Lennestadt. Der Tacho zeigt 142 km/h an, als ein TV-Moderator in einem YouTube-Clip durch Lennestadt rast. Ein Anwalt rechnet mit einer hohen Strafe.

Straftat, Dummheit oder doch nur ein PR-Gag? Darüber diskutiert nicht nur die Autotuning-Szene nach einer Raserei mit einem Sportwagen durch die Ortschaft Trockenbrück in Lennestadt. Ein Fernsehmoderator, bekannt aus Auto- und Tuningformaten, soll mit einem Elektro-Porsche mit 142 km/h über die B 55 durch den Ort Trockenbrück gerast sein, wo maximal Tempo 50 zugelassen ist. Dabei wurde er zwar nicht geblitzt, aber es wurde ein Video gedreht, das Mitte dieser Woche auf dem YouTube-Kanal des Tuning-Stars veröffentlicht wurde und sich seitdem in Windeseile verbreitet.

Der Vorfall soll sich zwischen dem 2. und 19. Juni ereignet haben, berichtet die Polizei Olpe, bei der mittlerweile mehr als ein Dutzend Anzeigen gegen den Moderator eingegangen sind, nachdem sich ein Screenshot und ein Clip unter anderem bei Twitter verbreiteten. In dem Video steigt der Fernsehmoderator, der im Ruhrgebiet beheimatet ist, mit einem Beifahrer in den weißen Elektro-Porsche, dessen Kennzeichen nicht klar zu erkennen ist. „Das beste Auto, was es so gibt im Moment“, sagt er vorm Einsteigen.

Fußgänger und Gegenverkehr zu erkennen

Dann fährt er am Steuer des Wagens über die B 55 in Richtung Grevenbrück, gibt Gas und der Tacho steigt in wenigen Sekunden auf 142 km/h. Das Video wurde tagsüber aufgenommen, es sind Fußgänger, Fahrradfahrer und Gegenverkehr zu erkennen. Etwa 50 Meter vor der Einfahrt nach Theten endet der 28 Sekunden lange, ungeschnittene Clip. „Dir wird richtig schlecht“, beschreibt der Beifahrer die rasante Beschleunigung des Porsche und der Moderator lacht schallend.

Ein TV-Moderator filmt sich in Lennestadt-Trockenbrück, der Tacho zeigt 142 km/h in geschlossener Ortschaft.
Ein TV-Moderator filmt sich in Lennestadt-Trockenbrück, der Tacho zeigt 142 km/h in geschlossener Ortschaft. © WP | Privat

Auf eine schriftliche Anfrage unserer Redaktion reagierte der Moderator nicht. Auf der Facebook-Seite seines Unternehmens heißt es: „Aufgrund einer unangebrachten Szene mussten wir das Video erneut hochladen.“

Laut Polizeisprecher Michael Klein wird das Video von der Staatsanwaltschaft in Siegen überprüft. Dann werde entschieden, ob es zur Anklage gegen den Fernsehmoderator kommen wird oder ob möglicherweise die Bußgeldstelle ein Bußgeld bzw. ein Fahrverbot verhängen wird. Die Polizei bittet Zeugen der Raserei, sich unter Tel. 02761/9269-0 zu melden. Insbesondere wird die Person gesucht, die in dem Video schemenhaft auf dem Bürgersteig zu erkennen ist.

Nach Einschätzung von Thomas Primavesi, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Olpe, ist das Video, auch wenn es sich um ein Privat-Video handelt, durchaus geeignet um als Beweis für eine Geschwindigkeitsüberschreitung herzuhalten.

Fahrer zweifelsfrei zu identifizieren

„Unterstellt man, das Video ist manipulationsfrei, so lässt sich der Fahrer zweifelsfrei identifizieren“, erklärt der Jurist. „Laut Tacho lässt sich eine max. Geschwindigkeit von rund 140 km/h ablesen. Der Tacho eines normalen Pkws ist aber nicht geeicht, so dass nach der Rechtsprechung ein Toleranzabzug von min. 20 Prozent vorzunehmen ist.“ Der Moderator müsse sich demnach eine Geschwindigkeit von 112 km/h vorwerfen lassen. Damit drohe eine Geldbuße von 480 Euro, zwei Punkte in Flensburg und drei Monate Fahrverbot. „Da zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung bewusst, also vorsätzlich erfolgte, kann die Bußgeldbehörde auch die Geldbuße verdoppeln.“

Daneben stelle sich die Frage, ob bei dieser deutlichen und vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht auch von einer Straßenverkehrsgefährdung gemäß Strafgesetzbuch auszugehen ist. Thomas Primavesi erklärt: „Man sieht auf dem Video auch Fußgänger auf dem Bürgersteig, Radfahrer und das Überfahren eines Fußgängerüberweges. Dieses könnte bereits als grob verkehrswidrig und rücksichtslos ausgelegt werden. Hierfür reicht dann auch eine abstrakte Gefährdung anderer.“ In dem Fall müsse gegebenenfalls die Fahreignung in Frage gestellt werden, da sich der Fahrer „erheblich über die Straßenverkehrsordnung vorsätzlich hinwegsetzt“. Damit wäre eine MPU fällig, um den Führerschein zurückzuerlangen.