Kreis Olpe. Städte und Gemeinden im Kreis Olpe gehen auf die Barrikaden: Der Regionalplan-Entwurf sieht wenige Wohnbaugebiete, dafür viel Windkraft vor.

So manchem Kommunalpolitiker und Stadtplaner treibt allein der Begriff die Tränen in die Augen. Die Rede ist von einem bürokratischen Ungetüm besonderen Ausmaßes: dem Regionalplanentwurf für den Regierungsbezirk Arnsberg und somit auch für den Kreis Olpe.

Zwei Themen spielen dabei eine existenziell wesentliche Rolle: Zum einen die Ausweisung von sogenannten Windenergiebereichen (WEB), zum anderen die potenziellen Flächen für Wohnbebauung. Im Klartext: Der deutlich über 2000 Seiten starke künftige Regionalplan für die Kreise Olpe und Siegen macht ganz wesentliche Vorgaben, wie viel Fläche eine Stadt oder Gemeinde für die Windenergienutzung zur Verfügung stellen muss und wie viele Hektar für neue Baugebiete geschaffen werden dürfen.

Judith Feldner, Technische Beigeordnete der Stadt Olpe, ist Fachfrau auf dem Gebiet: „Uns geht es in erster Linie um die Summe an Bauflächen, die wir noch entwickeln dürfen. Der von der Bezirksregierung errechnete Bedarf liegt für den gesamten Kreis Olpe bei rund 78 Hektar, bis 2040. Und für unsere Stadt Olpe sind es gerade einmal rund 10 Hektar. Das ist ein Drama, für uns deutlich zu wenig.“ Denn gerade junge Familien stünden Gewehr bei Fuß, die Wartelisten für Bauland sprächen eine eindeutige Sprache. Feldner: „Deshalb geht es für uns darum: Wie viel Fläche kriegen wir als Stadt Olpe noch zugestanden, die wir in unserem Stadtgebiet verteilen, kaufen und als Bauland entwickeln können.“

Feldner macht deutlich, wie sehr die Schere auseinanderlaufe: „Wir bekommen zehn Hektar Bauland zugewiesen, bräuchten aber, um unsere aktuelle Warteliste für Bauland abarbeiten zu können, schon etwa 27 Hektar.“ Die Folge: Eine ganze Generation Bauwilliger wird auf Eis gelegt.

Ein Beispiel für die grundsätzlichen unterschiedlichen Sichtweisen zwischen Olpe und Arnsberg: das Dorf Rhode. Feldner: „Der sogenannte Allgemeine Siedlungsbereich, der nach dem Willen der Bezirksregierung vorrangig entwickelt werden soll, ist bei uns ganz stark gekürzt worden. Rhode war bisher ein solcher Bereich, im neuen Entwurf nicht mehr.“ Begründet werde das u. a. mit fehlender Infrastruktur, beispielsweise dem Fehlen von Einzelhandel, aber auch damit, dass die Bundesstraße eine trennende Wirkung für die beiden Ortsteile habe. Dabei sei Rhode das größte Olper Dorf, mit Bankfiliale, Bäckerei, Gastronomie, Schule, Kita und so weiter.

Sechs Windenergiebereiche allein in Olpe

Das zweite große Thema ist die Windkraft: Momentan drehen sich Windräder bei Neuenkleusheim und Rehringhausen. Im neuen Regionalplan sind sechs Windenergiebereiche eingezeichnet. Vor allem rund um Oberveischede fürchtet man, umzingelt zu werden.

Judith Feldner sagt, was die Windenergiebereiche bedeuten: „Ich kann als Kommune, wenn ich einen eigenen Flächennutzungsplan mit dem Thema aufstelle, nicht weniger als diese Flächen ausweisen.“ Heißt: Wenn die Windenergiebereiche zusammen über 300 Hektar einnehmen, darf die Stadt bei ihrer Windkraft-Planung nicht unter diese Zahl gehen, nur drüber.

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In Sachen Windkraftnutzung ist Uwe Waschke, Leiter des Attendorner Amtes Planen und Bauen, eher entspannt: Der Regionalplanentwurf für Attendorn weise nur drei kleine Flächen im Repetal aus – zusammen rund 45 Hektar. Das hänge vor allem mit dem Drehfunkfeuer der Flugsicherung zusammen, das den Bau von Windrädern in einem Radius von zehn Kilometern verbiete. Somit sei der gesamte nördliche Bereich der Stadt außen vor.

Was Wohnbauflächen betrifft, ist auch Attendorn arg gebeutelt: Nur 17 Hektar werden ausgewiesen. Von den ehemals 58 Hektar an Reserven bleibt also nicht viel übrig. Waschke: „Das würde die Stadt handlungsunfähig machen.“ Ein Einspruch ist vorprogrammiert.

Kaum neues Bauland in Drolshagen

In Drolshagen ist rund um die Wohnbauflächenentwicklung bereits eine politische Kontroverse entbrannt, weil vor allem aus dem Iseringhauser Grund Wünsche nach Bauland laut werden. Burkhard Wintersohl (Bauverwaltung Drolshagen) gibt sich keinen Illusionen hin: „Uns werden nur rund fünf Hektar für neues Bauland bis 2040 zuerkannt.“ Von den bisherigen Reserven müssten also rund 30 aufgegeben werden.

In Sachen Windenergie hat Drolshagen zwar entschieden, keine Vorrangzonen auszuweisen. Dennoch ist Wintersohl klar, dass sich potenzielle Investoren vermutlich auf die Windenergiebereiche im Regionalplan konzentrieren und für dort Bauanträge stellen dürften. Drolshagen sei dann außen vor, der Kreis Olpe müsse entscheiden. Zwei Windenergiebereiche sind im Regionalplan ausgewiesen (siehe Grafik): einer zwischen Dirkingen und Gelslingen (rund 106 Hektar) und einer, der auch die Nachbarkommunen Olpe und Wenden berührt (rund 177 Hektar), südöstlich von Iseringhausen.

Eine riesige Windenergiefläche ist laut Regionalplan für Lennestadt ausgewiesen, die auch Olpe und Attendorn tangiert. Hier geht es um mehr als 900 Hektar. Gebeutelt ist Lennestadt auch bei den potenziellen Wohnbauflächen. Lediglich 11 Hektar werden zugestanden, bisher hatte Lennestadt noch eine Reserve von fast 50 Hektar. Fast 40 Hektar fallen somit weg.

>>> Michael Ahn: Kompromiss kaum denkbar

Michael Ahn ist Stadtplaner und Geschäftsführer der Architekten und Stadtplaner GmbH Wolters-Partner in Coesfeld. Im Kreis Olpe ist er planend bzw. beratend für die Kommunen Drolshagen, Lennestadt und Finnentrop tätig.

Dipl.-Ingenieur Michael Ahn berät im Kreis Olpe die Kommunen Drolshagen und Finnentrop in Sachen Windenergie-Konzentrationszonen.
Dipl.-Ingenieur Michael Ahn berät im Kreis Olpe die Kommunen Drolshagen und Finnentrop in Sachen Windenergie-Konzentrationszonen. © Privat | hermann willers

1. Wie beurteilen Sie die Windenergiebereiche (WEB) im Entwurf des Regionalplanes?

In den Kreisen Olpe, Märkischer Kreis und Kreis Siegen-Wittgenstein werden 89 WEB mit einer Fläche von 7.718 Hektar dargestellt, mit der ausdrücklichen Maßgabe, dass es sich hier um eine Mindestvorgabe handelt und Windkraftanlagen auch außerhalb der WEB errichtet werden können. Möchte eine Gemeinde die Windkraftnutzung in ihrem Gebiet mittels Konzentrationszonen steuern, sind die WEB als Vorgabe zu beachten. Sie sind also praktisch gesetzt. Die Erfahrung lehrt, dass Investoren von WEB geradezu magisch angezogen werden, es handelt sich ja um behördlich festgestellte Eignungsbereiche.

2. Wie steht es um die Frage, ob der Wald Ausschlusskriterium ist?

Auf die Frage ,Wald ja oder nein’ gibt es keine klare Antwort. Die Bezirksregierung Arnsberg hat für den Regionalplanentwurf auch für den Kreis Olpe festgelegt, dass sehr wohl WEB im Wald dargestellt werden, da es in der Region außerhalb einfach nicht genug Flächen gäbe.

3. Im Kreis Olpe gibt es erbitterte Gegner und überzeugte Befürworter von Windrädern. Ist ein Kompromiss denkbar?

Bei der aktuellen Rechtslage sehe ich keinen ausgleichenden Kompromiss. Seit 1997 ist das Ziel aller Bundesregierungen gewesen, Windenergienutzung zu privilegieren. Mehrheiten für eine Gesetzesänderung sehe ich immer weniger. Eine Kompromisslinie wäre vielleicht eine stärkere Beteiligung der Bürger an Windkraftanlagen und mehr Vorteile für die Standortgemeinden durch die Gewerbesteuereinnahmen.