Kreis Olpe. In einigen Praxen im Kreis werden Patienten, die sich gegen die Grippe impfen wollen, vertröstet. Das ist nicht nur für Patienten inakzeptabel:
In einigen Hausarztpraxen im Kreis Olpe gibt es offenbar keine oder kaum noch Impfstoffreserven gegen die „normale“ Grippe. Dieses Ergebnis hat eine stichprobenartige Umfrage ergeben. „Wir haben nichts mehr und die Leute fragen immer noch nach der Influenza-Impfung. An Nachschub zu kommen ist derzeit aber nicht möglich“, hadert beispielsweise der Allgemeinmediziner Dr. Bernhard Horten aus dem Attendorner Ortsteil Schwalbenohl. Denn während er im vergangenen Jahr rund 450 Impfstoffdosen „verimpft“ habe, seien es in diesem Jahr schon um die 700 gewesen. Und selbst diese Menge reiche aktuell nicht aus.
Von dem Dilemma weiß auch Dr. Martin Junker, Bezirksstellenleiter für die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) in Südwestfalen und Hausarzt aus Olpe. Auch er wartet sehnsüchtig auf 200 bestellte Impfungen und musste zuletzt mit seinem Vorrat verantwortungsvoll haushalten. Seine Kritik richtet sich an die Politik und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der es im Frühjahr versäumt habe, genügend Impfdosen nachzubestellen. „Da wären 20 Millionen Dosen besser gewesen als nur fünf“, kritisiert der Olper Arzt.
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Besser sieht es hingegen bei der Praxis am Imberg in der Kreisstadt aus. Laut Allgemeinmediziner Sebastian Lepperhoff verfüge die Praxis über genügend Impfstoff-Kapazitäten. Ein Indiz dafür, dass die Situation von Praxis zu Praxis unterschiedlich ist.
Hersteller stehen unter Zugzwang
Ulf Ullenboom, Apotheker aus Olpe und Sprecher der Apothekerschaft im Kreis, sieht die Hersteller der Impfstoffe vor diesem Hintergrund in der Zwickmühle. Aufgrund der erhöhten Nachfrage würden sie kaum noch mit der Produktion nachkommen, weshalb Impfstoffdosen, die eigentlich nicht für den deutschen Markt produziert würden und im Ausland noch verfügbar seien, wieder zurückgeholt würden. „Und dann darf man nicht vergessen, dass jede Impfstoffcharge einzeln vom Paul-Ehrlich-Institut zugelassen werden muss“, weist der Apotheker auf die zeitliche Komponente hin. Im Übrigen gebe es nicht nur bei der Influenza-Impfung große Bedarfe, sondern auch bei der Pneumokokken-Impfung, also gegen die Lungenentzündung.
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Erste Patienten, berichtet der Olper Hausarzt Sebastian Lepperhoff, hätten sich in dieser Woche auch über die Corona-Impfung informiert. Bekanntlich könnte schon in naher Zukunft ein Impfstoff zum Schutz gegen die Covid-19-Erkrankungen auf dem Markt sein. „Auch wenn das noch nicht repräsentativ ist, so habe ich den Eindruck, dass unsere Patienten einer Corona-Impfung sehr offen gegenüberstehen. Wir befürworten das natürlich und versuchen, alle Vorurteile und Ängste gegen Impfungen aus der Welt zu schaffen.“ Sein Attendorner Kollege Bernhard Horten, der Ende dieses Jahres in den Ruhestand geht, will in Zukunft sogar helfen und als Impfarzt in den geplanten Impfzentren tätig sein.
Ein direkter Zusammenhang
Einen direkten Zusammenhang von Influenza- und Covid-19-Impfung macht zudem Martin Junker aus. „Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass diejenigen, die gegen Influenza geimpft sind, deutlich immuner gegen bakterielle Infekte und auch gegen Covid-19 sind.“ Die Impfung sei also bestes Training für das Immunsystem. Deshalb sei es so wichtig, dass sich möglichst viele Menschen impfen ließen. Sobald der Impfstoff gegen Corona auf dem Markt sei, sieht Junker jedoch das nächste Problem auf die Hausärzte zukommen: sie würden priorisieren müssen und nicht jeden Patienten sofort versorgen können.
„Es kann nicht sein, dass die Ärzte vor Ort diese Entscheidung treffen müssen. Da erwarte ich eine klare Vorgabe der Politik.“ Schon jetzt würden Mitarbeiter in den Praxen von Patienten beschimpft, weil diese nicht gegen Influenza geimpft werden könnten. Eine sehr unangenehme Situation und die Konsequenz mangelnder Impfstoffvorräte.