Olpe/Finnentrop. Auf Ebay-Kleinanzeigen und Mamikreisel bot eine Finnentroperin alle möglichen Waren an. Sie kassierte, lieferte aber nicht.

Betrügereien ziehen sich wie ein roter Faden durch das Leben der 41-Jährigen. Bereits dreimal war sie wegen dieser Delikte vorbestraft. Zuletzt erhielt sie am 5. September 2019 am Amtsgericht Rheinberg wegen siebenfachen Betruges ein Jahr und vier Monate auf Bewährung. Doch das beeindruckte sie offenbar wenig. Unmittelbar vor und nach dem Gerichtstermin machte sie munter weiter. Am Freitag war das Ende der Fahnenstange erreicht. Wegen 40 weiterer Internet-Betrügereien verurteilte das Olper Schöffengericht die Finnentroperin zu insgesamt vier Jahren Haft. Damit muss sie nun lange ins Gefängnis.

Staatsanwalt Christopher Lenz behielt Platz bei Verlesung der 16 Anklagen, die eine halbe Stunde dauerte. Die Masche: Am Laptop in ihrer Wohnung in Finnentrop bot sie über Ebay-Kleinanzeigen und Mamikreisel Waren an, die sie gar nicht besaß. Sie ließ sich das Geld aufs Konto überweisen, lieferte aber nicht. „In sämtlichen Fällen war sie weder willens, noch in der Lage, die angebotene Ware zu übersenden oder das erhaltene Geld zurück zu erstatten“, sagte Staatsanwalt Lenz. Die Angeklagte habe sich eine dauerhafte Einnahmequelle verschafft und gewerbsmäßig gehandelt. Insgesamt entstand durch die 40 Taten ein Schaden von 7700 Euro.

Mehrmals Thermomix angeboten

Die Palette der von ihr angebotenen Waren war breit gefächert: Schulranzen Glätteisen, Damen-Boots, Handtaschen, Playmobil-Haus oder Tonieboxen mit Spielfiguren. Mehrfach offerierte sie einen Thermomix. Auch auf Gesuche für ein solches Küchengerät meldete sie sich bei Ebay-Kleinanzeigen. Summen zwischen 500 und 700 Euro gingen dafür auf ihrem Konto ein. Einmal war es auch ein Stoff-Teddy für 70 Euro und eine Augencreme für 30 Euro.

Zwei Gesamtstrafen

Das Urteil am Amtsgericht Rheinberg vom 5. September 2019 bildet juristisch eine Zäsur. Deshalb mussten zwei Gesamtstrafen gebildet werden.

Zunächst ging es um die damals verhängte Strafe von einem Jahr und vier Monaten sowie die 21 in Olpe angeklagten Fälle in der Zeit davor. Hierfür verhängte das Gericht eine Gesamtstrafe unter Einbeziehung des Urteils von zwei Jahren und drei Monaten.

Die zweite Gesamtstrafe von einem Jahr und neun Monaten bezieht sich auf die 19 Taten nach dem Rheinberg-Urteil. Hier stand die Angeklagte unter laufender Bewährung.

Vor Gericht räumte die 41-Jährige alle Vorwürfe ein: „Das tut mir leid. Ich kann mir bis heute nicht richtig erklären, wie es dazu gekommen ist. Ich habe ganz klein angefangen und bin dann immer weiter da reingerutscht. Ich habe immer wieder versucht, den einen Schaden durch einen neuen Geschädigten auszugleichen.“ Sie habe es nicht geschafft alleine aufzuhören: „Ich bin froh, dass das aufgeflogen ist.“ Mit dem Geld habe sie ihre Kinder eingekleidet und ihnen Spielsachen gekauft: „Ich habe das Geld auch sinnlos ausgegeben. Es ging mir nur darum, etwas zu kaufen.“

Am 5. März 2020 nahm die Polizei die Frau in Finnentrop fest. Nach einigen Stunden in der Zelle auf der Wache wurde sie dem Haftrichter am Olper Amtsgericht vorgeführt. Dieser erließ Haftbefehl und erließ einen Haftverschonungsbeschluss, die Frau kam in stationäre Therapie. Als Auflage durfte sie kein internetfähiges Endgerät mehr benutzen. Daran habe sie sich auch gehalten, versicherte die Angeklagte.

Der Tag der Verhaftung sei das schlimmste Schockerlebnis gewesen: „Da habe ich gemerkt, was ich getan habe. Die paar Stunden in der Zelle waren traumatisierend. Ich habe gesagt: Jetzt ist Schluss und ich suche mir Hilfe.“ Heute sei alles anders: „Ich habe ein neues Leben, was ich noch nie hatte.“ Sie habe einen neuen Partner und einen Job, der ihr Spaß mache.

Voll schuldfähig

Sachverständiger Dr. Michael Mattes stellte zwar eine psychische Störung bei der 41-Jährigen fest, doch handele es sich bei der Kaufsucht um keine psychiatrische Erkrankung. „Aus forensischer Sicht ist sie eine voll schuldfähige Angeklagte“, so der Facharzt für Psychiatrie aus Dortmund. Wegen des derzeitigen stabilen Umfeldes stellte die Bewährungshelferin eine positive Prognose, meinte aber: „Sie hat immer wieder die gleichen Delikte begangen. Es besteht weiter die tendenzielle Gefahr, wenn sie wieder Internet benutzen darf.“

Staatsanwalt Lenz plädierte für zwei Gesamtstrafen von zweieinhalb Jahren sowie zwei Jahren und sieben Monaten. Es gebe eine hohe Anzahl von Taten und Geschädigten, eine hohe Rückfallgeschwindigkeit und zudem noch einen Stapel von Betrugsfällen, die eingestellt worden seien. Verteidiger Thomas Trapp betonte, dass man der Angeklagten mit einem Urteil im bewährungsfähigen Rahmen noch eine Chance geben solle: „Sie hat ihr Leben in den Griff bekommen, hat eine Erwerbstätigkeit und eine stabile Beziehung.“

Das Gericht verhängte zwei Gesamtstrafen: zwei Jahre und drei Monate sowie ein Jahr und neun Monate. „Sie ist voll verantwortlich“, sagte Richter Richard Sondermann. Es könne keine positive Prognose gestellt werden: „Sie hat diese Taten in einer erschreckenden Nähe zu der Verurteilung vom Amtsgericht Rheinberg begangen.“