Kreis Olpe. Ein Rotmilan wurde in Iseringhausen mit dem Kontaktinsektizid Carbofuran vergiftet. Was sind die Hintergründe?

Wegen des vergifteten Rotmilans in Iseringhausen ermittelt jetzt die Polizei. Das bestätigte auf Anfrage Esther Schöttke von der Pressestelle: „Wir sind noch ganz am Anfang der Ermittlungen. Wir werden versuchen, über Zeugen Hinweise zu bekommen. Wir tauschen uns außerdem mit anderen Dienststellen aus, wenn es da ähnliche Vorfälle gegeben hat.“

Die Untere Naturschutzbehörde beim Kreis Olpe hatte Anzeige gegen Unbekannt gestellt. Hintergrund: Da der Rotmilan zu den streng geschützten europäischen Vogelarten zählt, ist seine absichtliche Tötung eine Straftat. Zudem ist das Kontaktinsektizid Carbofuran, mit dem der Rotmilan in Iseringhausen getötet wurde, seit 2008 in der EU verboten. Es stellt sich die Frage: Was steckt hinter solchen Taten, wer sind die Täter?

Tiere nicht anfassen

Wer einen vermutlich vergifteten Greifvogel findet, meldet sich umgehend beim Komitee gegen den Vogelmord e. V. entweder telefonisch unter 0228/665521 oder per Mail unter info@komitee.de

Sprecher Axel Hirschfeld appelliert, nichts am Tatort zu verändern. Auch zum Selbstschutz sollte man auf keinen Fall den vergifteten Greifvogel anfassen, da dies zu gefährlichen Hauterkrankungen führen kann.

„Das ist eine Sache, die immer wieder passiert. Rotmilane und Mäusebussarde werden mit Giftködern bekämpft“, sagt Lars Lachmann, Vogelschutzexperte beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Dahinter würden vor allem Kleinwildjäger, die es auf Rebhühner, Hasen und Kaninchen abgesehen haben, stecken: „Sie wollen sich die Jagdkonkurrenz vom Leibe schaffen.“ Beim Nabu seien von 2006 bis 2016 bundesweit 1400 Fälle gezählt worden, die Dunkelziffer betrage das 10- bis 100-Fache.

Es sei schwer, die Täter zu erwischen, so Lachmann: „Ab und zu gibt es Verurteilungen, die enden dann meistens mit Geldstrafen zwischen 3000 und 4000 Euro. Für manche Leute ist es aber am schlimmsten, wenn sie ihren Jagdschein verlieren.“ Eine neue Entwicklung sei, dass die geschützten Rotmilane wegen der Ansiedlung von Windkraftanlagen aus dem Weg geschafft werden: „Wenn es früh genug im Prozess ist, denken manche Leute, den Rotmilan verschwinden zu lassen, bevor er kartiert wird. Das machen aber wohl nicht die Firmen selber, sondern eher die Landbesitzer, damit sie die Flächen besser verkaufen können.“

Fünfter Fall im Kreis Olpe

Alle Fäden laufen beim Komitee gegen den Vogelmord in Bonn zusammen. Pressesprecher Axel Hirschfeld seht jedoch weniger die Ansiedlung von Windkraft als Ursache für die Tötung eines Rotmilans: „Es gibt hauptsächlich zwei Interessensgruppen. Die Leute, die Tauben und Hühner züchten und in den Greifvögeln eine Gefahr für ihre Tiere sehen und die Jäger, die Fasanen, Rebhühner und Kaninchen jagen und in den Greifvögeln eine Konkurrenz sehen. Es kann auch um Windkraft gehen, aber bei Vergiftungen gehen wir von diesen beiden üblichen Tatverdächtigen aus.“ Carbofuran sei dabei das am meisten eingesetzte Mittel. Es wirke schnell, der Fundort sei meist nicht weit weg vom Tatort.

Das Komitee gegen den Vogelmord ist erste Anlaufstelle, wenn vergiftete Greifvögel gefunden werden. Hier werden auch alle bisherigen Funde registriert. Vor Iseringhausen gab es laut Hirschfeld im Kreis Olpe vier Fälle. 2006 wurden ein Habicht und ein Sperber abgeschossen, 2007 fand man in Elben einen Wanderfalken und 2012 wurde gezielt ein Baum mit zwei jungen Mäusebussarden gefällt, die dadurch getötet wurden. Letzter Fall war 2015, als in Finnentrop auf einen Fischadler geschossen wurde. „Kein Täter ist gefasst worden, aber das wäre bei so wenigen Fällen ja auch ein Wunder“, meint Axel Hirschfeld.