Kreis Olpe/Gerlingen. Jutta Becker (56) arbeitet als Tagesmutter in Gerlingen. Warum das für die Mutter zweier erwachsener Kinder eine erfüllende Aufgabe ist.
In dem Wohnzimmer von Jutta Becker steht ein rotes Bobby-Car, eine Kiste mit Spielzeug und Bilderbüchern. Samuel interessiert sich grade jedoch eher für die Esszimmerstühle unter die er hindurch krabbelt. „Er ist ein sehr fröhliches Kind“, sagt Becker und lächelt dem Eineinhalbjährigen zu. Samuel antwortet ihr mit einem breiten Grinsen, das alle seine vorderen Zähnchen preisgibt. Er fühlt sich merklich wohl bei seiner Tagesmutter in
Gerlingen
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Qualifizierung in 160 Stunden
Jutta Becker ist selbst Mutter von zwei erwachsenen Kinder, die 23 und 25 Jahre alt sind. Natürlich sei es schön, die Kinder aufwachsen zu sehen, wie sie selbstständiger werden und schließlich das Nest irgendwann verlassen. Nicht wenige Eltern sind froh, wenn die Kinder erwachsen werden und für sich selbst sorgen können. „Das stimmt“, findet auch die 56-Jährige. „Aber ich habe diese Zeit, als sie klein waren immer geliebt und genossen.“ Auch deswegen entschied sie sich vor knapp 15 Jahren einen Qualifizierungskurs im Bereich der Kindertagespflege zu machen. In 160 Unterrichtsstunden lernte sie, wie die Eingewöhnungsphase am besten gelingen kann, wie pädagogische Angebote im häuslichen Umfeld geschaffen werden, wie die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern aussehen und ein frühkindlicher Bildungsauftrag verfolgt werden kann. Mit dem Absolvieren des Qualifizierungskurs erhielt sie schließlich eine Pflegeerlaubnis, die alle fünf Jahre mit zusätzlichen Weiter- und Fortbildungskursen verlängert werden kann.
Mit der Pflegeerlaubnis ist es Tagesmüttern bzw. Tagesvätern prinzipiell erlaubt, bis zu fünf Kinder gleichzeitig zu betreuen. „Ich selbst habe aber maximal zwei Kinder gleichzeitig bei mir. Zwei kommen beispielsweise auch nur nach der Schule zu mir, der eine zwei bis dreimal pro Woche, der andere einmal pro Woche“, erklärt Becker. Auch Corona und die damit einhergehende Mehrbelastung von Eltern habe daran nichts geändert. Zumindest in Beckers Fall. „Ich selbst habe keine weiteren Anfragen in dieser Zeit erhalten. Zum einen liegt das daran, dass die Verträge mit den Tagesmüttern in der Regel mit dem Beginn des Kindergartenjahres, also im August, auslaufen. Dementsprechend sind die Plätze bei den Tagesmüttern meist schon voll. Andererseits glaube ich, dass einige Eltern ihre Kinder zeitweise von den Großeltern haben betreuen lassen, obwohl diese ja eigentlich nicht hinzugezogen werden sollten. Aber: Wie soll das auch sonst funktionieren, wenn die Eltern arbeiten gehen und der Anspruch auf eine Kita-Notgruppe nicht gegeben ist?“
Intensive Feedback-Kultur
Durch die 1:1-Betreuung kann Becker mehr auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes eingehen, als es die personelle Situation im Kindergarten zulässt. Dementsprechend intensiv fällt auch das Feedback an die Eltern aus. „Ich stehe immer im sehr engen Kontakt mit den Eltern. Wir sprechen darüber, was die Kinder und ich zusammen gemacht haben, was gut funktioniert hat und wo es vielleicht Schwierigkeiten gab. Es ist wichtig, sich immer über den jeweiligen Entwicklungsstand auszutauschen, auch, um mögliche Verzögerungen oder Anormalitäten frühzeitig zu erkennen“, erklärt Becker. Das passiere in erster Linie mündlich, bald sogar auch schriftlich. „So wie im Kindergarten alles dokumentiert wird, halten wir Tagesmütter demnächst unsere Beobachtungen im Wort fest. Für diesen Mehraufwand bekommen wir ab Januar 2021 sogar eine Stunde pro Woche zusätzlich gutgeschrieben.“
So wird Becker dann im Fall von Samuel beispielsweise festhalten, wie neugierig und aufgeschlossen er auf die fremde Reporterin zugegangen ist, sie breit angelächelt hat und ihr zum Abschied fröhlich zugewunken hat.