Siegen/Attendorn. Zu zweieinhalb Jahren Haft ist ein Mann aus Attendorn verurteilt worden, der mit Amphetamin, Haschisch und einem Schussapparat aufflog.
Zweieinhalb Jahre Gefängnis. Das ist die Quittung für einen 42-jährigen Mann aus Attendorn, in dessen Haus am 5. Januar rund 650 Gramm Amphetamin und weitere Drogen gefunden wurden. Dazu kam ein selbstgebastelter „Schussapparat“, der nach einem LKA-Gutachten als Waffe gilt und aus einem gewöhnlichen Handel mit Betäubungsmitteln in nichtgeringer Menge einen bewaffneten macht. Die 1. Große Strafkammer des Siegener Landgerichts folgt damit am Dienstagmittag exakt dem Antrag des Staatsanwaltes.
Das sei für ihn ja eher „dumm gelaufen“, hatte die Vorsitzende Richterin Elfriede Dreisbach am Montag fast schon bedauernde Worte für den Angeklagten gefunden. Am 5. Januar hatte die Polizei vor dessen Haustür gestanden, weil Hilferufe einer weiblichen Stimme gemeldet worden waren. Der 42-Jährige wurde wegen häuslicher Gewalt der Wohnung verwiesen, sollte sich anziehen - und steckte auffällig etwas in die Tasche. Ein Beamter wurde aufmerksam, es folgte eine Durchsuchung. Dabei wurden acht Ecstasy-Tabletten gefunden, ein 65 Gramm wiegender „Klumpen Haschisch“ und einige Pillen mit seltsamem Namen. „Ein Potenzmittel“, lächelt der Angeklagte auf Nachfrage verlegen.
Ein-Mann-Sauna für Cannabis-Zucht beschlagnahmt
Nichts zu lachen gibt es beim wesentlichen Fund: Rund 650 Gramm Amphetamin. Dazu noch eine PTB-Waffe mit mehreren Magazinen. Und die selbstgebastelte Schussvorrichtung, die potenziell Schrotpatronen abfeuern könnte und die im Wohnzimmer lag. Schließlich wurde auch noch eine Einmann-Sauna mitgenommen, in der Marihuana gezogen werden sollte, und „ein Paket aus den Niederlanden mit Cannabiswerbung“, wie die Richterin später vorliest.
Der Angeklagte hat über seinen Verteidiger ein Geständnis ablegen lassen. Er habe zu dieser Zeit ein bis zwei Gramm Amphetamin am Morgen genommen, die gleiche Menge Cannabis am Abend. Er war kurz zuvor mit seiner aktuellen Lebensgefährtin zusammengezogen, die ebenfalls ein Alkohol- und Drogenproblem hatte. Bis dahin sei es kein Problem gewesen, den täglichen Bedarf legal zu decken. Er hatte immer gearbeitet, bis er nach der Verhaftung in Untersuchungshaft kam. Für zwei Personen plus Kinder der Freundin sei es aber schwierig geworden. „Wir wollten auch ein paar Weihnachtsgeschenke für sie kaufen“, sagt der Angeklagte, der sich in dieser Situation entschied, den gestiegenen Drogenbedarf durch Handel zu finanzieren. Er kaufte das Amphetamin für 1500 Euro, wollte es hälftig zum Verkauf und für den Eigenbedarf verwenden. Zusätzlich sollten in der Sauna, im Fachjargon auch „Grow-Zelt“ bezeichnet, diverse Marihuana-Ernten heranwachsen. Daraus wurde nun aber nichts.
Verteidiger fordert Bewährungsstrafe
Verteidiger Carsten Göthel, der maximal ein Jahr und zehn Monate zur Bewährung beantragt, verweist auf die besonderen Umstände seines Mandanten, der nicht „der übliche Fall aus der Betäubungsmittelszene“ sei. Er lebe bis heute in weitgehend normalen Verhältnissen, habe Schule und Ausbildung durchlaufen, bis auf eine kleine Arbeitslosenzeit immer eine Beschäftigung gehabt. In seiner Jugend war der Attendorner sogar Leistungssportler, lehnte die Profikarriere aber ab, „weil ich nicht aus der Heimat wegwollte“.
Mit Drogen und Alkohol kam er erst spät in Berührung, hörte 2013 nach der Geburt seiner Tochter für zwei Jahre auf und fing wieder an, als die Ehe scheiterte. Jetzt nimmt er im Gefängnis, mit dem er sich mühsam arrangiert hat, an Gesprächsgruppen teil, hat einen der begehrten Vertrauensposten aus Hausarbeiter bekommen. Auch das spreche für ihn, betont der Anwalt, der eine ambulante Therapie für seinen Schützling anstrebt. Eine Haftstrafe könne viel zerstören, den Unterhalt für das Kind gefährden und die Arbeitsstelle kosten, die der Arbeitgeber derzeit noch freihalte. Die Schussvorrichtung sei ausschließlich für Silvester gewesen, versichert der Mandant.
Zeitweise stand die Einweisung in eine Entziehungseinrichtung zur Debatte. Der Sachverständige Dr. Thomas Schlömer hat gewisse Bezüge zwischen Tat und langjährigem Drogenkonsum des Angeklagten hergestellt, einen Hang aber verneint. Dieser wäre für eine Einweisung notwendig.