Olpe. Brigitte Winterstein möchte in jedem europäischen Land zwei Bäume pflanzen. Die ehemalige Olperin erzählt, wie sie das Sauerland geprägt hat.
Der Umweltgedanke wächst. Schon seit Jahren. Immer mehr Aktivisten gehen auf die Straße, setzen sich für die Natur ein, für den Klimaschutz. Der Kampf gegen die Sünden der Vergangenheit. Einen grünen Fußabdruck hinterlassen – das ist das Ziel. Bei Brigitte Winterstein ist es aber eher ein grüner Fußmarsch, auf dem sie sich befindet. Ein grüner „Fußmarsch“, der am Ende durch ganz Europa führen soll. Denn die Olperin verfolgt ein ganz besonderes Projekt: In verschiedenen Ländern pflanzt sie einen Baum. „Wir haben die Verantwortung, diese Welt in einem Zustand zu hinterlassen, der lebenswert ist“, erklärt sie. „Für unsere Kinder und unsere Enkelkinder.“
Ein Ausgleich zum Alltag
Brigitte Winterstein ist 59 Jahre alt und ist in Olpe-Rhode aufgewachsen. Ein Teil ihrer Familie lebt noch heute im Sauerland. Sie selbst hat es nach Köln verschlagen – ihre Heimat hat sie seither aber nicht vergessen. Im Gegenteil. Denn es war die Nähe zur Natur, die grüne Idylle von Olpe, was sie geprägt hat. Sie erinnert sich noch gut an die sieben alten Eichen, die auch heute noch auf dem elterlichen Grundstück stehen. Sie erinnert sich genauso gut an die vielen Stunden, die sie als Kind und Jugendliche draußen verbracht hat. „Wenn ich einen schwierigen Tag in der Schule hatte, bin ich in den Wald gegangen“, erzählt sie. „Das war immer mein Ausgleich.“
Ein Ausgleich, den es zu erhalten gilt. Für das Weltklima, gegen die Ausbeutung der Erde, ein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der UNO-Agenda 2030 – und genau dafür kämpft Brigitte Winterstein. Es fing klein an. Und zwar am 21. Mai 2015 – der Geburtstag ihres Vaters. Georg Winterstein, der mit am Bau der Biggetalsperre Ende der 1950er-Jahre beteiligt war, ist 2012 gestorben. In Gedenken an ihren Vater reist sie nach Irland, setzt dort ihren ersten Baum. Es ist eine Eiche, auf Ballynahinch im Westen Irlands, unweit des Wild Atlantik Ways. Den Ort hat sie nicht zufällig gewählt. Es ist die grüne Weitläufigkeit, die Schönheit dieses Landes, was für sie ein Stück Heimat bedeutet. Denn Heimat muss nicht an Kreisgrenzen enden. Heimat ist mehr ein Gefühl, das an unterschiedlichen Orten entstehen kann. „Meine Wurzeln sind im Sauerland“, sagt sie. „Aber ich bin auch Rheinländerin, Europäerin und nicht zuletzt Weltbürgerin.“
Die Eiche in Irland 2015 ist der Start ihres „grünen Fußmarsches“ – das „Georg(e)-Projekt“, wie sie es in Erinnerung an ihren Vater – und auch Großvater – nennt. Im selben Jahr folgt die Pflanzung eines Walnussbaumes Nähe Cork, der irischen Partnerstadt Kölns, am St. George Chanel. „Den Baum habe ich sogar selbst großgezogen“, erzählt sie. „Es war eine Walnuss aus der Schweiz.“ Andere Bäume hat sie erworben – so wie den Gänseapfelbaum an der Franz-Hitze Grundschule in Rhode. Ein besonders seltener Baum, den sie einem Züchter vom Kloster Knechtsteden abgekauft hat. Anlässlich eines Klassentreffens 2018 hat sie den Baum gepflanzt. In Erinnerung an ihre alte Schulzeit. Jetzt schaut sie immer mal, ob der Baum gut wächst, wenn sie in Rhode zu Besuch ist. „Es reicht nicht, einen Baum zu pflanzen, man muss sich auch darum kümmern“, betont sie.
Bewusstsein für die Natur
Einen Baum – einen Ginkgo – hat sie im Garten des Adenauerhauses in Rhöndorf gepflanzt. Ein Tribut an Konrad Adenauer, der erste Bundeskanzler von Deutschland, der als Oberbürgermeister den Kölnern den Grüngürtel beschert hat. Weitere Bäume stehen in Finnland oder in den Niederlanden. Unter anderen eine Walnuss gegenüber der vom damaligen US-Präsidenten George W. Bush anlässlich eines Staatsbesuchs im Arboretum Valkenburg gepflanzten amerikanischen Roteiche.
Den vorerst letzten Baum pflanzte Brigitte Winterstein am 20. Februar mit dem Architekten Gottfried Böhm anlässlich seines 100. Geburtstages auf Weiberfastnacht in Köln. „Sicherlich werde ich mit diesen bisher gepflanzten Bäumen in vier Ländern das Weltklima nicht retten, aber jedes öffentlichkeitswirksame Projekt solcher Art schafft mehr Bewusstsein für die Natur“, sagt die gebürtige Olperin. „Das habe ich bereits jetzt erreicht. Das ist meine große Verbundenheit mit Adenauer, die Schöpfung bewahren und sie nicht täglich reduzieren.“
Zwei Bäume in jedem europäischen Land – das ist ihr Ziel. Und daran arbeitet sie aktuell. Und sobald die Corona-Krise es zulässt, will sie auch wieder reisen. Ihre nächsten Projekte plant sie bereits. Und so lässt Brigitte Winterstein den Umweltgedanken weiter wachsen. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.