Kreis Olpe. Gabriele Granrath (Linke) will als erste Frau Landrätin im Kreis Olpe werden. Warum die 54-Jährige besonders die sozial Schwächeren im Auge hat

„Am Fundament der anderen kratzen“ möchte Linken-Kandidatin Gabriele Granrath bei der Landratswahl in diesem Jahr. Als politischer Neuling geht sie in das Rennen um die Nachfolge von Frank Beckehoff. Warum sie sich trotz der fehlenden Erfahrung für eine geeignete Kandidatin hält, beantwortet die Lennestädterin mit einem Satz: „Weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie sich Menschen fühlen, denen keiner zuhört.“

Gabriele Granrath ist die Landratskandidatin der Linken im Kreis Olpe

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    Als zweitältestes von sechs Kindern ist die 54-Jährige bei ihrer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. „Ich musste früh erwachsen sein“, sagt sie. Als Landrätin will sie Menschen, denen es heute so ähnlich geht, helfen. „Es gibt auch hier im Kreis Olpe Kinder, die kein Mittagessen bekommen.“ Oft sei die Hürde, staatliche Zuschüsse zu beantragen, noch zu hoch. „Wenn Sie nicht fragen, kriegen Sie die Hilfe nicht“, bemängelt sie. „Es muss klarer sein: Was steht mir zu?“

    Barrieren abzubauen hat sich Gabriele Granrath auch auf anderen Feldern vorgenommen, etwa im Umgang mit Behinderten. „Setzt euch doch selber mal in einen Rollstuhl und spürt, wo die Hürden liegen“, fordert sie von der Politik mehr Einfühlungsvermögen.

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    Auch der Zugang zum öffentlichen Personennahverkehr müsse einfacher werden. Warum das Schülerticket jetzt zu einem Familienticket werden soll, kann die Linken-Kandidatin nicht nachvollziehen. „Was ist mit alten Leuten? Oder Menschen in prekären Lebensverhältnissen?“ Wenn eine Seniorin mit 85 Jahren sich freiwillig dazu entscheidet, den Führerschein abzugeben, müsse sie im Gegenzug ein kostenloses Bus-Ticket erhalten, fordert sie. „Unser Kreis kann sich so etwas eigentlich leisten.“

    Dass Gabriele Granrath dieser Tage überhaupt von Wahlplakaten lächelt, war Anfang des Jahres noch fast undenkbar. „Eigentlich wollte ich nie politisch aktiv sein“, erzählt sie. Doch dann kam Corona. Am 13. März hatte sie ihren letzten Arbeitstag, seitdem liegt das Geschäft ihres Events- und Gastroservice-Betriebs lahm. „Wir haben in 32 Jahren aufgebaut, was im Frühjahr von jetzt auf gleich am Boden lag.“ Mit der staatlichen Soforthilfe überbrückte sie die ersten Wochen, jetzt fehle jedoch Unterstützung – insbesondere im Kultur- und Veranstaltungsbereich, beklagt sie.

    Aber die 54-Jährige, die in den 90er Jahren in den Kreis Olpe zog, um in Bilstein die Diskothek Saint Tropez zu übernehmen, möchte positiv bleiben – und aktiv. „Ich kann so gar nicht gar nichts tun“, erklärt sie, warum sie sich jetzt stärker für die Linke engagiert. „Wir brauchen mehr Soziales und mehr Menschliches.“

    Sie müsse sich in viele Themen noch einlesen, räumt die Lennestädterin ein. „Mit Ideen alleine kann man ja nichts bewegen. Aber ich hätte die Geduld und die Nerven, mich mit der Männergesellschaft auseinanderzusetzen.“ Und weist damit ganz nebenbei darauf hin, dass sie schon jetzt Geschichte geschrieben hat: Als erste Landratskandidatin seit Gründung des Kreises Olpe vor mehr als 200 Jahren.

    Nachgefragt: Stimme für die Arbeiterbewegung

    1 Wenn Sie alle Zeit der Welt hätten..?

    Da ich ab dem 13. März beruflich auf Null gesetzt wurde, habe ich jetzt alle Zeit der Welt, mich um soziale Politik zu kümmern.

    2 Ihr erstes selbst verdientes Geld?

    Mit neun Jahren habe ich Zeitungen ausgetragen.

    3 Bei welcher Sportart schalten Sie den Fernseher ab?

    Beim Golfturnier.

    4 Worüber sollte unbedingt mal ein Buch geschrieben werden?

    Ein Handbuch für Beamtendeutsch in einfacher Sprache und mit Bildern.

    5 Welches Gebäude im Kreis Olpe wird zu Unrecht übersehen?

    Das Josef-Gockeln-Haus in Rahrbach steht seit 2018 leer.

    6 Was haben Sie zuletzt geschenkt bekommen?

    Die Nelke zur Wahl als Landratskandidatin als Symbol für die Arbeiterbewegung, für die ich persönlich eine Stimme sein möchte.

    7 Mit welchem Trend können Sie nichts anfangen?

    Der Missachtung gegenüber Menschen, die menschlich denken.

    8 Sie knacken den Lotto-Jackpot – und dann?

    Ich spiele nicht! Weder um Geld noch um anderes Vermögen...

    9 Wen möchten Sie einmal treffen?

    Ich treffe jedes Jahr den Weihnachtsmann.

    10 Ihr Haus brennt und Sie können drei Dinge retten. Welche?

    Meine persönlichen Papiere, meine Katze, den Rest spontan.