Bilstein/Lennestadt. Im Februar übernehmen die Werthmann-Werkstätten den Betrieb im Frischemarkt Hoff in Bilstein. Wie das geht, erklärt Susanne Rüenauver:
Am 1. Februar 2021 übernimmt der Caritasverband Olpe das alteingesessene Lebensmittelgeschäft Hoff in Bilstein. Betrieben wird der Laden von den Werthmann-Werkstätten, Abteilung Lennestadt, wo Menschen mit geistigen, körperlichen und psychischen Behinderungen ausgebildet werden und beschäftigt sind. Susanne Rüenauver, seit der Gründung im Jahr 2007 Abteilungsleiterin der Werthmann-Werkstätten in Lennestadt, klärt über Konzept und Motivation auf.
Worauf müssen sich die Kunden des Frischemarktes Hoff ab Februar einstellen?
Susanne Rüenauver
: Es wird alles so weiterlaufen wie bisher. Nur das Verkaufspersonal werden Menschen mit Behinderungen sein. Vielleicht sitzt ein Rollstuhlfahrer an der Kasse, mit dem der Kunde die Einkäufe dann abrechnet.
Das heißt, die Kunden werden das gleiche Angebot vorfinden wie jetzt?
Ja, wir wollen einen reinen Lebensmittelladen mit Getränkemarkt betreiben, auch Zeitschriften, Lotto, Tabakwaren werden bleiben. Wir werden zunächst schauen, wie es anläuft, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was die Kunden zusätzlich wünschen. Dabei sind wir natürlich auf Hinweise aus der Kundschaft angewiesen. Wir hoffen auf ein gutes Miteinander mit den Menschen im Veischedetal. Wir werden auch mit den Bäckern im Ort sprechen, ob eine Kooperation möglich ist. Ich finde zum Beispiel eine regionale Ecke mit heimischen Produkten, Erdbeeren, Eier, Wurstwaren etc. interessant. Das sind unsere Perspektiven.
Das Lebensmittelgeschäft ist Neuland für den Caritasverband Olpe und die Werthmann-Werkstätten. Was ist der Grund dafür, in diesen Bereich einzusteigen?
Der Hauptgrund ist, weitere attraktive Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Natürlich haben wir lange überlegt, ob wir es machen. Erste Gespräche mit Peter Burghaus (der jetzige Betreiber, die Red.) gab es schon vor einem Jahr. Durch Corona hat sich alles hingezogen. Ich finde, der Laden erweitert unser Portfolio hervorragend. Wir beschäftigen in erster Linie Menschen mit geistigen und/oder Körperbehinderungen und psychischen Behinderungen, die im Moment nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar sind. Unsere Aufgabe ist es, sie durch Arbeit so weit zu qualifizieren, dass sie später in einem ganz normalen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis tätig sein können. Es ist ein wichtiges Angebot für unsere Mitarbeiter und es ist Inklusion pur. Die Werkstätten mittendrin, hier werden Kunden von Menschen mit Behinderungen bedient. Das ist der besondere Reiz des Ladens.
Wie soll der Betrieb des Ladens ab Februar organisiert werden?
Das Geschäft wird durchgehend geöffnet sein, also montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr und samstags bis mittags. Wir planen mit sechs Menschen mit Behinderungen im Wechselschichtsystem, drei vormittags und drei nachmittags, dazu kommt eine Teamleitung. Die Teamleitung fördert und unterstützt die Menschen mit Behinderung bei ihrer Arbeit vor Ort und hat die operative Verantwortung für den Laden. Sie wird die Beschäftigten anleiten, zum Beispiel die Kasse zu bedienen oder im Getränkeservice die Getränkekästen ins Auto zu verladen oder mit einem Lasten-E-Bike zu den Kunden nach Hause zu bringen. Auch das Pläuschchen mit den Kunden gehört dazu. Wo es sinnvoll ist, werden wir auch moderne Technik einsetzen, zum Beispiel einen Kassenautomaten, wie es ihn in anderen Einzelhandelsgeschäften bereits gibt.
Wie wird das neue Service-Team des Frischemarktes Hoff zusammengestellt?
Die Teamleitung-Stelle ist intern ausgeschrieben, anschließend werden auch die Stellen für die Beschäftigten unter allen 650 Beschäftigten der Werthmann-Werkstätten im Kreis Olpe ausgeschrieben. Dann folgen die Bewerbungsgespräche. Es wird später sicherlich auch Praktikanten geben, die mal reinschnuppern, wie im ganz normalen Arbeitsleben.
Müssen die Teammitglieder nicht das nötige Know-how für die Leitung und den Betrieb eines Lebensmittelladens mitbringen?
Es wird für die Teamleitung und die Beschäftigten zunächst Schulungen geben. Wir werden auch mit einem Lieferanten zusammenarbeiten, der das gesamte Sortiment bedienen kann, auch Peter Burghaus wird uns bei Bedarf beraten. Wenn es Ehrenamtliche gibt, die das Projekt unterstützen, wäre das natürlich auch klasse.
Wie ist das Projekt organisatorisch in den Betrieb der Werthmann-Werkstätten eingegliedert?
Das Ladenteam ist als normale Arbeitsgruppe der Werthmann-Werkstätten Lennestadt konzipiert. Das hat u.a. den Vorteil, dass wir flexibler sind als ein autonomer, eigenständiger Laden. Wenn zum Beispiel jemand wegen Krankheit ausfällt, dann kann ich einen anderen Mitarbeitenden aus der Werkstatt einsetzen.
Wie lange soll das Projekt laufen? Und wenn es funktioniert, werden der Caritasverband Olpe bzw. die Werthmann-Werkstätten noch weitere Läden im Kreis Olpe übernehmen?
Wir haben vor, den Lebensmittelladen langfristig zu betreiben. Aber wir werden später nicht jeden Dorfladen übernehmen. Das ist nicht geplant.
Am 31. Januar gibt der bisherige Betreiber die Ladenschlüssel ab, wann wird es die Neueröffnung geben?
Wir planen einen nahtlosen Übergang. Vielleicht wird der Laden eine Woche zum Umgestalten und Eingewöhnen geschlossen sein, aber dann soll es sofort losgehen. Wir und unsere Beschäftigten freuen uns schon sehr darauf. Ich fände es schön, wenn wir eine hohe Akzeptanz erhalten würden und freuen uns über jede Unterstützung der Anwohner.