Lennestadt/Kirchhundem. In den heimischen Wäldern wird es immer voller und lauter. Warum das den Wandertourismus im Ostkreis gefährden kann.

Die neue Wanderkarte für Lennestadt und Kirchhundem, 5. Auflage 2021, geht weg wie warme Semmeln. „Wir haben in der letzten Woche kaum etwas anderes gemacht als Karten zu verschicken“, sagt Luisa Möser von der Touristischen Arbeitsgemeinschaft (TAG) für Lennestadt und Kirchhundem. „Die Leute wollen einfach raus, die sind jetzt im Wandermodus“, sagt Clemens Lüdtke. Viele Karten gehen über die Kreisgrenze hinaus, zum Beispiel ins Siegerland.

Dass die Wanderregion Lennestadt-Kirchhundem so gefragt ist, ist eigentlich ein positives Zeichen. Trotzdem sorgt die Entwicklung für Sorgenfalten bei den Touristikern. Warum? Im Wald wird es immer voller und die sensible Balance zwischen Naturtourismus auf der einen Seite und den Interessen der Grundstückseigentümer auf der anderen könnte ins Wanken geraten.

Auch interessant

Im Wald wird es immer voller

Denn nicht nur der klassische, naturverbundene und -schonende Wanderer liebt den Wald für sein Freizeitvergnügen, auch Mountainbiker, Quadfahrer, die ihre eigenen Trails bauen und neuerdings sogar Motorradfahrer mit Motocross-Maschinen sind in Wald und Flur unterwegs. „Das ist eine unglückliche Entwicklung, da tun sich neue Fronten auf“, sagt Clemens Lüdtke. Erste Waldbesitzer rumoren bereits. Der TAG-Chef hat Angst, dass der Wandertourismus durch solche Aktionen leiden könnte, weil die Waldbesitzer irgendwann die Duldung des Tourismus und die Zusammenarbeit aufkündigen könnte, weil der berühmte Tropfen übergelaufen ist. Lüdtke: „Wir wollen mit den Waldbesitzern einen gemeinsamen Weg gehen.“ Und Wald und Flur nicht über Gebühr belasten. Aus diesem Grund bewirbt die TAG den Ostkreis auch nicht für Radfahrer. Mountainbiken spielt hier in der strategischen Ausrichtung wenn überhaupt nur eine Nebenrolle.

Auch interessant

Wanderwegenetz ausgedünnt

Aus Rücksicht auf Forstwirte bzw. Waldbesitzer wurde das Wanderwegenetz seit 2008 um gut ein Drittel ausgedünnt, einige schöne Wege blieben auf der Strecke. Lüdtke: „Wir wollten den Waldbesitzern nicht zumuten, zu viele Wege für Wanderer zur Verfügung zu stellen.“ Aber es geht auch um die Qualität der Wanderinfrastruktur. 2005 hatte die Gemeinde Kirchhundem damit begonnen, die ersten Wanderwegweiser aufzustellen, 2008 zog Lennestadt nach. Heute weisen 328 Wanderstempel in den beiden Kommunen den Weg, informieren über Standortkoordinaten, Höhenlage und über die Weglänge bis zum nächsten markanten Ort. Beim alten Wegenetz „hätte man den Wald vor lauter Wegezeichen und Wegweiser nicht mehr gesehen“, so Lüdtke. Vom Aufwand der Wegezeichnung durch den SGV und der Wartung der Wege ganz abgesehen.

Links die neue Karte, rechts die Wanderkarte für Lennestadt und Kirchhundem aus dem Jahr 1995.
Links die neue Karte, rechts die Wanderkarte für Lennestadt und Kirchhundem aus dem Jahr 1995. © WP | Volker Eberts

Keine neuen Wege mehr

Seit 2015 wurde in Lennestadt und Kirchhundem kein neuer Wanderweg mehr ausgewiesen. Es gibt eine Vereinbarung mit dem Land, dass für jeden Kilometer neuer Wanderweg zwei andere Kilometer aufgegeben werden müssen.

Zurück zur neuen Wanderkarte für Lennestadt und Kirchhundem: Diese zeigt auf den ersten Blick kaum Änderungen, auf den zweiten schon. „Einige Wege wurden angepasst“, so Luisa Möser (TAG). Sie schätzt den Anteil der Änderungen auf 10 Prozent.

Auch interessant

Kartenvergleich

Wer die Karte mit der Wanderkarte von 1998 vergleicht, beide im Maßstab 1: 25.000, die damals vom Landesvermessungsamt mit den Verkehrsvereinen im Kreis Olpe herausgegeben wurde, der sieht schnell, wie sehr sich die Wanderwelt verändert hat. Die neue Wanderkarte ist zwar wesentlich übersichtlicher und liefert mehr Informationen über Rundwege, Hauptwanderstrecken, Themenwege und Sehenswürdigkeiten, die sich mit Hilfe des Internets noch vervollständigen lassen. Aber in der alten Karte sind noch „alle Wege“ zu sehen, quasi jeder Trampelpfad. Man sollte eine Lupe in den Rucksack packen, um bei den vielen Linien und Strichen den Überblick zu behalten.

Für Wanderpuristen ist und bleiben die alten Karten eine echte Fundgrube auf der Suche nach interessanten Wegen. Aber angesichts des massiven Holzeinschlags sehen auch viele bekannte Wege in der aktuellen Karte völlig anders aus.