Olpe. Corona-Zeit und bald steht die Grippe-Saison bevor. Eltern im Kreis Olpe fragen verstärkt nach Grippe-Impfungen. Doch die Dosen sind limitiert.
Fieber, Husten, Hals- und Kopfschmerzen: Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind das typische Symptome einer Grippe. Sie gelten aber auch als Anzeichen einer Corona-Infektion. Die Verunsicherung in der Bevölkerung ist deswegen groß und könnte in der kalten Jahreszeit noch zunehmen. Denn in Deutschland treten saisonale Grippewellen vor allem in der Winterzeit auf, Grippeschutzimpfungen sind ab Oktober verfügbar. Und auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rief jetzt dazu auf: „Jeder, der sich und seine Kinder impfen lassen will, sollte und kann das tun.“ Machbar sei das aber nicht, sagt Joachim Füllenbach, Kinderarzt in Olpe.
Fast 6000 Kinder sind als Patienten in der Kartei in der Gemeinschaftspraxis an der Martinstraße in Olpe registriert. Neben Füllenbach arbeiten hier noch drei weitere niedergelassene Kinderärzte. „Pro Saison impfen wir normalerweise rund 150 Kinder gegen Grippe“, sagt Füllenbach. Doch nachdem die Bundesregierung einen dringenden Impf-Appell ausgesprochen hat, sei die Nachfrage explodiert. „Unsere Telefone stehen kaum noch still, weil sich viele Eltern fragen, ob sie ihr Kind jetzt gegen Grippe impfen sollten.“ Sinnvoll sei es bei Kindern prinzipiell immer. Doch nicht jedes Kind könne gegen Grippe geimpft werden, weil die Kapazitäten der Impfdosen beschränkt seien.
Grippe-Impfungen für alle Kinder sind sinnvoll, aber nicht umsetzbar
„Man weiß aus der Forschung, dass die Grippe primär ihren Ursprung im Kindergarten und in der Schule hat“, so Füllenbach. Das sei vor allem dem Umstand geschuldet, dass Kinder und Jugendliche in diesen Gemeinschaftseinrichtungen täglich engen Kontakt mit dem betreuenden Personal haben. Dieser begünstige den Übertragungsweg von Krankheitserregern. „Die Forderung, alle Kinder auf Wunsch impfen zu lassen, ist vor diesem Hintergrund verständlich. Aber diesem Anspruch können wir logistisch und personell gar nicht gerecht werden“, meint Füllenbach.
Das sei kein regionales, sondern ein bundesweites Problem. Laut Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts, Institut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, wurden im vergangenen Jahr rund 21,2 Millionen Influenza-Impfstoff-Dosen freigegeben. Ausgehend von einer Bevölkerung von 83 Millionen Menschen in Deutschland bedeutet das, dass nicht mal jeder Vierte gegen Grippe geimpft werden kann. Auch um Ressourcen zu schonen, hat die Ständige Impfkommission (STIKO) deswegen eine Grippeschutzempfehlung für Risikogruppen ausgesprochen. Dazu gehören unter anderem alle Personen ab 60 Jahren, chronisch Kranke, die zum Beispiel unter Asthma oder Diabetes leiden, und medizinisches Personal. „Wozu Spahn geraten hat, ist offiziell also gar nicht empfohlen“, so Füllenbach.
Kinder, die nicht zur Risikogruppe gehören, stehen auf der Warteliste
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Und selbst wenn es genügend Impfstoffdosen für alle Menschen gäbe, wäre der Zeitaufwand nicht zu bewältigen. Füllenbach rechnet vor: „Vorausgesetzt es würden sich die Hälfte unserer Patienten, also 3000 Kinder, bei uns impfen lassen, dann müssten wir unsere Praxis 14 Tage lang für alle anderen Patienten schließen. Weil wir nur noch mit Impfen beschäftigt wären.“ Denn Kinder zu impfen sei weitaus zeitintensiver als bei Erwachsenen. „Dazu gehören Gespräche mit den Eltern sowie tröstende Worte vor und nach dem Piks.“
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Füllenbach und seine Kollegen bekommen die Impfdosen Mitte Oktober geliefert. Die ersten Termine zur Grippeimpfung wurden bereits vergeben. „Wir orientieren uns dabei weiterhin an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission“, erklärt Füllenbach. Heißt: Chronisch kranke Kinder werden als erstes geimpft, die anderen kommen zunächst auf eine Warteliste. Eine weitere Bestellung und Nachlieferung sei schwierig, da der Impfstoff ein Jahr im Voraus produziert werde und die Arztpraxen dann auch ihre Bestellungen aufgeben müssten. Füllenbach: „Wir ärgern uns einfach darüber, dass die Bundesregierung einen Monat vor der Impfstoff-Bereitstellung eine derartige Empfehlung ausspricht, ohne dabei zu überprüfen, ob das so auch umsetzbar ist.“
>>> ONLINE-FORMULAR ZUR TERMINVERGABE
Weil die Kinderarzt-Praxis (Martinstraße 29, 57462 Olpe) von Joachim Füllenbach, Kristina Schwickart, Stefan Rayers und Christiane Schebitz wegen der Anfragen zur Grippeschutzimpfung kaum noch telefonisch erreichbar ist, bittet das Team um eine Terminvereinbarung über ihre Homepage.
Auf www.doctolib.de/gemeinschaftspraxis/olpe/kinderaerzte-olpe können Termine online gebucht werden. Bei plötzlich auftretenden Beschwerden werde im Rahmen von Akutterminen schnell reagiert.