Lennestadt. Ist die Telemedizin ein Praxismodell für den ländlichen Raum? Lennestadt und die Hausärzte in der Stadt wollen dies mit einer Studie herausfinden.

Die ärztliche Versorgung in Lennestadt, vom Hausarzt über Fachärzte bis zur stationären Krankenhaus-Versorgung, hat Lennestadts Bürgermeister Stefan Hundt schon vor Jahren zur Chefsache erklärt. Die Stadt ist derzeit an einem ganzen Dutzend Initiativen und Projekten beteiligt, um die ärztliche Versorgung zu sichern.

Beim Heimat-Check unserer Redaktion fällt die Note für die medizinische Versorgung dennoch nur durchschnittlich aus: Ein Durchschnittswert von 2,72 bedeutet den fünften Platz unter den sieben Kommunen im Kreis Olpe. Mit der Beauftragung eines „Headhunters“ bereits vor einigen Jahren, der einen oder am besten gleich mehrere Hausärzte nach Lennestadt locken sollte, betrat die Stadt damals Neuland – ohne Erfolg.

Mittelfristig werde sich die Lage nicht ändern, ist der Bürgermeister überzeugt. „Personal kann man nicht herbeizaubern, es sind einfach keine Ärzte da.“ Auch, wenn das Interesse an einer Niederlassung im ländlichen Raum langsam wieder steige, „wird sich an der Angebotsstruktur nichts ändern. Das wird mindestens zehn Jahre dauern“, so Stefan Hundt. Der Beruf des Hausarztes sei nicht attraktiv genug, 40 Prozent der Arbeit sei Büroarbeit und der Bürokratismus nehme seit 30 Jahren zu. Hundt ist überzeugt, dass die Coronakrise zu Veränderungen in der medizinischen Versorgung führen werde. „Nach Corona wird vieles anders.“

Forschungsstelle der Uni Siegen mit im Boot

Im hausärztlichen Bereich könnte der DigiDoc, also die telemedizinische Gesundheitsversorgung ein Ausweg aus dem Dilemma sein. „Ohne einen begleitenden Einsatz telemedizinischer Konzepte wird eine angemessene gesundheitliche Betreuungs- und Versorgungsrelation im ländlichen Raum in den kommenden Jahren nicht überall zu gewährleisten sein“, ist Dr. Olaf Gaus, Geschäftsführer des Forschungskollegs an der Uni Siegen (FOKOS), überzeugt. Gemeinsam mit Hausärztinnen und Hausärzten aus Lennestadt, fortgeschrittenen Medizin-Studierenden verschiedener Medizinischer Fakultäten in NRW und Wissenschaftlern des Forschungskollegs der Uni Siegen (FOKOS) soll deshalb in verschiedenen Workshops ein DigiDoc-Konzept für Lennestadt erarbeitet und eine Machbarkeitsstudie durchgeführt werden.

Folgende Fragestellungen stehen hier im Fokus: Wie können Mediziner unter Rückgriff auf telemedizinische Untersuchungs- und Behandlungsformen einen überörtlichen Praxisbetrieb realisieren? Mit welchen Mitteln und unter welchen Voraussetzungen lassen sich Patienten mit medizinisch vertretbarer Qualität telemedizinisch behandeln? Welche digitalen Kompetenzen und technischen Assistenzsysteme müssen auf Seiten der Mediziner sowie der Patienten vorhanden sein?

Stadt übernimmt Trägerschaft

Das Vorhaben „DigiDocs Lennestadt“ mit der Kombination von Telemedizin und Präsenzsprechstunde als überlokales, digitalisiertes Praxis- und Behandlungskonzept soll Teil einer „Digitalen Modellregion Gesundheit Dreiländereck“ werden, mit der Aussicht auf eine Förderung über den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses.

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Die niedergelassenen Allgemeinmediziner aus Lennestadt haben nach Gesprächen und einem ersten Workshop mit FOKOS und der Stadt die Teilnahme an der Durchführung der Machbarkeitsstudie für eine Allgemeinmedizinisch/Telemedizinische Praxis zugesagt. Die Stadt Lennestadt will die Trägerschaft für das Projekt übernehmen und stellt eine Finanzierung in Höhe von bis zu 89.250 Euro zur Verfügung, sofern die Politik dieses mitträgt.

Für Thomas Meier, der im Rathaus die Fäden der vielen Projekte und Initiativen zusammenhält, ist die jetzige Coronazeit ideal für ein solches Digitalprojekt: „Ein wunderbares Instrument, damit Patienten nicht persönlich in der Praxis erscheinen müssen.“