Kreis Olpe. Das St.-Martinus-Hospital Olpe hat aus der ersten Welle gelernt. Warum Ärzte glauben, dass der Impfstoff nicht das Ende der Pandemie sein wird:

Die Infektions-Dynamik im Kreis Olpe hat zuletzt zugenommen. Erst am Wochenende sind wieder zwei Todesfälle im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gemeldet worden. Trotzdem sind die Mediziner am S t.-Martinus-Hospital in Olpe , das im Frühjahr zum Covid-Zentrum wurde , nicht so alarmiert wie es bei der ersten Welle der Fall war. Dr. Matthias Danz und Dr. Frank van Buuren – beides Chefärzte auf der Intensivstation – sowie Pflegedirektor Tobias Quast, der die Corona-Taskforce an der Klinik leitet, erzählen, wie sie mit der zweiten Welle umgehen und wagen einen Ausblick.

1. Armin Laschet sprach am Montag von einer Intensivbettenbelegung von knapp 80 Prozent in NRW. Der Kreis Olpe liegt deutlich unter diesem Wert. Wie können Sie sich das erklären?

Dr. Matthias Danz : Die Aussage von Armin Laschet ist in diesem Kontext nicht falsch. Für den Kreis Olpe können wir aber sagen, dass wir derzeit eine sehr geringe Belastung der Intensivmedizin mit Covid-Patienten haben. Wir haben bei dieser Welle nicht so viele Patienten auf der Intensivstation behandeln müssen wie es zum Anfang des Jahres noch der Fall war. Das liegt vor allem daran, dass sich zuletzt vorwiegend jüngere Menschen mit Corona infiziert haben, die in der Regel keine intensivmedizinische Betreuung benötigen.
Tobias Quast : Man muss dabei aber bedenken, dass wir auch andere Erkrankungsbilder auf der Intensivstation haben. Derzeit fahren wir das normale Programm weiter. Wir haben schon eine Belastung dieser Einheiten, aber eben nicht mit Covid-Positiven. Das heißt, wir überlegen momentan nicht, Operationen abzusagen oder zu verschieben. Dies ist aktuell aufgrund unserer umfassenden Schutzkonzepte und vorhandenen Ressourcen auch nicht angezeigt. Im Frühjahr haben wir eine Aufwandsentschädigung erhalten, wenn wir Betten freigehalten haben. Die Maßnahme Betten freizuhalten, wurde politisch ja auch eingefordert. Bei steigenden Zahlen, könnte dies natürlich wieder passieren. Aktuell möchten wir aber jeden Patienten ermutigen, die geplanten Krankenhausaufenthalte, nicht abzusagen.

2. Was haben Sie aus der ersten Welle im Frühjahr gelernt?

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Tobias Quast : Bei der ersten Welle standen wir vor viel Neuland. Wir mussten ganz viele neue Regelungen und Abläufe schaffen und waren gleichzeitig von einer extremen Materialknappheit betroffen. Da mussten die Kollegen sehr kreativ werden. Das ist jetzt anders. Wir haben auf eigene Kosten eigene Lagerstände aufgebaut und Schutzausrüstung für das Personal gehortet. Wir haben uns in der abgeflachten Welle im Sommer darauf vorbereitet, dass es im Herbst wieder losgehen wird. Unsere Mitarbeiter sind jetzt viel ruhiger und sicherer im Umgang mit dem Virus.
Dr. Frank van Buuren : Eine frühe Erkenntnis war, dass nicht nur die Lunge betroffen ist, sondern auch das Herz und die Gerinnung in Mitleidenschaft gezogen wird. Erst in dieser Woche hatten wir einen Patienten, der zehn Wochen auf der Intensivstation lag und es jetzt erst geschafft hat. Doch auch wenn er nicht mehr auf der Intensivstation liegt, ist er immer noch stark eingeschränkt. Er hat eine extreme Luftnot entwickelt und stark abgenommen, weil er so viel Energie dafür aufwenden muss, um seine Atmung überhaupt aufrechtzuerhalten.
Dr. Matthias Danz
: Die Kollegen der Inneren Abteilung sind zu Anfang des Jahres an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gegangen. Das können wir nicht mehr zulassen. Es ist wichtig, dass wir arbeitsfähig bleiben, sowohl im Tagesgeschäft als auch im Bereich der Intensivmedizin.
Dr. Frank van Buuren
: Ich empfinde das Krankenhaus als einen sicheren Ort. Jeden Morgen müssen unsere Mitarbeiter unterschreiben, dass sie frei von Symptomen sind. Wenn ein Mitarbeiter von uns nur einen leichten Schnupfen oder ein Kratzen im Hals hat, wird er direkt abgestrichen. Mit dem Schnelltest, bei dem das Ergebnis innerhalb von 15 Minuten vorliegt, haben wir da eine gute Möglichkeit .

3. Befürworten Sie die verschärften Maßnahmen im Lockdown?

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Dr. Frank van Buuren : Natürlich ist das bitter für viele Leute, gerade aus beruflicher Sicht. Aber ich bin mir ganz sicher, dass dieser Lockdown etwas bringt. Dass Schulen und Kitas offen bleiben, finde ich richtig. Sonst gerät die Gesellschaft durcheinander, weil die Eltern eben wieder zuhause bleiben müssen. Ich bin für eine konsequente Maskenpflicht und dafür, dass man gegen Corona-Leugner ein bisschen härter vorgeht. Ich glaube, wir wissen alle, was eigentlich zu tun ist. Es ist nur die Frage, wie wir das der Bevölkerung zumuten können.
Tobias Quast : Gerade im Frühjahr wurde für das medizinische Personal viel geklatscht. Aber die größte Unterstützung ist eigentlich die konsequente Einhaltung der AHA-Regeln. Hier sind alle angehalten mitzudenken und mit zu handeln.

4. Wie kann es im Dezember weitergehen?
Tobias Quast : Es ist ein Irrglaube, dass es ab dem 1. Dezember so weiter geht wie vor dem Lockdown. Man wird einzelne Parameter anpassen, lockern oder verschärfen. Letzten Endes geht es darum, Zeit über den Winter zu gewinnen, bis es den nächsten Baustein in der Bekämpfung der Pandemie geben wird. Das wird die Impfung sein. Die Politik hat die schwierige Aufgabe, die richtigen Maßnahmen zu finden. Und das passiert unter anderem auch durch das „Trial and Error“-Prinzip.

5. Wie bewerten Sie den Vorschlag, an Silvester auf Feuerwerk zu verzichten?
Dr. Matthias Danz : Die Auslastung in der zentralen Notaufnahme ist in der Silvesternacht klassisch deutlich höher. Das geht von Verletzungen, die durch Feuerwerkskörper ausgelöst worden sind, über Herzinfarkte bis hin zu Gallenerkrankungen nach den Feiertagen. Gleichzeitig ist das Verbot der Kracher nicht unbedingt der Kracher. Die paar mehr Einsätze tun uns nicht weh.

6. Im nächsten Jahr könnte es schon die ersten Impfstoffe geben. Stimmt Sie das zuversichtlich, dass die Pandemie dann bald ein Ende haben wird?

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Tobias Quast : Die Pandemie wird nie zu Ende gehen. Wir werden sie aber besser im Griff haben, so wie die Masern. Es wird auch eine unterschiedliche Motivation zur Impfung in der Bevölkerung geben. Für mich liegt die Schwierigkeit vor allem darin, die Durchimpfung der Bevölkerung logistisch zu ermöglichen. Man braucht Impfdosen, personelle Kapazitäten, die Kühlfähigkeit und so weiter. Das wird noch mal eine Mammutaufgabe für die Verantwortlichen.
Dr. Frank van Buuren : Die Impfungen geben uns aber Hoffnung, dass Personengruppen wie Polizei, Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, Krankenhauspersonal und Lehrer nicht mehr so häufig in Quarantäne geschickt werden müssen und es dementsprechend nicht mehr einen so hohen personellen Ausfall gibt. Das würde uns viel Energie geben, um entgegen zu halten.