Sondern. Martin Moseler gibt sein Amt als Ortsvorsteher von Sondern ab. Warum er sich zu diesem Schritt entschieden hat, erzählt er im Interview.
2015 war Martin Moseler als nichtgebürtiger Sonderner Ortsvorsteher des Regionale-Ortes am Biggesee geworden. Seitdem ist viel im rührigen Dörfchen passiert, das große Regionale-Projekt wurde weitgehend abgeschlossen, wenn auch nicht immer so, wie die Sonderner es sich vorgestellt hatten. Bei der Kommunalwahl hatte sich Moseler, der aus Wittlich in der Eifel stammt, vorgenommen, mehr Stimmen zu holen als bei der Wahl 2014. Nachdem er dieses Ziel verfehlt hat, gibt er sein Ortsvorsteher-Amt auf. Wir blicken mit ihm zurück auf sechs teilweise turbulente, auf jeden Fall arbeitsreiche Jahre.
Herr Moseler, Sie waren jetzt sechs Jahre Ortsvorsteher – Alptraum oder Traumjob?
Martin Moseler: Manchmal das eine, manchmal das andere. Die wichtigste Eigenschaft, die man als Ortsvorsteher haben sollte, sind Frustrationstoleranz und Durchhaltevermögen. Teilweise muss man schon dicke Bretter bohren.
Warum ist nach fünf Jahren schon Schluss?
Ich hatte mir ein Ziel für die Kommunalwahl gesetzt, wollte eine bestimmte Stimmenzahl erreichen. Nach fünf Jahren als Ortsvorsteher war ich davon ausgegangen, dass sich meine Arbeit im Ergebnis widerspiegelt. Nachdem das nicht der Fall war, ziehe ich jetzt Konsequenzen. Rechnerisch habe ich für jedes Jahr als Ortsvorsteher sogar eine Stimme weniger bekommen.
Da klingt ein bisschen Enttäuschung durch.
Klar, ich bin enttäuscht darüber. Auf der anderen Seite hätte ich wahrscheinlich auch unabhängig von meiner Stimmenzahl so entschieden, da die CDU die absolute Mehrheit bekommen hat. Ich bin ja wieder in den Stadtrat gekommen, und unsere Oppositionsrolle als FDP könnte sich mit einem Amt als Ortsvorsteher beißen.
Was hat Sie am meisten geärgert in den fünf Jahren?
Es ärgert mich am meisten, wenn ich als Ortsvorsteher auf meine Fragen keine vernünftigen Antworten der Verwaltung bekomme.
Ein Beispiel?
Ich habe vor nicht allzulanger Zeit bezüglich der Park- und Verkehrssituation in unserem Dorf Vorschläge an die Verwaltung geschickt und da kam eine Email zurück, sinngemäß mit dem Inhalt: ,Wir haben alles gemacht, was wir tun können. Mehr geht nicht.’ Das klang schon nach ,Lass uns in Ruhe!’.
Welche Vorschläge waren das?
Man muss hier aktiver werden, um den Verkehr zu leiten. Ob das durch Personal ist oder mit zusätzlichen temporären Parkflächen oder mit besser zu erkennenden Leitsystemen.
Was ist das Hauptproblem in Sondern momentan?
Dass an den entsprechenden Tagen im Sommer, immer, wenn das Wetter gut ist, hier das Chaos ausbricht. Der ganze Ort wird zugeparkt, dazu wird das Dorf von einem starken Parksuchverkehr belästigt.
Werden die Parkplätze am Ortseingang übersehen?
Die Schilder sind eigentlich groß genug, aber die Leute fahren trotzdem in den Ort rein, und wenn sie keinen Parkplatz finden, parken sie quasi illegal oder fahren wieder aus dem Ort heraus. Letztlich ist der Verkehr im Dorf größer als früher, als es die Parkplätze beim Bahnhof noch gab. Und da wäre die Stadt gut beraten, sich in anderen touristisch geprägten Kommunen umzusehen, wie das dort funktioniert.
Welche Vorschläge könnten das sein?
Die Leute müssen schon am Ortseingang auf die dortigen Parkplätze geleitet werden, notfalls mit Personal. Das ist wichtiger, als Politessen im Ort Knöllchen schreiben zu lassen.
Wird die große Parkfläche am Ortseingang denn ignoriert?
Diese Fläche wird zwar genutzt, aber offenbar zu wenig. Ich habe mir das an den sonnigen Tagen selbst angesehen, da war eine von drei Ebenen mit jeweils 90 Plätzen fast komplett frei, und im Ort war schon das Chaos ausgebrochen. Das darf einfach nicht sein.
Ist den Leuten die Strecke zum Ortskern zu weit? Es gab seinerzeit Stimmen, die das schon prophezeit haben.
Das ist ganz offenbar kein Selbstläufer. Es funktioniert einfach nicht. In anderen touristischen Orten kann man auch nicht mitten in den Zentren parken, aber es herrscht kein Chaos. Hier bei uns klappt es nicht. Und das muss angepackt werden und es muss die Bereitschaft in der Verwaltung da sein, es anzupacken. Im Hochsommer, bei 30 Grad, da war hier die Hölle los. Und das ist ja auch gewollt. Der Park, die Promenade, das wird genutzt, und dann natürlich die Schifffahrt. Und die konnte wegen Corona ja zuerst gar nicht und dann nur eingeschränkt fahren. Was passiert denn, wenn die unter Volllast fährt? Dann wird das Verkehrsproblem noch drängender.
Was hat Sie am meisten gefreut in den fünf Jahren?
Der Tag der Eröffnung des Regionaleprojekts natürlich. Das hat uns ja sehr lange begleitet. 2009, als ich noch nicht Ortsvorsteher war, ging es schon los. Es fanden erste Bürgerversammlungen statt, aus dem Dorf gab es Ideensammlungen. Und viel von dem, was aus dem Dorf kam, findet sich im dann umgesetzten Projekt wieder. Viele Ideen der Sonderner konnten verwirklicht werden, das hat mich sehr gefreut. Gut ist auch, dass wir auf der ehemaligen Bolzplatzfläche ein Mini-Baugebiet erschließen können. Aber auch hier warten wir auf die Stadt, die für die Ausschreibung zuständig ist. Ich hoffe, dass es im nächsten Jahr klappt, dass dann zügig gebaut werden kann. Es sind immerhin etwa ein halbes Dutzend Plätze. Die brauchen wir dringend. Es sind einige dabei, die sich auch für den Ort einsetzen, und die müssen wir halten und nicht wegziehen lassen. Schön war auch, dass sich der Surfclub im Rahmen der Regionale so ausweiten konnte. Und das mit großer Unterstützung der Stadt.
Der Kiosk inmitten des Regionalegebietes ist immer noch nicht eröffnet. Wo hapert es?
Wenn das einem Privatmann gehören würde, hätte der wahrscheinlich zwei Wochen vor Eröffnung der neuen Promenade die ersten Pommes verkauft.
Woran liegt es?
Es ist alles offenbar schwierig. Ein potenzieller Pächter wollte etwas umbauen am Kiosk, dafür benötigte man grünes Licht des planenden Berliner Büros, und der Pächter sprang wieder ab. Dann muss alles rechtssicher gemacht werden, jetzt will es offenbar die Schifffahrt machen, aber wann, weiß noch niemand so recht. Zwei Jahre – das ist schon eine lange Zeit. Die Stadt verliert ja auch Pachteinnahmen dadurch. In der Privatwirtschaft wäre so etwas undenkbar.
Gerade die FDP wollte die öffentliche Verwaltung und die Bürokratie doch entfesseln. Ist das eher ein Wunschtraum?
Bezogen auf die Stadt Olpe bin ich nach meinen Erfahrungen hier in Sondern gespannt, wie Politik und Verwaltung das künftige Riesenprojekt stemmen will. Ein neues Rathaus kommt, der ganze Bereich wird erschlossen und neu gestaltet, ein House of Learning soll kommen, Olpe will Smart City werden. Da habe ich Bedenken, dass die Verwaltung das schafft, allein personell. Dazu kommt, dass dann die Dörfer mit ihren Belangen wohl hinten anstehen müssen, da alle Kraft im Rathaus gebunden sein wird für die Neugestaltung der City. Das gilt auch für die finanziellen Ressourcen. Und alles vor dem Hintergrund, dass die CDU bei der Kommunalwahl ihre absolute Mehrheit auf den Dörfern geholt hat, nicht in der Kernstadt.
Das bedeutet aber, dass die Dörfer der CDU und dem Bürgermeister vertrauen, dass sie das alles schaffen?
Ich bin sehr gespannt, wie das abläuft und wie lange es dauert.
Mit Blick auf ihren Nachfolger: Was ist das Schwierigste im Amt eines Ortsvorstehers?
Man kriegt es von allen Seiten. Die Bürger haben ihre Wünsche und Bedürfnisse, und die Verwaltung hat ihre Beschränkungen, und das trifft aufeinander. Und der Ortsvorsteher ist mittendrin. Es ist wichtig, dass man nicht alleine ist, und das war bei mir immer der Fall. Ich hatte viele helfende Hände. Sonst hätte ich es unmöglich machen können. Dafür bedanke ich mich noch einmal bei allen, die mich unterstützt haben, sehr herzlich.