Saalhausen. Die Faszination am Fliegen zieht sich durch Generationen. Der DFC Kreis Olpe rechnet vor, was der Preis dafür ist. Und was man geschenkt bekommt.
Mittlerweile ist Gleitschirmfliegen beliebter als Drachenfliegen. „Ich habe mal von einem Flieger in Frankreich den Satz gehört: ‚Beim Gleitschirmfliegen ist alles besser – außer das Fliegen‘“, sagt Wolfgang Henrichs und lacht. Er selbst sieht das auch so und ist trotzdem – oder gerade deswegen – beim Drachenfliegen geblieben. Seit mittlerweile 30 Jahren stürzt sich der 55-Jährige mit seinem Drachen von ausgewiesenen Flächen ins Tal hinunter. Und sieht dabei eine Schönheit, „wie sie keine Kamera je im Bild festhalten kann“, so der 1. Vorsitzende des Drachenfliegerclubs (DFC) Kreis Olpe.
„Das Handling ist – im Vergleich zum Gleitschirm – deutlich komplizierter. Man schleppt fast 40 Kilo mit sich herum, das Gurtzeug noch nicht mit einberechnet. Das trägt man nicht mal eben den Berg rauf“, meint Henrichs. „Da haben wir Gleitschirmflieger es leichter. Ich glaub, die ganze Ausrüstung wiegt nicht mal 15 Kilo. Und ist deutlich handlicher“, erklärt Jannik Heimes. Der 24-Jährige ist das jüngste Mitglied beim DFC, schon sein Vater ist geflogen, sein Großvater war Gründungsmitglied.
Nach fünf Jahren austauschen
Mit mehr als 100 km/h gleitet ein Drache durch die Luft, ein Gleitschirm schafft gut 60 km/h. Die Geschwindigkeit, das Gefühl von Schwerelosigkeit und Freiheit hat seinen Preis: Gut 2100 Euro werden für die Ausbildung fällig, knapp 5500 Euro müssen noch mal für die Gleitschirmausrüstung berechnet werden. Nach etwa fünf Jahren sollte ein Gleitschirm ausgetauscht werden, „da sich die Leinen abnutzen und der Schirm ausleiert“, meint Heimes. Neupreis: zwischen 2500 und 3300 Euro.
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Drachen sind nicht nur um ein Vielfaches schwerer, sondern auch teurer. „Da gibt es verschiedene Klassen. Aber prinzipiell unterscheidet man zwischen Flexi-Drachen – die liegen bei etwa 12.000 Euro – und Starrflüglern aus Carbon, die auch mal 22.000 Euro kosten können“, erklärt Henrichs. Nach etwa 15 Jahren sollte auch der alte Drache ausgetauscht werden. Da es aber kaum Nachwuchs im Bereich des Drachenfliegens gebe, sei die Nachfrage nach der Ausrüstung sehr gering. „Wenn man es also schlau anstellt, bekommt man mittlerweile einen Großteil der gebrauchten Sachen einfach geschenkt.“
Mit 14 Jahren kann man mit dem Drachen- bzw. Gleitschirmfliegen anfangen, um die Prüfungen zu den einzelnen Kursen – Grundkurs, Höhenflugkurs und Überlandkurs (siehe Zweittext) – abzulegen. „Das kann mitunter auch zwei Jahre dauern, weil man immer vom Wetter abhängig ist“, erklärt Henrichs. Fliegen sei ein Geduldsport, bei dem viele Kriterien erfüllt sein müssen. Vor allem müssen die thermischen Voraussetzungen gegeben sein und der Wind sollte von vorne kommen. „Die Kunst ist, die Wolken und den Boden lesen zu können. Am besten ist es, wenn es tagelang nicht geregnet hat, es nachts kalt war und die Sonne allmählich den Tag erwärmt. Dann gibt es Temperaturunterschiede am Berg und dadurch eine Thermik, die wir gut nutzen können“, so Henrichs. Außerdem ein gutes Flugzeichen: Cumulus-Wolken. „Dann wird man nervös und will eigentlich nur noch den Berg rauf.“
Direkt auf den Start- und Landeplatz
Der Dolberg in Saalhausen, der „Hausberg“ des DFC, sei in der Corona-Zeit deutlich häufiger genutzt worden, so Heinrichs Beobachtung. Und er muss es wissen, schließlich schaut er von seiner Terrasse aus direkt auf den Start- und Landeplatz. „Es ist wichtig, regelmäßig zu fliegen, um nicht aus der Übung zu kommen. Sonst kann es zu Fehlern kommen.“ Und die können gefährlich bis tödlich sein.
Der 55-Jährige kann sich an einen Fall erinnern, bei dem ein erfahrener Drachenflieger aus Hammelburg wegen eines Flüchtigkeitsfehlers gestorben ist. „Morgens hatten wir noch zusammen in der Pension gefrühstückt, später waren wir zusammen auf dem Berg. Er ist vor mir geflogen“, erinnert sich Henrichs. Der Flieger hatte vergessen die Beinschlaufen seines Gurtes zu schließen und war in der Luft „durchgerutscht“. Er hatte noch versucht, sich am Drachen festzuhalten. Vergeblich. Er stürzte ab und starb. Flieger können sich einen Moment der Unachtsamkeit nicht erlauben.
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Solche tragischen Momente sind aber glücklicherweise die Ausnahme in Henrichs 30-jähriger Flugerfahrung. Wenn man ihn nach den schönsten Augenblicken fragt, zögert er: „Da gibt es so viele!“ Seien es die jährlichen Clubtouren mit dem Verein, die oft in die Alpenregion führten, oder wenn man unerwartet eine Thermik erwischt, obwohl man schon zum Landen angesetzt hat. Adrenalin, Schönheit, Freiheit – dafür geben die Flieger gern ihr Geld aus.
Verschiedene Kurse, verschiedene Preise
1. Grundkurs: Im Grundkurs dürfen die Flugschüler nur unter Fluglehreraufsicht starten und landen. Kostenpunkt: zwischen 350 und 400 Euro. Manche Flugschulen bieten auch „Schnupperkurse“ für 100 Euro an, die bei anhaltendem Interesse mit dem Grundkurs später verrechnet werden können.
2. Höhenflugkurs: Der Kurs wird mit der eigenen Ausrüstung durchgeführt. Im Praxisteil werden Starttechniken, Flugmanöver, Schnellabstiegsvarianten und die Landung geübt. Für die Prüfung zum beschränkten Luftfahrerschein (A-Schein) sind 30 Höhenflüge (Drachen) bzw. 40 Höhenflüge (Gleitschirm) erforderlich. Kostenpunkt: etwa 800 Euro.
3. Überlandkurs: Bei Abschluss sind die Flieger berechtigt, Streckenflüge zu absolvieren. Im Praxisteil stehen vor allem die Planung der Flüge unter Berücksichtigung von Wetter und Gelände, Zentrieren der Thermik und gemeinsames Streckenfliegen im Vordergrund. AM Ende erhält der Schüler den unbeschränkten Luftfahrerschein (B-Schein). Kostenpunkt: etwa 850 Euro.