Olpe. Der Verein „Willkommen in Olpe“ lädt regelmäßig zur virtuellen Kneipe ein. Sogar mit Live-Musik. Wie läuft sowas eigentlich? Wir waren dabei.

Kneipe – das Wort weckt ein Gefühl. Ein Gefühl der Gemeinschaft, der Normalität. Erinnerungen werden wach. An die Zeit vor Corona. Die Zeit, die schon so lange her zu sein scheint. Zumindest gefühlt. Erinnerungen an ausgelassene Feierabende. Mit Freunden, mit Bekannten. Gesellige Runden – ohne Abstand zu halten. Im Gegenteil. Erinnerungen an lachende Menschen, die sich in den Armen halten, die zusammen anstoßen. Das fehlt. Jeden Tag ein bisschen mehr. Das hat sich auch der Verein „Willkommen in Olpe“ gedacht – und kurzerhand zur virtuellen Kneipe mit Live-Musik der Band „Kaufhaus Dahl“ eingeladen. Warum auch nicht? Aber funktioniert das? Und kommt das überhaupt an?

Es ist 19 Uhr. Ein paar Teilnehmer sind schon da, haben sich in das Zoom-Meeting eingeschaltet. Virtuelle Kneipengänger sozusagen. Sie alle sitzen zuhause an diesem Samstagabend. Die einen im Wohnzimmer, andere noch im Büro. Manche haben sich schon eine Flasche Bier aufgemacht. Oder eine Zigarette angezündet. Marie Ting lächelt. Sie ist die Vorsitzende vom Verein „Willkommen in Olpe“, freut sich offensichtlich über jedes Gesicht, das sie sieht. „Wie ist denn so die Stimmung bei dir im Studio, Theresa“, fragt sie. Gemeint ist das Studio der Enders und Arens GmbH in Gerlingen, wo sich die Band „Kaufhaus Dahl“ im Hintergrund vorbereitet. Nachher gibt es Live-Musik. „Die Band hat Lust loszulegen“, antwortet Theresa. „Hier sind alle noch ganz entspannt, bevor es gleich losgeht.“

Erinnerungen an damals

Marie Ting, Vorsitzende des Vereins „Willkommen in Olpe
Marie Ting, Vorsitzende des Vereins „Willkommen in Olpe" freut sich über die Teilnehmer der virtuellen Kneipe. © Unbekannt | Verena Hallermann

Entspannt – das waren die Abende damals auch. Die Abende in der Kneipe. Mit den lautstarken Gesprächen am Nachbartisch. Irgendwie gab es immer diesen einen Gast, der alle anderen mit seiner Stimme übertönte. Oder das überdrehte Gelächter der Frauenrunde an der Theke. Die Theke, die von den vielen Getränke-Bestellungen schon ganz klebrig war. Oder der Kellner, der die Augenbrauen zusammenzog, weil er bei der lauten Playlist der Top-100-Charts einfach nicht verstand, wie viel Bier der Gast bestellen wollte. Nicht zu vergessen auch der kühle Luftzug, wenn wieder mal jemand von der Zigarettenpause zurückkehrte. Oder die Schlange vor der Damentoilette. All das fehlt heute. Das Weinglas steht zwischen dem PC und der Maus – ein sehr ungewohnter Anblick. Die Gäste sind nur virtuell – aber sie sind da. Und genau darauf kommt es an. Es geht um das Miteinander. Mal wieder neue Menschen treffen. Genau das, was in dieser Pandemie-Zeit so sehr fehlt.

Marie Ting schickt die Teilnehmer in kleine Gruppen. Eine der großen Vorteile von Zoom. Quasi die Corona-konforme Variante des persönlichen Gruppen-Gespräches. Ein bisschen abseits von den anderen. Reden mit fremden Menschen. Ganz ohne Maske – wie lange das doch her ist. Martin und Walter sind da. Martin ist BVB-Fan. Im Hintergrund hat er den Fernseher an. Seine Mannschaft spielt heute gegen Schalke. „Dortmund führt“, freut er sich. „Für Schalke ist das jetzt nichts Besonderes“, witzelt Walter. Dass Martin trotz des Spieles heute bei der virtuellen Kneipe dabei ist, hingegen schon. „Das ist mir mehr wert“, sagt Martin. „Ich finde das toll, dass die Leute sowas auf die Beine stellen. Und es wäre klasse, wenn künftig noch mehr daran teilnehmen würden.“

Es geht um das Miteinander

Der Wunsch nach mehr – Mehr Menschen. Mehr Leben. Mehr Normalität. Allgegenwärtig zurzeit. Lucia wäre jetzt eigentlich in Südamerika. Sie hat lange Zeit für ein Sabbatjahr gespart. Bis runter nach Patagonien wäre der Plan gewesen. Doch das sollte nicht so sein. Stattdessen sitzt sie heute in der virtuellen Kneipe. Natürlich ist es nur ein schwacher Trost. Aber es ist einer. Und Lucia freut sich. „Ich bin seit kurzem beim Verein dabei“, erzählt die Frau, die jetzt seit elf Jahren in Olpe wohnt. „Habe auf Umwege davon erfahren. Ich finde das spannend.“

Oliver freut sich über ihre Worte. Er findet das toll. Dass sich immer mehr im Verein engagieren. So wie Lucia jetzt. Er selbst ist schon ein bisschen länger dabei. Er genießt das Miteinander, die Aktivitäten sofern sie derzeit möglich sind. „Wir haben im Verein schon vieles gemacht“, erzählt er. Oliver ist ein waschechter Olper. So wie schon seine Eltern. „Ich habe beruflich jetzt mehr Zeit und kann mich mehr um meine Heimatstadt kümmern.“

Heimat – das Wort weckt ein Gefühl. Ein Gefühl der Gemeinschaft, des Zusammenhaltes. Genau wie die Band „Kaufhaus Dahl“, die jetzt anfängt live zu spielen. „Heute gibt es die Nacht der Nächte“, singt der Sänger ins Mikrofon. Und das soll sie ein. Eine Nacht der Nächte. Eine von vielen. Denn jetzt ist schon klar – das soll nicht die letzte virtuelle Kneipe mit Live-Musik gewesen sein. Da sind sich alle Teilnehmer einig.

Alle 14 Tage

Der Verein Willkommen in Olpe hat vor einigen Wochen die virtuelle Kneipe ins Leben gerufen. Alle 14 Tage stellen sie einen virtuellen Raum zur Verfügung, in dem sich Interessierte zum moderierten Austausch treffen können. Weitere Termine werden auf willkommeninolpe.de in nächster Zeit bekanntgegeben.