Olpe. Maik Wegner ist Fachlehrer an der Ersten Deutschen Bäckerfachschule Olpe. Er erzählt über seine Tätigkeit als Brotsommelier.
„Früchtebrot, darauf Gorgonzola und dazu ein süßer Wein. Das ist die reine Geschmacksexplosion.“ Wenn Maik Wegner ins Schwärmen gerät, läuft seinem Gegenüber das Wasser im Mund zusammen. Ein Gespräch mit ihm ist wie eine Liebeserklärung an den Genuss im Allgemeinen und an gutes Brot im Besonderen. „Vielen ist die Wertigkeit von Brot nicht bewusst. Es ist eines unserer ältesten Lebensmittel, ist Kulturgut und es ist alltäglicher Luxus, den jeder jeden Tag leben kann“, sagt der 45-Jährige. Der Lennestädter ist Bäckermeister, Fachlehrer an der Ersten Deutschen Bäckerfachschule Olpe und er ist Brotsommelier. Damit gehört er zu einem überschaubaren Kreis. Gerade einmal 106 gibt es davon in ganz Deutschland und er ist der einzige in Südwestfalen. Vor fünf Jahren hat die Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks in Weinheim diese einzigartige Ausbildung installiert.
Geruch geht ans Herz
„Der Geruch von warmem Brot geht ans Herz, ruft Gefühle von Geborgenheit und Familie hervor und weckt schöne Erinnerungen“, sagt Maik Wegner, der sozusagen alles über Brot weiß und Experte ist im Riechen, Schmecken und Tasten von Brot. Und ebenso viel erzählen kann über Kommunikation, Marketing, Ernährung, Brotgeschichte und Foodpairing. Also darüber, was zu welchem Brot passt und welche Aromen sich ergänzen.
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„Wir müssen wieder über Brot sprechen. Meinen Schülern versuche ich beizubringen, Brot mit allen Sinnen zu begreifen, wie man Brot präsentieren und beschreiben kann und ich gebe Verzehrempfehlungen“, erklärt der Sommelier. Wenn dabei Bilder im Kopf entstünden, helfe das auch bei der Beratung und der Vermarktung. Denn Menschen würden nicht an erster Stelle das Produkt an sich kaufen, sondern das Gefühl und die Emotionen, die sie damit verbinden. „Stellen Sie sich ein Heublumenbrot vor, eines mit Grasnoten. An was denken Sie da? An blühende Wiesen, ans Gebirge. Und dann an einen Bergkäse. Das passt. Und was denken Sie, was Sie dazu trinken? Am besten doch ein Glas Milch.“ Was Maik Wegner noch wichtig ist: Den Bäckerstolz zu schätzen, ohne die Nase hochzuhalten. „Wir haben einen extrem tollen Beruf“, findet er und schaut dabei 30 000 Jahre zurück. Nachweislich wurde damals schon Mehl gemahlen. „Seit 6000 Jahren gibt es den Sauerteig. Und überlegen Sie einmal, wie viel Sprüche es mit Brot gibt oder wie oft das Brot in der Bibel vorkommt?“
Große Vielfalt
Was der Brotsommelier feststellt, ist, dass Regionalität und traditionelles Handwerk auch beim Brot wieder eine Rolle spielen. Angst vorm Discounter müsse ein guter Bäcker nicht haben, denn der Verbraucher setze sich immer mehr mit den Themen Nachhaltigkeit und Qualität auseinander. „Der Bäcker vor Ort kommt aus der Region und das Getreide, das wir verbacken, aus Deutschland. Mehr Regionalität geht eigentlich nicht.“ Dabei, so Wegner, seien eindeutige Trends - nicht zu verwechseln mit Hypes, wie unter anderem Chia-Brot - auszumachen. So nach Ur-Getreidesorten wie Emmer, Einkorn und vor allem Dinkel. „Dinkel ist nicht Weizen. Das ist wie Wolf und Hund.“
Zweifelsohne: Nirgendwo anders auf der Welt gibt es eine derartige Brot-Vielfalt wie hierzulande. Rund 3200 Brotspezialitäten sind zurzeit gelistet. Und es werden immer mehr. Brot mit Feige, Bratkartoffeln, Speck, Rote Beete oder Spargel, um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Deutschland ist das Brotland überhaupt. Gründe dafür liegen in einer immer kreativer werdenden Bäckergeneration, aber auch im Klima und der Geografie und nicht zuletzt in der Historie. „Mit Roggen im Norden, Weizen im Süden und Westen sowie Dinkel auf der Schwäbischen Alb haben wir alle Brotgetreidesorten, aus denen man ein schönes voluminöses Brot backen kann. In der Kleinstaaterei im Mittelalter hat jede Region ihre eigenen Brotsorten entwickelt, das hat zur Vielfalt und zu den unterschiedlichen Vorlieben beigetragen, die bis heute festzustellen sind“, erklärt Wegner. So könne man beispielsweise ein Siegerländer Schwarzbrot kaum im Münsterland verkaufen: „Das ist denen viel zu dunkel gebacken und zu herzhaft.“
Bei Maik Wegner kommt fast nie das gleiche Brot hintereinander auf den Tisch. „Ich liebe die Vielfalt“, sagt der Brotsommelier. „Brot muss ich riechen, bevor ich es auspacke. Und dann, wenn ich es anschneide, muss es krachen.“