Hünsborn. Das Klischee: Segelfliegen ist ein elitäres Hobby. Mitglieder des Luftsportvereins Hünsborn zeigen, dass das nicht stimmt – und rechnen vor.

Tobias Ohlig hat verhältnismäßig spät mit dem Fliegen angefangen. Da war er 27. „Meine Eltern hatten mir damals immer gesagt, dass das zu teuer ist. Deswegen hatte ich als Jugendlicher nie die Möglichkeit dazu“, erzählt Ohlig. Trotzdem: Die Faszination fürs Segelfliegen blieb, genauso wie die Motivation, selbst auch mal als Pilot am Steuer zu sitzen. Heute ist Tobias Ohlig 45, Fluglehrer und 1. Vorsitzender des Luftsportvereins (LSV) Hünsborn.

Jugendliche ab 14 Jahren dürfen im Cockpit sitzen

„Das stimmt, viele haben ein falsches Bild davon, wie viel das Segelfliegen kostet“, sagt Daniel Neebuhr. Der 29-Jährige ist seit einem Jahr Mitglied beim LSV, hat aber schon mit 14 Jahren mit dem Segelfliegen begonnen. Damals noch in seiner Heimat in der Nähe von Osnabrück. „Wir haben in unmittelbarer Nähe zum Segelflugplatz gewohnt, dementsprechend bin ich damit fast aufgewachsen.“ Die meisten, geschätzt 80 Prozent, würden mit 14 Jahren das erste Mal in ein Segelflugzeug steigen. Ab diesem Alter ist es erlaubt – mit Zustimmung der Eltern –, die Ausbildung zu beginnen und auch schon allein im Flieger zu sitzen.

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„Oft nutzen Mitglieder das Segelfliegen als Einstieg fürs Motorsegeln und Motorfliegen“, so Ohlig. Denn schon beim Segelfliegen habe man beispielsweise gelernt, Natur und Landschaft zu lesen. „Der Pilot, der vor einigen Jahren auf dem Hudson River notgelandet ist, war selbst aktiver Segelflieger. In späteren Interviews hat er erzählt, dass er die Landung nur so hinbekommen hat, weil er auf seine Erfahrungen als Segelflieger zurückgreifen konnte“, erzählt Neebuhr.

Daniel Neebuhr hat mit 14 Jahren das Segelfliegen in seiner niedersächsischen Heimat angefangen. Er ist quasi mit dem Segelfliegen aufgewachsen.
Daniel Neebuhr hat mit 14 Jahren das Segelfliegen in seiner niedersächsischen Heimat angefangen. Er ist quasi mit dem Segelfliegen aufgewachsen. © privat

Fitnessstudios können teuerer als Segelfliegen sein

Solche Extremsituationen sind natürlich die Ausnahme. Was jedoch eher der Regel entspricht, ist, dass Fliegen als elitäres Hobby wahrgenommen wird. „Dabei bezahle ich – heruntergebrochen auf den Monat – erstmal nur 23 Euro fürs Fliegen. Da sind viele Fitnessstudios teurer“, rechnet Neebuhr vor. Da die Fluglehrer wie Tobias Ohlig ehrenamtlich arbeiten, gibt es keinen pauschalen Kostenbetrag für Theorie- und Flugstunden. Es wird lediglich eine einmalige Aufnahmegebühr in den Verein in Höhe von 200 Euro berechnet – für Interessierte unter 21 Jahren entfällt diese sogar. „Damit möchten wir auch einen Anreiz für die Jugendlichen schaffen“, meint Ohlig. Wer seine Theorie- bzw. Praxisprüfung ablegt, muss jeweils etwa 60 Euro bezahlen.

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Ein aktives Vereinsmitglied zahlt einen jährlichen Beitrag von 276 Euro, bis zum 21. Lebensjahr zahlen Mitglieder sogar nur 144 Euro. Hinzu kommt ein jährlicher Spartenbeitrag in Höhe von 300 Euro, für unter 21-Jährige sind das 250 Euro. Die Startgebühren fallen unterschiedlich aus, je nachdem ob es einen Windenstart (3 Euro) oder einen Flugzeugschlepp (2,20 Euro pro Minute) gibt. „Mit 1000 Euro pro Jahr hat man wirklich alles abgedeckt – und da ist man schon wirklich viel geflogen“, so Neebuhrs Fazit.

Oldtimer-Segelflugzeuge gibt es schon ab 800 Euro

Eine spezielle Ausrüstung brauchen die Mitglieder nicht. „Sonnenbrille, Sonnencreme und ein Hut sind vor allem im Sommer von Vorteil, alles andere – das Segelflugzeug oder auch den obligatorischen Fallschirm – stellt der Verein“, erzählt Neebuhr. Zurzeit befinden sich elf Flugzeuge – davon acht Segelflugzeuge, zwei Motorflieger und ein Motorsegler – in Vereinsbesitz. Der neueste Doppelsitzer bei den Segelfliegern hat 200.000 Euro gekostet. „Das ist dann aber schon ein High-End-Gerät mit einem Hilfsmotor. Heißt, es ist mit einer Heimkehrhilfe ausgestattet“, erklärt Ohlig. Flugfähige Oldtimer gebe es zum Beispiel auch schon für 800 Euro. „Die Technik ist weitestgehend unverändert geblieben, nur die Ausstattung ist vielleicht ein wenig komfortabler oder zeitgemäßer geworden. Aber prinzipiell ist es kein Problem, mit einem 50, 60 Jahre alten Segelflieger zu fliegen“, so Ohlig. Natürlich werden die Maschinen regelmäßig gewartet; aber der Verschleiß sei bei weitem nicht so groß wie bei einem Auto, das täglich im Straßenverkehr unterwegs ist.

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In den insgesamt fünf Hallen des LSV Hünsborn stehen allerdings auch Flieger, die sich im Privatbesitz der Mitglieder befinden. Tabea Langemann, die Medienbeauftragte des Vereins, hat sich beispielsweise vor einiger Zeit für 4500 Euro ein gebrauchtes Segelflugzeug aus den 1960er Jahren gekauft, das sie hier unterstellt. Für diesen Hallenstellplatz zahlt sie pro Monat noch mal 25 Euro, für ein zweisitziges Segelflugzeug werden 30 Euro pro Monat berechnet.

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Auch, wenn die Piloten allein oder maximal zu zweit im Flieger sitzen, betonen Ohlig und Neebuhr, dass Segelfliegen ein Mannschaftssport ist. Das Ausräumen, der Check vor dem Start, das Hochziehen, die Landevorbereitung – all das funktioniert nur in der Zusammenarbeit mit den anderen. Und auch, wenn die thermischen Bedingungen mal nicht ideal fürs Segelfliegen sind, treffen sich die Mitglieder trotzdem regelmäßig am Wochenende auf dem Flugplatz. „Dann quatschen wir eben, spielen was oder trinken gemütlich ein Bierchen zusammen“, meint Neebuhr. Nicht elitär, sondern ganz bodenständig.