Kreis Olpe. Machen Selbsttests an Schulen wirklich Sinn? Oder überwiegen Aufwand, Risiko und Stresslevel den Nutzen? Eine Glosse von Verena Hallermann.
An den weiterführenden Schulen können sich Schüler jetzt selbst auf das Coronavirus testen. Ein weiterer Schritt im Kampf gegen die Pandemie – oder etwa nicht?
Nehmen wir als Beispiel mal Jonas. Jonas ist 16 Jahre alt und kommt am Freitagmorgen in die Schule. Er darf sich heute testen. Dafür nimmt er im Klassenraum seine Maske ab und schiebt sich das Wattestäbchen in die Nase. Neben ihm steht seine Lehrerin. Natürlich mit entsprechendem Abstand. Sie wirkt etwas nervös. Im Kopf geht sie nochmal alle Vorgaben durch, die sie jetzt beachten muss. Genau die Vorgaben, die sehr kurzfristig umgesetzt werden müssen. Wieder mal. Aufatmen. Das Testergebnis von Jonas ist negativ. Jonas lächelt. Da kann er ja heute Nachmittag mit den Jungs ne Runde Playstation spielen, denkt er sich.
Nehmen wir mal das Beispiel Steffi. Steffi ist auch 16 Jahre alt und geht mit Jonas in eine Klasse. Auch sie darf sich dementsprechend heute testen. Wie Jonas nimmt sie die Maske ab, steckt das Stäbchen in die Nase und wartet. Positiv. Ein Raunen geht durch den Klassenraum. Steffi schämt sich, fühlt sich ausgegrenzt und hat Angst. Bin ich etwa krank, fragt sie sich. Die Lehrerin weiß, was sie zu tun hat und isoliert das Mädchen von den anderen. Sie ruft ihre Mutter an. Schließlich muss das Kind irgendwie nach Hause. Die Mutter geht nicht ans Telefon. Vermutlich grade in einem Meeting. Mit Bus und Bahn darf Steffi nicht nach Hause. Der Weg zu Fuß ist zu lang. Also sitzt sie in dem Raum und wartet. Allein. Oder werden gar alle positiv getesteten Kinder gesammelt isoliert? Der spätere PCR-Test von Steffi zeigt: Der Selbsttest war fälschlicherweise positiv.
Noch nicht geliefert
Und dann wäre da noch Lukas. Lukas ist auch 16 Jahre alt – und freut sich auf den Selbsttest. Irgendwie ist das doch auch ganz cool, sich so ein Ding in die Nase zu stecken. Leider müssen wir Lukas enttäuschen. An seiner Schule wurden nämlich noch keine Tests geliefert.
Selbsttests können im Kampf gegen das Coronavirus helfen. Das steht außer Frage. Aber macht das bei der „Massenveranstaltung Schule“ wirklich Sinn? Schließlich sind diese Tests nur eine Momentaufnahme. Also wie hoch ist die Aussagekraft, wenn ein Schüler in der Woche einmal getestet wird? Überwiegen nicht Aufwand, Risiko und Stresslevel den Nutzen? Wenn hätte man alle Haushalte mit Laientests ausstatten müssen. Also morgens vor der Schule testen. Im Beisein der Eltern, ohne neugierige Blicke der Mitschüler – mit weniger Infektionsrisiko. Um es auf den Punkt zu bringen: Ein Selbsttest sollte nicht zum Stresstest von Schülern, Lehrern und Eltern werden.