Attendorn/Kreis Olpe. Bei der Delegiertenkonferenz der SPD setzte sich Nezahat Baradari als Direktkandidatin für Bundestagswahlkampf im Herbst durch.

Die SPD zieht im Wahlkreis Olpe/Märkischer Kreis I mit Nezahat Baradari als Direktkandidatin in den Bundestagswahlkampf im Herbst. Die Kinder- und Jugendärztin setzte sich am Freitagabend bei der Delegiertenkonferenz in der Stadthalle Attendorn gegen ihren jungen Herausforderer Sercan Celik aus Kierspe durch (wir berichteten). Auf Baradari, die seit Januar 2019 für die SPD im Deutschen Bundestag sitzt, entfielen 31 von 51 abgegebenen Stimmen. Für den 32-jährigen Juristen Celik votierten neun Delegierte. Elf Sozialdemokraten enthielten sich der Stimme.

Nach ihrer vom Attendorner Walter Sinzig bekanntgegebenen Wahl bedankte sich Nezahat Baradari für diesen „Vertrauensvorschuss“ und gab sich kämpferisch. „Ab jetzt ist Wahlkampf“, mahnte sie ihre Partei zur Geschlossenheit. Ihr Herausforderer Sercan Celik machte nach seiner Wahlniederlage einen enttäuschten Eindruck und hatte offensichtlich ein besseres Ergebnis erwartet. „Ich bin noch jung“, sagte der Sohn jesidischer Flüchtlinge, der nach seinen Worten „der SPD viel zu verdanken hat“.

Facebook-Post sorgte für kritische Reaktionen

Im Vorfeld der SPD-Kandidatenaufstellung für den Wahlkreis 149 (Olpe/Märkischer Kreis I) hatte ein Facebook-Post von Nezahat Baradari für kritische Reaktionen von jesidischen Organisationen gesorgt. Auch ein vermeintlich für den innerparteilichen Wahlkampf genutztes Foto von Sercan Celik mit dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach und das Angebot eines Hol- und Bringdienstes nur für Delegierte aus dem SPD-Kreisverband Olpe machten Schlagzeilen.

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Für die Delegiertenkonferenz in Attendorn hatten sich einige türkische Medien angemeldet. Vor der Stadthalle stand vorsichtshalber ein Polizeiwagen. Aber die Ordnungshüter mussten nicht eingreifen. Auch bei der eineinhalbstündigen Veranstaltung selbst spielten die Themen keine offizielle Rolle. Darüber war auch Nezahat Baradari nach ihrer Wahl froh.

Als Versammlungsleiter Robert Kirchner-Quehl, der Vorsitzende des gastgebenden SPD-Kreisverbandes Olpe, die Vorstellungsrunde der beiden Kandidaten eröffnete, waren alle 51 stimmberechtigten Delegierte anwesend. Jeder der beiden Kandidaten hatte zehn Minuten Zeit, sich und seine politische Agenda zu präsentieren. Als erste stieg Amtsinhaberin Baradari in den politischen Ring. Die in Attendorn wohnende

Kinder- und Jugendärztin war von ihrem Kreisverband einstimmig als Direktkandidatin für den Wahlkreis Olpe/Märkischer Kreis I nominiert worden. „Soziale Gerechtigkeit ist meine Motivation“, betonte Baradari. Sie will sich weiter „für einen starken Sozialstaat einsetzen“ und „Ungerechtigkeiten in unserem Land aus dem Weg räumen“. Eine würdevolle und bezahlbare Pflege liegt ihr am Herzen. Dabei wurde die SPD-Gesundheitspolitikerin konkret und nannte mit dessen Einwilligung das Schicksal von Helmut Adler. Der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende aus Finnentrop stehe nach einem langen Arbeitsleben wegen der Pflegekosten für seine demenzkranke Frau vor der Altersarmut und müsse wohl sein Haus verkaufen.

Digitaler Wahlkampf von Bedeutung

Nezahat Baradari, die als Kind mit ihrer Familie aus politischen Gründen aus der Türkei nach Deutschland flüchten musste, „weiß, was es heißt, ganz unten zu sein“. „Ich habe Armut erlebt“, wurde die Medizinerin persönlich und berichtete davon, Ausgrenzung, Diskriminierung und Übergrifflichkeit erlebt zu haben. Ihr Herausforderer Sercan Celik setzte auf die Themen Jugend und Digitalisierung. „80 Jusos bewerben sich bundesweit um ein Mandat. Das ist ein absolutes Novum, darauf können wir stolz sein“, versuchte der 32-jährige angehende Rechtsanwalt aus Kierspe mit seinem Alter zu werben. Weil die Corona-Pandemie auf absehbare Zeit Großveranstaltungen und Haustür-Wahlkampf wohl verhindere, komme dem digitalen Wahlkampf elementare Bedeutung zu.

Mit der Großen Koalition hat Celik abgeschlossen. „Die GroKo hat unserer Partei mehr geschadet als gutgetan“, ist der Sozialdemokrat aus dem Märkischen Kreis überzeugt. Seinen Vortrag beendete er mit einem Appell an die Delegierten. „Einigkeit macht stark. Ich habe der SPD viel zu verdanken. Lasst mich etwas zurückgeben“.Am Ende schickten die 51 Delegierten aber die erfahrene Nezahat Baradari erneut ins Rennen und nominierten die Attendornerin bei ihrem Heimspiel als Direktkandidatin für den Bundestagswahlkreis 149.