Borghausen. Gottfried Heer (73) aus Borghausen war bereits über 50 mal in Afrika. Seine Eindrücke zum Thema Essen hält er im neuesten Buch fest.
Gottfried Heer ist schon mindestens 50 Mal in Afrika gewesen. Über seine Reisen nach Namibia, Kenia, Zimbabwe, Burkina Faso oder auf die zu Tansania gehörende Insel Sansibar hat der 73-Jährige zahlreiche Bücher geschrieben. Nicht nur über die faszinierende Fauna, wie in seinem persönlichen Bestseller „Tierwelt des südlichen Afrika“, mit einer Auflage von 20.000 Stück. Der passionierte Jäger, der immer einen kritischen Blick auf die eigene Zunft hat, war auch in Schottland, Irland, Norwegen oder Kanada auf beruflich Pirsch, aber nicht nur mit dem Gewehr. Immer dabei hat der aus Olpe stammende Heer eine Kamera, um Fotos für seine Bücher und Publikationen in Fachmagazinen zu schießen.
„Ich weiß, wovon ich schreibe“, übertreibt Gottfried Heer nicht beim Besuch unserer Redaktion in seinem einsam gelegenen Haus bei Borghausen. Dort, wo sich sprichwörtlich Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagen. Der Journalist kennt in Afrika Land und Leute und schreibt darüber. Dabei verniedlicht er nichts, auch nicht in seinem Kinderbuch „Ein Tag mit Ulungu“. Das hat er im vergangenen Jahr für seine beiden Enkelkinder Mia und Elisa, die damals drei und sechs Jahre alt waren, geschrieben. Die beiden leben in Südtirol.
Fernab von den Safari-Klischees
Noch weiter weg lebt die ebenfalls sechsjährige Ulungu. Das kleine Mädchen gibt es in der Realität zwar nicht. Aber Gottfried Heer hat bei seinen Reisen im südlichen Afrika viele kleine Ulungus, ihre Familien und Nachbarn kennengelernt. „Auf dem Land sieht die Welt ganz anders aus“, weiß der 73-Jährige, dass das normale Leben in Afrikas Dörfern nichts oder nur wenig mit unseren Safari-Klischees zu tun hat.
Gottfried Heer begleitet Ulungu, ihre kleine Schwester und Eltern in kindgerechter Sprache und beschreibt den täglichen Kampf ums Essen, den Schulalltag und das Zusammenleben mit wilden Tieren. Mit selbstgezeichneten Bildern stellt der Autor die Tiere in der Nachbarschaft vor, vom Zebra bis zum Löwen. Beim Wasserholen passieren immer wieder schreckliche Unfälle. So wird einem Jungen aus der Nachbarschaft von einem Krokodil ein Arm abgerissen. Auch das entspringt nicht der Fantasie des Autors. Heer hat einige Menschen mit solchen Verstümmelungen gesehen.
Die Alltagssituationen in seinem Buch, das sowohl Bilderbuch für die Kleinen als auch Vorlesebuch für Eltern und Großeltern ist, hat Gottfried Heer selbst erlebt und in Fotos festgehalten. Bislang hat der Journalist „Ulungu“ nur in der Familie und im Bekanntenkreis verschenkt. Jetzt will er ein größeres Publikum ansprechen. Das Buch wird fortgeschrieben. Gerade erst ist das kleine afrikanische Mädchen in die Schule gekommen.
Mit einem ganz anderen Thema beschäftigt sich der Mann aus Borghausen in seinen mit vielen Fotos, Rezepten und praktischen Tipps versehenen „Nostalgischen Herbst-Geschichten“, mit dem Untertitel „Als Oma noch den Backes hatte“. Mit dem Bau eines eigenen Backes hat sich Gottfried Heer vor einiger Zeit „einen Traum erfüllt“. Nebenbei entstand auch die Idee zu diesem Buch mit einem „kleinen Ausflug in das Leben der Vorfahren“ und „Einblicken in die eigene Kindheit“. Eine Zeit, die nicht nur seinen Enkelkindern völlig unbekannt sein dürfte.
Erster Verdienst mit Kartoffelernte
Sein erstes Geld hat Heer bei der Kartoffelernte verdient. Im Herbst wurde eingekocht, Marmelade hergestellt, Kappes zu Sauerkraut verarbeitet und auch geschlachtet. Die Kinder spielten mit Schwenkeldosen, rauchten die Nikolauspfeife oder machten ein Laubfeuer. Beim Kartoffel lesen bekam der damalige Schüler fünf Mark für den Nachmittag und danach ein Abendessen. Dass sie billige Erntehelfer waren – heute würde man von Kinderarbeit sprechen – daran dachten Heer und seine Mitschüler damals nicht, zumal die Schule eine Stunde früher aus war und es keine Hausarbeiten gab. Von seinem hart erarbeiteten Geld für 14 Tage „Tuffeln“ lesen kaufte sich der Olper seine erste Nietenhose. Aber schon am nächsten Morgen biss ihm der Schäferhund des Nachbarn in den Allerwertesten und riss die nagelneue Jeans in Fetzen.
Stolz ist Heer auf sein neuestes Werk, das mit vielen hochwertigen Fotos ausgestattete Buch „Die Welt in Genuss, Dekor und Ambiente“. Darin enthalten sind geschmackvolle Anregungen zum Anrichten eines guten Essens. Die Fotos wurden aufgenommen in einem schottischen Schloss, am Sauerländer Forellenbach, im afrikanischen Busch oder an Bord einer Segelyacht. Und wer ganz genau hinschaut, wird auch die Gegend an der Repetalstraße wiedererkennen, wo der Weltenbummler Heer seit 40 Jahren wohnt.
Der Kletterpark hinter dem Haus, den der Autor vor „16 oder 17 Jahren“ gegründet hat, ist schon seit Monaten geschlossen. Firmen und Schulen waren seine Hauptkunden. „Beide haben zurzeit andere Sorgen“, glaubt Heer nicht, dass er den Kletterpark in naher Zukunft wieder aufmachen kann. Aber so hat er wenigstens Zeit für sein Hobby: das Schreiben. „Das macht mir einfach Spaß“, betont der 73-Jährige.