Kreis Olpe/Berlin. Nach der Attacke von Friedrich Merz kommen Christdemokraten aus dem Kreis Olpe zu Wort. Ist die Verschiebung des Bundesparteitages sinnvoll?
Nach der Attacke von Friedrich Merz gegen die Verlegung des CDU-Bundesparteitages und seinem Verdacht, das Partei-Establishment arbeite gegen ihn wird ein Graben innerhalb der Bundes-CDU sichtbar. Was aber denkt die Parteibasis im Kreis Olpe über die Kandidatenfrage: Steht das Sauerland geschlossen hinter Merz? Vertraut man eher Armin Laschet oder spielt auch Norbert Röttgen noch eine Rolle?
Wir horchen in das Seelenleben der CDU im Kreis Olpe hinein.
Neue Delegierte?
„Hier in der CDU-Kreisgeschäftsstelle ist schon Unmut der Basis über die Verlegung des Bundesparteitages zu spüren“, sagt Hubert Brill, Geschäftsführer der Kreis-CDU. Momentan geht Brill davon aus, dass die Wahlzeit der aktuellen Delegierten aus dem Kreis Olpe, Jochen Ritter, Stefan Hundt, Sandra Ohm und Hans-Georg Cremer, in diesem Jahr ablaufe. Für einen Bundesparteitag 2021 müssten dann auf einem Kreisparteitag neue Delegierte gewählt werden: „Wir müssen in dem Fall einen Kreisparteitag zeitnah organisieren - und das unter Corona-Bedingungen.“
Jochen Ritter (MdL)
CDU-Kreisvorsitzender Jochen Ritter, gleichzeitig NRW-Landtagsabgeordneter: „Es wird derzeit geprüft, ob wir neue Delegierte wählen müssen. Das Phänomen betrifft ja viele Kreise.“ Die Frage, ob er Friedrich Merz oder Armin Laschet favorisiere, ließ Ritter unbeantwortet: „Seitens der Delegierten aus dem Kreis Olpe haben wir uns darauf verständigt, uns vor dem Bundesparteitag dazu nicht öffentlich zu äußern.“ Seine grundsätzliche politische Position, so Ritter, habe sich aber in den vergangenen zwei Jahren nicht geändert. Dass der Kreis Olpe eine Region sei, in der die CDU-Basis Friedrich Merz favorisiere, sei für ihn klar. Dass Emotionen im Spiel seien, sei nachvollziehbar: „Es geht um viel, um sehr viel.“
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Der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Matthias Heider steht hinter Friedrich Merz: „Ich habe das immer offen gesagt. Ich traue es ihm am ehesten zu, Deutschland in schwieriger Zeit zu führen. Die Verschiebung des Bundesparteitages hält Heider für einen fatalen Fehler: „Dann gehen wir führungslos in ein Wahlkampfjahr. Ich hoffe, dass die Verantwortlichen darüber noch einmal nachdenken.“ Ein zeitnahes dezentrales Präsenztreffen an mehreren Orten mit Briefwahl und Videoschalte sei die bessere Lösung. Das Anfang Oktober geänderte Parteiengesetz lasse elektronische Formate zu, auch kombiniert mit Briefwahlen. Das sei gerade mit Blick auf die Corona-Umstände so beschlossen worden.
Hartmut Schauerte
CDU-Urgestein Hartmut Schauerte (Kirchhundem), langjähriger Landtags- und Bundestagsabgeordneter, Staatssekretär und Ehrenvorsitzender der CDU im Kreis Olpe, ist aktuell auch Landesdelegierter für den Bundesparteitag. Er bekennt sich eindeutig zu Friedrich Merz: „Ich bin sehr unzufrieden über die erneute Verschiebung des Bundesparteitages.“
Schauerte weist daraufhin, dass die Nominierung und Wahl neuer Landesdelegierter, sollte das nötig sein, unter dem Gesichtspunkt der Wahl des Bundesvorsitzenden stehen könnten: „Man muss die Sorge haben, dass Delegierte so aufgestellt werden, dass bestimmte Ergebnisse herauskommen.“ Im Klartext: Der Kampf um den CDU-Bundesvorsitz könne dann stark in die Delegiertenwahlen hereingetragen werden.
NRW entscheidend
NRW stelle immerhin ein knappes Drittel der Delegierten. „Die aktuellen Delegierten sind zwei Jahre im Amt und waren noch ohne diese Fragestellung gewählt worden.“ Vor zwei Jahren sei es noch um Merz oder Kramp-Karrenbauer gegangen. Schauerte: „Das gibt der Geschichte einen ernstzunehmenden Drive.“ Fraglich ist für Schauerte auch der für den 12. Dezember anberaumte Landesparteitag: „Wie soll denn der stattfinden? Das muss jetzt nach diesem Schnellschuss geklärt werden.“ Es gebe überdies keine Garantie, dass ein Bundesparteitag im Frühjahr 2021 stattfinden könne.
Aus seiner grundsätzlichen Position macht Schauerte keinen Hehl: „Ich bin ein klarer Unterstützer von Friedrich Merz. Ich gehe davon aus, dass Merz in Südwestfalen eine breite Mehrheit hinter sich hat. Ich halte ihn für qualifiziert und engagiert.“
Reinhard Hesse
Seit über 50 Jahren ist Reinhard Hesse aus Welschen Ennest CDU-Mitglied, er war zehn Jahre im Gemeinderat Kirchhundem und 16 Jahre im Kreistag: „Der Bundesparteitag sollte zeitnah als Videokonferenz stattfinden. Wenn ich wählen dürfte, würde ich Merz wählen. Wir brauchen als Parteivorsitzenden einen Strategen und Visionär. Laschet wird in NRW dringend gebraucht, er macht derzeit einen recht ordentlichen Job. NRW muss der CDU erhalten bleiben. Wir können uns in NRW kein Personal-Karussell erlauben.“
Bernhard Schwermer
Kirchhundems CDU-Vorsitzender Bernhard Schwermer, ebenfalls Merz-Anhänger, sieht nichts, was gegen einen digitalen Parteitag sprechen würde: „Ich könnte mir aber auch eine Urwahl durch die Mitglieder vorstellen. Bei der Basis hat Merz eine Mehrheit, ob das bei den Delegierten so ist, weiß ich nicht.“
Wolfgang Hesse
Wolfgang Hesse (Olpe), CDU-Fraktions-Chef im Kreistag, stuft die Merz-Attacke als problematisch ein: „Ich war sprachlos, als ich das gesehen habe. Ich glaube, damit hat er sich keinen Gefallen getan. Wenn ich Bundesdelegierter wäre, würde ich ihn nicht wählen. Merz ist zu sehr ein Mann der Vergangenheit, wir müssen nach vorn blicken.“ Die Frage stelle sich allerdings, ob die CDU ohne Laschet in NRW die nächste Wahl gewinnen würde. Mit dem Argument im Hinterkopf wäre dann Norbert Röttgen eine Option als Bundesvorsitzender.
Uli Selter
Uli Selter (CDU Attendorn) ist stellvertretender Bürgermeister der Hansestadt: „Mein Favorit ist Armin Laschet. Ich habe ihn bei einer Veranstaltung persönlich kennengelernt.“ Die Verschiebung des Bundesparteitages hält Selter für richtig: „Die Corona-Entwicklung lässt das momentan nicht zu.“ Die Infiziertenzahlen könnten sich aber auch schnell wieder nach unten bewegen. Und eine drängende Zeitnot sieht Selter nicht: „Wir müssen den Bundesparteitag nicht im Dezember machen.“ Sollte sich das Coronaproblem aber doch bis ins nächste Frühjahr auswirken, könne immer noch ein digitaler Parteitag organisiert werden.
Gregor Schnütgen
Gregor Schnütgen (CDU Lennestadt), 31 Jahre im Stadtrat, 23 Jahre Fraktions-Chef: „Wenn wir von den Menschen Verzicht in vielen Bereichen erwarten, können wir als CDU keinen Präsenz-Parteitag mit 1000 Teilnehmern veranstalten.“
Digital könne man vielleicht die Kreisparteitage durchführen, aber wenn es um einen neuen CDU-Vorsitzenden gehe, sollten die Delegierten ihre Kandidaten von Angesicht zu Angesicht erleben. „Das halte ich für unumgänglich.“ Laschet oder Merz? „Ich kenne beide persönlich. Wenn ich Delegierter wäre, würde ich Friedrich Merz wählen.“