Attendorn. Die Firma Viega in Attendorn hat am Dienstag mit dem Impfen begonnen. Gesellschafter Viegener ist glücklich. Trotzdem gibt es Ernüchterung.
Endlich kann es losgehen. Lange haben die Verantwortlichen und Mitarbeiter von Viega auf diesen Moment gewartet. „Es ist ein historischer Moment für uns“, betont der geschäftsführende Gesellschafter Walter Viegener, als er über den Gang zwischen den Impfkabinen läuft. Seit Dienstagmorgen dürfen die Betriebsärzte in der aufwendig aufgebauten Impfstraße gegen das Coronavirus impfen. „Dafür habe ich gekämpft wie ein Löwe. Es geht um Leib und Leben unserer Mitarbeiter. Und sie zu schützen ist das Allerwichtigste“, so Viegener.
Viega investierte 150.000 Euro in den Aufbau der Impfstraße
Das Familienunternehmen aus Attendorn hat rund 150.000 Euro investiert, um an seinem Standort an der Windhauser Straße ein eigenes kleines Impfzentrum mit insgesamt drei Aufklärungs- und sechs Impfkabinen zu errichten. Dafür wurde in den ehemaligen Besprechungsräumen, die an die Kantine angrenzen, Platz geschaffen. Der Teppichboden musste durch PVC-Belag ausgetauscht werden, Messebauer errichteten die Impf- und Wartekabinen, Desinfektionsspender und Richtungspfeile wurden angebracht. Auch ein kleines Labor wurde geschaffen, in dem die angelieferten Dosen gekühlt werden und der Impfstoff aufgezogen wird. „Theoretisch hätten wir schon vor drei Wochen mit dem Impfen loslegen können“, sagt Personalleiter Peter Schöler. „Aber wir wollen jetzt nicht nach hinten, sondern nach vorne schauen. Wir sind sehr erleichtert, dass wir jetzt loslegen können.“
In einer Intranet-Umfrage, an der sich im Vorfeld 1750 Viega-Mitarbeiter NRW-weit beteiligt hatten, gaben 1039 an, noch nicht geimpft worden zu sein. Die Nachfrage nach einer Coronaschutz-Impfung war allerdings immens: „92 Prozent gaben an, dass sie sich impfen lassen möchten. Und: Rund ein Drittel der Teilnehmer sprach sich gar nicht für einen bestimmten Impfstoff aus, sondern einfach nur für die Impfung an sich.“
Attendorn: So sieht die Impfstraße bei Viega aus
1200 Impfdosen hatte sich Viega gewünscht – 324 wurden geliefert
Anhand dieser Daten hat das Personalmanagement von Viega 1200 Impfdosen für die Mitarbeiter bestellt. Vergangenen Mittwoch dann die etwas ernüchternde Nachricht: Es können für die erste Woche nur 324 Biontech-Dosen geliefert werden. Die werden innerhalb von zwei Tagen, Dienstag und Mittwoch, verimpft. „Gewünscht hätten wir uns natürlich das Vierfache, dann wären wir innerhalb von zehn Tagen mit den Erstimpfungen durch gewesen“, meint Personalmanager Jan Dohmann. Letztendlich sei man aber froh über jeden Mitarbeiter, den man impfen könne. Ein Schritt in Richtung Normalität.
Innerhalb kürzester Zeit hatte das IT-Team ein Online-Portal programmiert, in dem die Mitarbeiter ihre Impftermine buchen konnten. Auch eine Hotline wurde freigeschaltet. In den Werken wurden außerdem Plakate mit QR-Codes aufgehangen, sodass die Mitarbeiter per Smartphone-Scan direkt auf das Buchungsportal gelangen. Die interne Werbung für das Impfen hat gewirkt: Nach fünf Stunden waren alle 324 Termine ausgebucht. Wie viele Dosen nächste Woche verimpft werden können, ist noch unklar. „Wir erfahren immer mittwochs, wie viele Chargen wir für die kommende Woche erhalten. Wenn man die Nachrichten rund um die Impfstoffknappheit verfolgt, gehen wir aber davon aus, dass wir nächste Woche weniger Dosen erhalten als in dieser Woche. Das können wir jetzt aber noch nicht offiziell sagen“, so Schöler.
Impftermine waren innerhalb von fünf Stunden ausgebucht
Einer der ersten, der am Dienstagmorgen bei Viega geimpft wurde, war Dennis Kappestein. Der 28-Jährige arbeitet in der IT und hätte noch lange auf einen Impftermin warten müssen. Die Priorisierung wurde zuletzt zwar aufgehoben, der Ansturm bei Hausärzten ist allerdings gigantisch. „Als das Buchungsportal online ging, haben wir uns im Team direkt für einen Termin angemeldet. Das hat wirklich gut geklappt. Ich bin froh, dass wir die Möglichkeit hier vor Ort haben,“ sagt er.
Auch Ramona Pauls aus der Personalabteilung ist erleichtert, dass sie jetzt endlich geimpft wird. „Obwohl ich ein bisschen Angst habe. Nicht vor dem Piks, sondern vor den Nebenwirkungen“, sagt die 31-Jährige. Sie habe mitbekommen, dass tendenziell öfter Impfreaktionen bei Jüngeren auftreten können. Aber sich zwei bis drei Tage mal schlapp zu fühlen, um dafür künftig wieder mehr machen zu können – zu reisen –, dafür nehme man das gerne in Kauf.
Peter Schöler und seine Kollegen gehen davon aus, dass in etwa vier bis fünf Wochen alle Erstimpfungen am Attendorner Standort erfolgt sind; danach wird es schon mit den Zweitimpfungen weitergehen. Bedingt durch die Impfstoffknappheit geht es langsamer voran als gewünscht. Denn unter Volllast könnten die zwei eingesetzten Betriebsärzte vom Arbeitsmedizinischen Zentrum (AMZ) in Olpe pro Tag 160 Beschäftigte in der Viega-Impfstraße impfen. „Das würde auch die Hausärzte und die Impfzentren entlasten“, meint Schöler. Nichtsdestotrotz sei jeder geimpfte Mitarbeiter einer mehr, dem man helfen konnte. Etwas, das auch Geschäftsführer Walter Viegener mit Stolz erfüllt. Er hat schließlich lange dafür gekämpft.