Altenhundem. In Lennestadt soll ein neues, digitales Verkehrskonzept starten. Private Autofahrer sollen im Altenhundemer Jammertal fehlenden ÖPNV ersetzen.
Lennestadts City Altenhundem ist auf dem besten Weg ein „Mobilitäts-Hotspot“ zu werden. In wenigen Monaten sollen hier neue Mobilitätskonzepte installiert und ausprobiert werden. Eins davon ist das Projekt „Mobilenn“, die digital organisierte Mitfahrgelegenheit.
Im Kern geht es um das uralte „Tramper-Prinzip“. Private Autofahrer sollen andere Leute mit dem gleichen Ziel mitnehmen. Dazu müssen Anbieter und Nachfrager erst einmal zusammen gebracht werden. Dreh- und Angelpunkt ist dabei eine kostenlose Smartphone-App.
App bringt Fahrer und Fahrgäste zusammen
Hier müssen sich Anbieter, also Pkw-Fahrer, und Nachfrager, also die Fahrgäste zunächst registrieren. Wer mit einem Privat-Pkw mitgenommen werden möchte, trägt dann seinen Fahrtwunsch in die App ein, ebenso geben die Fahrer ihr Mitfahrangebot ein, also wann sie wohin fahren wollen. Die App gleicht die Daten ab. Gibt es ein Fahrangebot, das dem Wunsch des Fahrgastes entspricht, informiert das System den Fahrgast, berechnet gleichzeitig die Strecke und den Fahrpreis. Wenn Fahrer und Fahrgast die Fahrt bestätigen, ist das „Fahrgeschäft“ unter dem Motto „Bürger fahren Bürger“ gebongt. „Wenn ich zum Beispiel im Jammertal wohne und zum Bahnhof in Altenhundem will, dann geb ich mein Fahrbedürfnis in die App ein und das System checkt, ob es einen entsprechenden Anbieter gibt. Wenn ja, wird dieser kontaktiert und meldet sich zum Beispiel: In 15 Minuten stehe ich mit dem Auto bei dir vor der Tür und du kannst mitfahren“, erklärt Günter Padt, Geschäftsführer des Zweckverbands Personennahverkehr Westfalen-Süd (ZWS) in Siegen, der das Projekt leitet. Das alles klingt zunächst nach einer Art zusätzlichem Taxi-Service, doch genau das soll „Mobilenn“ nicht sein. „Wir wollen keine zusätzlichen Verkehre induzieren, sondern die Fahrten, die da sind, nach Möglichkeit auffüllen.“
Grundsätzlich sei es auch möglich, dass die Fahrer eine Fahrt freiwillig annehmen, obwohl sie diese allein nicht durchführen würden. Aber das soll nicht die Regel sein. Man wolle kein System wie Uber in den USA auf den Weg bringen, das zu unzählig vielen zusätzlichen Fahren geführt habe, so Padt.
Nicht zum Nulltarif
Um dies auszuschließen, wird der gesamte Zahlungsverkehr über die App gesteuert werden und der kalkulierte Fahrpreis von derzeit 35 Cent pro Kilometer ist für die Fahrer gerade mal kostendeckend. Mehr noch: „Mit dieser Kalkulation benötigt das Angebot keine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz, weil mit der Mitnahme keine Gewinnabsicht verbunden ist. Die Fahrer benötigen auch keinen Personenbeförderungsschein, das eingesetzte Fahrzeug muss nicht in einer eigenen Versicherungsklasse geführt werden, die bestehende Haftpflichtversicherung reicht für den Versicherungsschutz aus“, heißt es in der Informationsvorlage an den Lennestädter Bau- und Planungsausschuss, der am Dienstagabend tagte. „Es soll auch nur eine Ergänzung für Räume sein, wo es kein oder nur ein ausgedünntes ÖPNV-Angebot gibt“, so Padt.
So wie im Jammertal. Nach aktuellem Stand soll zunächst zwischen dem Ortszentrum Altenhundem und dem Altenhundemer Ortsteil Jammertal eine Modellstrecke eingerichtet werden, denn im Jammertal fährt kein einziger Bus. Günter Padt: „Altenhundem ist quasi unser Labor, wo wir das System zunächst testen wollen.“
In einem Labor wird geforscht, auch in diesem Fall. Das Projekt „Mobilenn“ soll neue Erkenntnisse darüber liefern, wie mit einem hohen Bestand an privaten Fahrzeugen durch den Einsatz digitaler Buchungs- und Dispositionsplattformen neue individualisierte Verkehrsangebote entwickelt werden können, die im Ergebnis zu einer Reduzierung der Fahrzeugflotten sowie der gefahrenen Personenkilometer beitragen.
950.000 Euro Kosten
Das auf 24 Monate angelegte Projekt kostet 950.000 Euro. Das Land hat eine Fördersumme von 712.000 Euro zur Verfügung gestellt. „Wir haben den Förderantrag bei der Bezirksregierung eingereicht und warten auf die Förderung , dann können wir sofort loslegen“. Wenn es funktioniert, soll das Projekt auf weitere Stadtteile in Lennestadt und später auf das gesamte ZWS-Verbandsgebiet ausgeweitet werden.