Kirchhundem/Siegen. Nachdem der angeklagte Pflegevater die Vorwürfe im Missbrauchsprozess von Kirchundem bestritten hatte, musste das Mädchen vor Gericht aussagen.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernahm die 1. Große Strafkammer die Achtjährige, die zwischen Juni 2017 und Januar 2020 in Kirchhundem von ihrem Pflegevater übelst sexuell missbraucht worden sein soll. Der 39-Jährige, der alle Vorwürfe bestritten hatte, nahm mit einem Justizbeamten im leeren Zuhörerraum Platz. Hintergrund: Von dort verfolgte er die Aussage des Mädchens, ohne dass sie ihn sehen musste. Diese Verfahrensweise hatte die Kammer gewählt, nachdem die Sachverständige Dr. Mia Lange mit dem auf dem Flur wartenden Mädchen gesprochen hatte. „Sie ist ganz tapfer“, sagte die Diplom-Psychologin. Eineinhalb Stunden wurde die Achtjährige als Zeugin vernommen. Nach Informationen unserer Redaktion hat sie die Vorwürfe aus der Anklage bestätigt.
Behandlung nach Gerichtsverfahren
Nebenklage-Vertreter Thomas Trapp hatte zuvor neben der Öffentlichkeit auch den Ausschluss des Angeklagten aus dem Gerichtssaal während der Aussage der Achtjährigen beantragt. „Es steht zu befürchten, dass sie sonst nicht wahrheitsgemäß oder vollständig aussagt. Sie leidet unter den Geschehnissen schwer“, so der Anwalt aus Finnentrop, der auf das Abhängigkeitsverhältnis hinwies: „Als Pflegekind empfindet sie eine intensive Verbundenheit und Dankbarkeit gegenüber den Pflegeeltern. Das Verhältnis ist ambivalent. Sie reagiert bei ihm ängstlich und scheu.“ Die Achtjährige sei massiv traumatisiert, sagte Trapp. Derzeit gebe es für sie nur eine Notbetreuung durch die Notstelle der Kinderklinik Siegen. Nach Abschluss des Gerichtsverfahrens sei eine psychotherapeutische Behandlung geplant.
Zu Beginn des dritten Verhandlungstages hatte Verteidiger Klaus Söbke die Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens für den Angeklagten beantragt: „Auch ihm steht aufgrund der Waffengleichheit das Recht zu, seine Glaubwürdigkeit zu beweisen.“ Die Kammer wies den Antrag zurück. Das Gericht verfüge über ausreichend Sachkunde, so Richter Matthias Stehr.
Der Prozess wird am 31. August mit dem Gutachten von Dr. Mia Lange zur Aussage des Mädchens fortgesetzt.