Wenden. Die Wendener Union hat eine herbe Schlappe einstecken müssen. Sie verlor die absolute Mehrheit. CDU-Chef Bernd Eichert redet Klartext.
Eigentlich konnte man auf die absolute Mehrheit der CDU im Wendener Gemeinderat immer getrost wetten. Die Dominanz der Union war über Jahrzehnte eine Selbstverständlichkeit. Nur einmal, im Jahr 2004, gab es hausgemachte Probleme. Die CDU hatte mit Antonius Halbe einen Gegenkandidaten für den damaligen Bürgermeister Peter Brüser nominiert. Das sorgte für Unmut und eine Pattsituation der Union und den anderen Parteien. Mit der Bürgermeisterstimme hatte die CDU damals aber dennoch die Mehrheit. Das ist jetzt anders. Unter dem Strich verfügen SPD, UWG und Grüne über eine Stimme Mehrheit. Am Ende haben der CDU 294 Stimmen zur absoluten Mehrheit gefehlt.
„Ich bin ehrlich. Ich habe nicht gut geschlafen“, sagte CDU-Gemeindeverbandsvorsitzender Bernd Eichert am Tag nach der Schlappe auf Anfrage unserer Redaktion. „Wir müssen bei uns vor der eigenen Türe kehren. Da müssen wir Sachen verändern. Für uns ist diese Wahl ein dicker, fetter Warnschuss“, schiebt der 46-Jährige die Schuld nicht auf andere. Die Gründe seien mannigfaltig: „Da gab es die Diskussion um das Hünsborner Gewerbegebiet. In Ottfingen ist uns die Grundschulschließung um die Ohren geflogen. Die wollten uns bluten sehen. Das war klar. Außerdem kamen Baustellen, wie Moschee Wenden oder Amazon in Gerlingen, dazu. Da hast du dann so viele Flaschen offen, wie du Korken nicht drauf kriegst.“
Immer wieder habe es Störfeuer gegeben: „Uns wurde angelastet, die Schule in Rothemühle schließen zu wollen oder dass wir nicht hinter der Feuerwehr stehen. Obwohl wir uns klar dazu positioniert haben, konnten wir das nicht ausräumen.“ Seit Dezember 2019 warte man auf die Schülerzahlen von der Verwaltung, die Gutachten für die Grundschulstandorte stünden aus: „Wir konnten dem Bürger nicht den Weg aufzeigen. Da entsteht ein Stück weit Frust und die Leute wählen Protest. Wir müssen der Verwaltung gegenüber fordernder und konsequenter werden.“
Keine Geschlossenheit
Eigentlich, so Eichert, habe die CDU die Mehrheit schon lange nicht mehr gehabt: „In der Fraktion gab es Leute, die aufs eigene Tor geschossen haben. Wenn du im Wahljahr keine Geschlossenheit hinkriegst, wird es eng.“ Eichert nennt dabei die scheidende Hünsborner CDU-Ratsfrau Angelika Henne: „Sie hat nur gegen uns gearbeitet. Da hätten wir als CDU konsequenter mit umgehen müssen. Das ist auch eine Lehre aus dieser Wahl. Man kann in der CDU eine kontroverse Meinung haben, aber bei der Abstimmung geht es um Teamgeist und nicht um eine egoistische Darstellung. Dies werden wir in der künftigen Fraktion nicht mehr zulassen.“
Nach der Schlappe am Sonntagabend habe sich bei der CDU schnell Aufbruchstimmung breit gemacht, berichtet der Bebbinger: „Klar war das ein Rückschlag, aber wir haben eigentlich eine gute Truppe mit jungen, frischen Leuten. Wir sind die jüngste Fraktion im Rat.“ Es gehe jetzt um konstruktive Sacharbeit.
Man werde die Situation analysieren und einen Neuanfang machen, betont der CDU-Chef: „Wir mussten das am Sonntagabend erst sacken lassen, aber dann habe ich eine Trotzreaktion gespürt. Unsere Leute sind nach wie vor hochmotiviert. Wir können jetzt nach diesem Gewitter befreit auftreten.“
Gespräche auf Augenhöhe
Wahlsieger war in Wenden die UWG mit 6,7-Prozent-Stimmenzuwachs, die im Vorfeld immer das Brechen der absoluten Mehrheit der CDU als Ziel ausgegeben hatte. „Ich glaube, dass es für eine Kommune immer besser ist, dass es keine absolute Mehrheit gibt und sich alle an einen Tisch setzen und vernünftige Lösungen finden müssen. Ich sehe darin auch eine große Chance für die Gemeinde“, sagt Vorsitzender Thorsten Scheen, der jetzt auch Bernd Clemens in der Pflicht sieht: „Es wird jetzt Aufgabe des Bürgermeisters sein zu moderieren. Das geht nur, wenn man auf Augenhöhe spricht. Er ist jetzt gezwungen, mit allen gleichberechtigt zu reden, wenn er etwas erreichen will.“