Bonzel/Lennestadt. Welche Auswirkungen die Vollsperrung auf einer vielbefahrenen Bundesstraße hat, erleben Verkehrsteilnehmer täglich im Veischede- und Repetal.

Vier Absperrbaken reichen, um den Tagesablauf von tausenden Menschen zu verändern. Das Zauberwort heißt: Vollsperrung – wie seit einer Woche auf der B 55 zwischen Bonzel und Bilstein.

Was für Straßenbauer, Verkehrsplaner und Ordnungshüter immer öfter normal ist, das ist für andere dagegen zumindest gewöhnungsbedürftig. „Normalerweise benötige ich zehn Minuten zur Arbeit, jetzt sind es 25, manchmal sogar 35 Minuten“, sagt Heike Krüger-Wenzel aus Bilstein, die in Theten arbeitet und sich nun zwei Mal am Tag mit ihrem Auto über die Hohe Bracht (L 715) quälen muss. Nur für den Schulbusverkehr von Bilstein in Fahrtrichtung Grevenbrück haben die Behörden morgens eine Ausnahme gemacht, der darf auch während der Vollsperrung die Baustelle passieren, jedenfalls meistens. Am Mittwoch war auch für diesen Busse zunächst Endstation.

Arbeitsschutz verstärkt

„Warum bauen die nicht bei halbseitiger Sperrung, das ging doch früher auch?“, diese Frage stellen sich viele genervten Verkehrsteilnehmer. „Es gibt heute wegen verschärfter Arbeitschutzrichtlinien keine Alternative“, so Ingo Wirth vom Lennestädter Ordnungsamt. Die Straßenbauer sollen nicht der ständigen Gefahr durch vorbeifahrende Fahrzeuge ausgesetzt sein. Die Mindestabstände zwischen Mensch und Motor wurden vergrößert, so dass ohne Vollsperrung oft nicht mehr gebaut werden darf. „In Zukunft wird es noch mehr Vollsperrungen geben“, wagt Wirth einen Ausblick, den kein Autofahrer gerne sehen will.

Der Ort Bilstein ist jetzt seit einer Woche geteilt. Das Oberdorf bis zur Ampelkreuzung, einer der am meisten befahrenen Straßenabschnitte im Stadtgebiet, ächzt wie eh und je unter dem ständig zunehmenden Verkehr, im abgesperrten Unterdorf dagegen, von der Ampelkreuzung in Richtung Grevenbrück könnten die Kinder auf der B 55 quasi Fußball spielen.

Was Heike Krüger-Wenzel besonders nervt, sind die Lkws. „Hast du einen vor dir, kommst du nicht mehr vorbei.“ So ergeht es jeden Tag vielen Autofahrern, denn in Bilstein wird der gesamte Verkehr von Olpe kommend über die L 715 (Hohe Bracht) Richtung Altenhundem abgeleitet. Hinter den langsamen Lkw bilden sich auf der kurvigen Gefällstrecke lange Staus und in der Gegenrichtung von Altenhundem aus ist es genauso.

Alles über die Hohe Bracht

Dabei könnte zumindest hier der überregionale Verkehr Richtung Autobahn auch über die B 517 (über Kirchhundem bis Welschen Ennest), die L 711 (bis Kruberg) und weiter über die K 18 (Fahlenscheid) Richtung Autobahn fahren und die L 715 entlasten. Aber ein Schild vor der Krankenhauskreuzung in Altenhundem (B 236/L715) leitet auch den Verkehr zur A 45 ausnahmslos über die Hohe Bracht. „Wir müssen Umleitungsstrecken so kurz wie möglich halten, weil dies in der Regel der schnellste Weg auf die ursprüngliche Strecke ist“, so Sarah Bertram vom Ordnungsbereich im Rathaus Lennestadt. Ob das in diesem Fall auch so ist, ist eher zweifelhaft.

Seit Vollsperrung der B 55 müssen fast alle Fahrzeuge über die Hohe Bracht.
Seit Vollsperrung der B 55 müssen fast alle Fahrzeuge über die Hohe Bracht. © WP | Volker Eberts

Aber auch die L 880 durch das Repetal, die zweite Umfahrungsalternative zur gesperrten B 55, leidet unter der Vollsperrung . Hier hat der Verkehr weiter zugenommen, vor allem in den engen Kurven zwischen Mecklinghausen und Oberveischede geht es teilweise nur im Schneckentempo voran.

Übrigens: Die meisten Auto-Navigationssysteme melden die Vollsperrung auf der B 55 gar nicht, eine elektronische Umleitungsempfehlung existiert also nicht.

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Doch wie man es auch regelt, die Folgen der Vollsperrung auf der Bundesstraße B 55 sind fast überall spürbar. In den Bäckereien in Grevenbrück bleibt durch den ausbleibenden Durchgangsverkehr so manches belegte Brötchen liegen und auch die Anlieger auf dem Verbindungsweg zwischen Bonzel (Kneppen) und Maumke (Dinselstraße) spüren den vermehrten Ausweichverkehr rund um die Uhr.

Vorteil Vollsperrung

Die Mitarbeiter der Ordnungsbehörden üben sich in Zweckoptimismus. Sarah Bertram: „Wenn die Baustelle abgeschlossen ist, dann ist die B 55 komplett durchsaniert und es wird hier erst mal keine Vollsperrungen mehr geben.“ Ingo Wirth sieht bei Vollsperrungen auch die Vorteile. „Die Qualität der Straße ist besser, weil es weniger Nähte in der Asphaltdecke gibt und der Ausbau geht in der Regel auch schneller.“

Das betont auch der Landesbetrieb Straßen NRW, Träger der Baumaßnahme. Bis spätestens 2. November, also in sechs Wochen, soll der Verkehr auf der B 55 zwischen Bonzel und Bilstein wieder rollen. Daraus wird wohl nichts werden: Das Tiefbauunternehmen hat bereits eine Verlängerung bis zum 30. November beantragt, also drei Wochen länger.