Olpe/Wenden. Ein Kehrfahrzeug erfasste im Oktober eine Frau in Wenden. Der Unfall hat ihr Leben auf den Kopf gestellt. Nun fiel das Urteil gegen den Fahrer.

Es war ein kurzer Moment, der das Leben einer 80-Jährigen zerstörte. Am 22. Oktober 2020 um 10.30 Uhr wurde die rüstige, alte Dame auf der Stachstückstraße in Wenden von einem Reinigungsfahrzeug erfasst und überrollt. Nur der schnelle Einsatz einer Ärztin aus einer benachbarten Praxis rettete das Leben der schwerst verletzten Frau. Sie klemmte eine Arterie ab und verhinderte, dass die Seniorin am Unfallort verblutete. Es folgten mehrere Operationen, bei denen der 80-Jährigen ein Bein abgenommen werden musste.

Wegen fahrlässiger Körperverletzung saß der 44-jähriger Fahrer des Reinigungsfahrzeuges am Dienstag auf der Anklagebank im Olper Amtsgericht. Der Mann aus Rheine kämpfte mit den Tränen. Es war deutlich zu spüren, wie ihn der tragische Unfall mitgenommen hat. Im Prozess entschuldigte er sich bei der alten Dame. Die Frau hatte damals eine enge Stelle in der Stachstückstraße zwischen der von der Gemeinde Wenden beauftragten Reinigungsmaschine und einer Mauer passiert. Das Fahrzeug fuhr zeitgleich los. Der Fahrer und sein Mitfahrer auf einem Trittbrett, die einen Gullydeckel gereinigt hatten, hatten die Anwohnerin laut ihrer Aussage nicht wahrgenommen.

Leben auf den Kopf gestellt

Staatsanwältin Maria Siebel forderte 3000 Euro Geldstrafe für den bislang nicht vorbestraften 44-Jährigen. Die schlimmen Verletzungsfolgen müssten zwar strafschärfend berücksichtigt werden, jedoch sei der Angeklagte emotional sehr angegriffen durch das tragische Geschehen.

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„Ein Moment der Unachtsamkeit, hat ihr Leben auf den Kopf gestellt“, sagte Ralf Bartmeier als Nebenklage-Vertreter der 80-Jährigen. Die Frau sei körperlich und geistig noch topfit gewesen, so der Olper Anwalt: „Sie war gerne gewandert und führte ihren Haushalt selber. Jetzt ist sie ein körperliches Wrack.“ Die zu hundert Prozent schwerbehinderte Frau müsse rund um die Uhr zu Hause gepflegt werden: „Ab August muss sie in eine stationäre Pflegeeinrichtung. Die äußerst schweren und dramatischen Tatfolgen müssen strafverschärfend berücksichtigt werden.“ Er schließe sich der, wenn auch milden, Strafforderung der Staatsanwältin an. Gut sei, dass sich der Angeklagte im Gerichtssaal bei der 80-Jährigen entschuldigt habe.

Einen Freispruch forderte Verteidigerin Eva Kapteina: „Die Frau lief in einem ganz engen hüftbreiten Spalt. Der Fahrer konnte sie im toten Winkel nicht erkennen. Auch mittels Schulterblick hätte er sie nicht sehen können. Es ist keine Verletzung der Sorgfaltspflicht.“ Und: „Der Angeklagte hätte den Unfall, so furchtbar er auch war, nicht vermeiden können.“

Geldstrafe unter Vorbehalt

Richterin Nicole Höhmann ging aber von einer Verletzung der Sorgfaltspflicht aus: „Es war ein tragischer Unfall, nichtsdestotrotz hatte der Angeklagte die Pflicht, dass er sich versichert, dass da niemand ist.“ Er hätte aus dem Fenster schauen oder seinen Kollegen fragen müssen. Für die Fußgängerin habe es in der schmalen Straße keine andere Möglichkeit gegeben, dort herzugehen.

Der 44-Jährige sei geständig, habe sich entschuldigt und Reue gezeigt, so die Richterin: „Nach der Sorgfaltspflichtverletzung hat er aber alles richtig gemacht und geholfen. Es ist eine besondere Situation, dass das Unrecht der Tat ganz weit unten angesiedelt ist, aber die Folgen schlimm sind.“ Das Verfahren nehme den Angeklagten wahnsinnig mit. Auch für ihn seien die Folgen hart. Deshalb, so Nicole Höhmann, halte sie eine Verurteilung nicht für notwendig. Die Richterin verhängte 3000 Euro Geldstrafe unter Vorbehalt. Dies ist praktische eine Verwarnung. Wenn sich der Angeklagte ein Jahr lang straffrei verhält, ist diese vom Tisch.