Kreis Olpe. Das Thema Urlaub beschäftigt unzählige Menschen auch im Kreis Olpe. Tourismusexperte Gerd Baumhoff gibt Tipps.
„Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah“: Mit diesem Slogan warb in den 60-er Jahren schon Bayerns CSU-Ikone und Ministerpräsident Franz-Josef Strauß dafür, dass die Deutschen ihren Urlaub im eigenen Land verbringen sollten. Seine Worte von damals sind aktueller denn je. „Wir sind durchgängig fast voll belegt“, darf sich Lars-Hendrik Harsveldt über proppenvolle Campingplätze freuen. Zur Camping-Gesellschaft Harsveldt aus Mülheim, die bekanntlich den Campingplatz Vier Jahreszeiten am Sonderner Kopf betreibt, gehören insgesamt neun Camping-Anlagen in NRW, Niedersachsen und Hessen. Gesamtzahl der Stellplätze: rund 8.500. Juniorchef Lars-Hendrik Harsveldt bestätigt den bundesweiten Trend: „Die Resonanz für Campingurlaub ist außergewöhnlich.“ Viele Camper seien zudem „neu im Geschäft“, also zum ersten Mal mit Wohnmobil oder Wohnwagen unterwegs: „Wir registrieren viele Neucamper, die sich erst während der Pandemie ein Wohnmobil zugelegt haben oder es fest vor haben.“ Die Wohnmobil-Hersteller kämen mit der Produktion nicht mehr hinterher: „Lieferzeiten von einem bis eineinhalb Jahren sind normal. Wer jetzt einen gebrauchten Wohnwagen oder ein Wohnmobil verkaufen möchte, erzielt Höchstpreise“, weiß Harsveldt. Wer kein solches Mobil mehr bekommen habe, weiche sogar aufs Zelt aus. Ausgebucht seien die Plätze nicht zuletzt mit Blick auf den kommenden Montag, 5. Juli. Dann beginnen in Nordrhein-Westfalen die Sommerferien.
Alle Plätze belegt
Gleichlautendes berichtet auch Timo Schmidt-Schürmann von der benachbarten Camping-Oase Biggesee: „Alle Plätze sind belegt, die Dauercamper haben in der Regel Jahresverträge, die sich automatisch um ein Jahr verlängern.“ Kaum jemand gebe einen solchen Stellplatz her. Auf der Warteliste stapelten sich mittlerweile mehr als 20 Anfragen.
„Alte Hasen“ in Sachen Tourismus sind auch die Reisebürobesitzer Gerd Baumhoff (Lennestadt) und Holger Harnischmacher (Olpe). Baumhoff, der zufällig am Montag 72 Jahre alt wurde und seit mehr als drei Jahrzehnten in der Reisebranche unterwegs ist, berichtete von einem stark gestiegenen Urlaubs-Interesse: „Hier ist Basar-Stimmung, die Leute reißen uns die Urlaubsangebote aus den Händen.“ In einem Atemzug bestätigte Baumhoff aber auch: „Was uns jetzt beschäftigt, sind erste Absagen für Portugal.“ Obwohl für Spanien noch keine Quarantäne-Einschränkungen ausgesprochen seien, so Baumhoff, würde er vorsichtig sein: „Weil Portugal ein Nachbarland Spaniens ist, und ich könnte mir vorstellen, dass Spanien bald auch mit der Virusvariante zu kämpfen haben wird.“
Platz eins: Griechenland
Die Frage, was denn an Auslandsreisen derzeit noch empfehlenswert sei, beantwortet Baumhoff, ohne zu zögern: „Was wir zurzeit buchen, mit weitem Abstand auf Platz eins, ist Griechenland. Da haben wir jeden Tag fünf bis zehn Anfragen. Das können wir empfehlen. Was dort aber in Zukunft noch passiert, wissen wir natürlich nicht, da müsste ich eine Glaskugel haben.“ Gerade die kleineren Inseln ohne Massen-Tourismus böten die Wahrscheinlichkeit, dass ein Virus-Ausbruch nicht direkt alles überrolle. Aber: „Wenn jetzt natürlich alles nach Griechenland strömt, ist absehbar, wann auch dort der nächste Knall kommt.“
Baumhoff zeigte sich grundsätzlich besorgt – unter anderem über den Fußball-Tourismus oder Fan-Feste im Ausland, wo ‘zig tausende Menschen dicht beieinander stünden, ohne Maske: „Da frage ich mich: Wie soll das gutgehen?“
Wohnmobile kaum zu kriegen
Wovon Baumhoff abrät, sind Fernreisen: „Nehmen wir die Malediven, da müssen Sie 13, 14 Stunden mit Mundschutz rumlaufen, im Flieger und vorher.“ Zudem das Risiko einer spontanen Quarantäne-Anordnung. Deshalb sei es verständlich, dass die meisten Menschen ihren Urlaub derzeit mit dem Auto antreten wollten. „Das buchen wir sehr viel. Mal ins Allgäu, nach Österreich oder auch nach Holland, obwohl auch das mit Vorsicht zu genießen ist. Eine Dame wollte nach Kroatien, da habe ich gesagt: Finger weg, können wir nicht empfehlen.“ Fast ausgebucht seien Ferienhäuser an Nord- und Ostsee: „Das, was noch übrig ist, wird mit Höchstpreisen angeboten.“ Baumhoff kann den Run auf Campingplätze bestätigen: „Bei uns können theoretisch auch Wohnmobile gemietet werden, aber sie kriegen derzeit nichts mehr. Alles weg.“
Holger Harnischmacher (Harnischmacher Touristik, Olpe) wies daraufhin, dass kein Reiseanbieter während einer solchen Pandemie eine Garantie geben könne: „Wir müssen täglich auf die neuesten Entwicklungen reagieren.“ In Lissabon seien es offenbar britische Touristen gewesen, die die Delta-Variante reingebracht hätten.
Hohe Sicherheits-Standards bei Kreuzfahrten
Durch die Fußball-EM bekämen auch andere Länder Probleme, beispielsweise Russland, hier St. Petersburg, Finnland oder Schottland.“ Im Mittelmeer seien diese Probleme noch nicht gravierend. Aber wie das Beispiel Lissabon zeige, könne es kurzfristig zu Hotspots kommen. Da die Pandemie auch für erfahrene Tourismus-Experten Neuland sei, könne niemand auf Erfahrungswerte zurückgreifen, eine wasserdichte Empfehlung deshalb unseriös. „Wir können den Kunden nur sagen, wo es die höchsten Sicherheits-Standards gibt. Und in diesem Punkt haben wir mit den von uns angebotenen Kreuzfahrten seit dem vergangenen Sommer gute Erfahrungen gemacht.“
Dort herrschten extrem hohe Sicherheitsanforderungen, mit PCR- und regelmäßigen Schnelltests. Das gelte auch für die Landgänge. „Solche Konzepte mit sehr vielen Tests würde ich am ehesten empfehlen“, so der Reise-Fachmann.
Clemens Lüdtke: Quarantäne erfreut keinen Arbeitgeber
Auch der Leiter der Tourist-Information Lennestadt-Kirchhundem, Clemens Lüdtke, freut sich über den Ansturm auf heimische Beherbergungsbetriebe: „Ich kenne hier Ferien-Bauernhöfe, die ab dieser Woche bis November ausgebucht sind. Wir erleben einen richtigen Boom.“
Was Lüdtke nicht wundert: Einer aktuellen Erhebung zufolge erklärten über 70 Prozent der urlaubswilligen Deutschen, im Land bleiben zu wollen.
Dabei weist Lüdtke auf einen wichtigen Aspekt hin: „Durch die Corona-Varianten kann ein Auslandsreisender überraschend von einer Quarantäne-Regelung betroffen sein, die bei der Abreise noch gar nicht absehbar war.“ Aktuell sei „von heute auf morgen“ Portugal als Variantenvirus-Gebiet eingestuft worden. Und wer nach dem Urlaub plötzlich 14 Tage in Quarantäne müsse, werde von seinem Arbeitgeber nicht gerade mit offenen Armen empfangen.