Finnentrop/Siegen. Ein Mann (50) aus Finnentrop soll eine Frau zu beischlafähnlichen Handlungen gezwungen haben. Er bestreitet die Tat: „Sie hat normal gestöhnt.“

Der Angeklagte schrieb mehrfach und erwartete eine Antwort seiner Bekannten. Die kam nicht, aber dafür die Polizei zu seiner Arbeitsstelle. „Ich war geschockt“, sagt der 50-jährige Mann aus Finnentrop, der sich Ende Mai 2019 auf einer einmal als Vergewaltiger beschuldigt sah. Erklären kann er sich diesen Vorwurf aber nicht.

Der geht dahin, dass er sein gut 20 Jahre jüngeres mutmaßliches Opfer am 26. Mai 2019 gegen ihren Willen und mit Gewaltanwendung zum Dulden beischlafähnlicher Handlungen gezwungen haben soll. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die junge Frau am Verlassen der Wohnung gehindert, sie an den Haaren ins Schlafzimmer gezerrt und auf sein Bett geworfen zu haben. Zuvor sollen die beiden vergeblich versucht haben, miteinander zu schlafen. Als der Mann das zweite Mal keine Erektion bekam, wollte sie nach den erhobenen Beweisen gehen, er dies aber nicht zulassen. Die Frau, so steht es weiter in den Akten, hat dabei eindeutig erklärt, die weiteren Handlungen nicht zu wollen.

Es sei zu sexuellen Aktionen gekommen

Der mutmaßliche Täter beschreibt die Vorgänge deutlich anders. Die Bekannte oder Freundin - in ihren Chats nannten sich beide gegenseitig Baby, Hase oder Bienchen - sei ihm im März 2019 in einer Dart-Kneipe begegnet, habe damals „so jung ausgesehen, dass ich nach ihrem Ausweis gefragt habe. Ich wollte nichts Falsches machen.“ Er habe sich gewundert, dass sie mit ihren „26 oder 27“ überhaupt Interesse zeigte: „Sie sagte aber, sie hätte es auch schon mit Älteren gemacht“. Der Angeklagte berichtet über eine sexuelle Begegnung im Mai, beschreibt sich selbst als eher romantisch, während sie „die härteten Sachen“ wollte: „Sie hat vier Kinder von drei Männern!“ Am Abend vor dem Vorfall hätte sie ihm erklärt, wegen eines eingegipsten Armes wohl für ein paar Wochen nicht mehr kommen zu können. Am nächsten Tag ist dann einem verlesenen Chat zu entnehmen, dass sie sich den Gips doch wieder abnehmen ließ, um zu einer Freundin zu fahren. Sie könne kurz auf einen Kaffee zu ihm kommen, aber ohne Sex. „Sie wollte dann aber kuscheln und nicht bei meinen Freunden sitzen“, sagt der Mann weiter. Der Versuch, doch miteinander zu schlafen, sei an ihm gescheitert, bekennt er offenherzig. Dann habe sie gehen wollen, ihn aber weiter gestreichelt und geküsst: „Ich merkte, dass sie eigentlich bleiben wollte.“ Es sei zu sexuellen Aktionen gekommen. „Sie hat normal gestöhnt“, von ihrer Seite habe es aber keine Abwehr verbaler oder sonstiger Art gegeben. Blaue Flecken oder Kratzer könne er nicht verursacht haben. Allerdings habe er mehrfach solche gesehen, „sie ist Epileptikerin“. Sie hätten sich einvernehmlich verabschiedet.

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Die Anschuldigungen des mutmaßlichen Opfers bei der Polizei müssen deutlich anders geklungen haben. Einzelheiten gibt es am ersten Verhandlungstag nicht, weil die junge Frau ohne Zuschauer vernommen wird. Was schnell deutlich wird, sie steht unter großem Druck. Ihre Anwältin befürchtet anfangs, dass sie gar nicht kommt. Sie ist aber pünktlich im Gericht, mit einer Begleiterin, wird insgesamt gute 90 Minuten vernommen. Nach einer Stunde stürmt sie in Tränen aufgelöst und hyperventilierend aus dem Saal, flüchtet sich klagend in eine Ecke. Anwältin und Begleiterin beruhigen sie, vor allem bemüht, einen epileptischen Anfall zu vermeiden. Das gelingt auch. Die Zeugin ist überzeugt, dass alles schlecht läuft, wird aber auch in dieser Hinsicht beschwichtigt.

Opfer habe sich heftig gesträubt

Abschließend wird noch die Medizinerin gehört, die sie nach dem Vorfall untersucht hat. Eigentlich sei sie noch in der Weiterbildung und keine fertige Gynäkologin, berichtet diese im Zeugenstand. Sie habe die aufgeregte und weinende Patientin damals nur beruhigen wollen. Als dann aber der zuständige Facharzt gekommen sei, „war es vorbei“. Das mutmaßliche Opfer habe sich heftig gesträubt und geschrien, wollte auf keinen Fall von einem Mann berührt werden. Der Arzt habe letztlich hinter einem Vorhang gestanden und Anweisungen gegeben, sie selbst die Untersuchung durchführen müssen. Sie hätten gemeinsam ein paar Kratzer und blaue Flecke festgestellt, die aber wohl älter gewesen wären. In den Akten steht ein Riss der Scheidenwand, der allerdings eher eine Schürfung gewesen sei, außerdem noch Kratzer an den Schamlippen. Vor allem sei die junge Frau sehr aufgelöst gewesen, habe plötzlich hyperventiliert und einen Epilepsie-Anfall erlitten. Danach sei sie auf die Intensivstation gekommen.

Am 23. Juli werden weitere Zeugen und die Gutachterin gehört.