert?
In den Gärten finden kleine Kirmes-Partys statt. Natürlich nur im kleinen Rahmen. Das haben wir im letzten Jahr auch gemacht. Dieses Mal aber nicht. Wir sind traurig, dass die Kirmes wieder nicht stattfinden kann und da haben wir uns gesagt, dass wir uns mal ein schönes Wochenende woanders machen. Und dafür dann nächstes Jahr wieder richtig.
Also lieber warten und dann vernünftig feiern?
Ja, genau. Wir wollen hoffen, dass wir nächstes Jahr wieder durchstarten können. Davon gehen wir aus. Ich finde es aber auch richtig, dass man es dieses Jahr noch ausfallen lässt. Eine halbherzige Kirmes mit Abstand halten und Maskenpflicht wäre nichts. Da wäre die Stimmung nur halb so gut.
Wie ist die Stimmung an Ihrem Stand?
Feier- und Partystimmung. Die Leute sind gut drauf und wollen einfach feiern. Es gab zum Beispiel Abende, da saßen mindestens 50 Leute auf der Straße und haben bei strömenden Regen zu „Aloha Heja He“ gerudert. Einfach sensationell!
Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben aus der Zeit, in der Sie ihren Stand auf der Wendschen Kärmetze haben?
Da gibt es natürlich einiges. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich der erste war, der auf Plastikbecher umgestiegen ist. Also noch freiwillig bevor es Pflicht wurde. Das war um 2000 rum, als ich gerade als DJ viel mit meinen Mallorca-Partys in der Region unterwegs war. Das Problem war, dass die Leute ihre Gläser häufig einfach fallen ließen. Und das Scherben-Meer war eine Katastrophe. Deswegen bin ich damals schon auf wiederverwertbare Hartkunststoffbecher umgestiegen. Eben, weil es zu gefährlich ist. Gerade wenn man offene Schuhe trägt.
Hat sich viel verändert über die Jahre auf der Wendener Kirmes?
Damals war das Ende noch offen. Da ging die Party bis morgens fünf oder sechs Uhr. Da haben wir dann direkt Brötchen holen können. Die Zeiten sind vorbei. Jetzt ist um zwei Uhr Feierabend. An allen Tagen. Das finde ich aber auch gut so. Man kommt auch mal zur Ruhe zwischendurch. Sonst hat man die ganzen Tage durchgearbeitet. Man hat am Ende des Tages ja auch noch echt Arbeit damit, den ganzen Stand leerzuräumen und die Straße zu reinigen. Um dann am nächsten Tag alles wieder einzuräumen. Vor vier Uhr sind wir nicht zuhause.
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Was vermissen Sie am meisten?
Ich würde sagen, die Partystimmung. Und natürlich die Menschen. Und die vermissen auch uns bzw. die Kirmes generell. Viele Paare erzählen, dass sie sich hier kennengelernt haben. Und dann stehen sie bei uns am Stand und fragen, ob wir dieses eine Lied, das damals lief, noch mal spielen können. Das sind immer schöne Momente.