Kreis Olpe. Finnentrop und Kirchhundem schneiden beim Thema Kommunalpolitik/Verwaltung schlechter ab als die anderen Städte im Kreis. Eine Ursachenforschung.
Die Bürger aus dem Kreis Olpe haben der Arbeit von Kommunalpolitik und Verwaltung in den beiden Gemeinden Kirchhundem und Finnentrop schlechtere Noten gegeben als den übrigen Städten und Gemeinden des Kreises. Beide bekamen eine 3,4 als Note verpasst.
Wir haben uns mit meinungsstarken Bürgern aus verschiedenen Lebensbereichen aus Kirchhundem und Finnentrop unterhalten und sie gefragt, wie dieses Ergebnis zustande gekommen ist.
Kirchhundem
Fakt ist: Wen man auch fragt, die „Drei minus“ für die Arbeit von Politik und Verwaltung ist im Kirchhundemer Land keine Überraschung. Die jahrelangen Grabenkämpfe im Gemeinderat an verschiedenen Fronten, zwischen Fraktionen und Lagern oder alle zusammen gegen die Verwaltung, sind noch in den Köpfen der Bürgerinnen und Bürger. Und das dünne Gras, das über die Vergangenheit gewachsen war, wurde durch aktuelle Dispute, etwa durch die heftige Debatte um den Heinsberger Recess, also die eigenmächtige Schenkung eines Grundstücks bei Heinsberg durch den Bürgermeister, wieder gestutzt.
Marcus Grotmann aus Hofolpe bringt es auf den Punkt: „Die Bürger brauchen eine Kommunalpolitik, die sich ihren Interessen annimmt. Offen, ehrlich und zum Wohl der Gemeinde. Immer wieder in die Öffentlichkeit getragene, interne Streitereien kann und möchte man nicht mehr ertragen. Die Bürger haben die Umfrage dazu genutzt, dieses noch einmal deutlich zu unterstreichen.“
Viele Bürger vermissen aber auch Ergebnisse oder zumindest Perspektiven in Sachfragen, die Lebens- und Wohnumfeld direkt betreffen. Jörg Picker aus Benolpe findet, dass Politik und Verwaltung vom Bund bis zu den Kommunen gerade jetzt einen guten Job machen. „In Kirchhundem schätze ich die kurzen, unbürokratischen Wege, um mit Verantwortlichen und Entscheidungsträgern aus Politik und Verwaltung sprechen zu können. Ein Unding ist allerdings, dass gerade wir als Flächengemeinde jungen Familien kein oder viel zu wenig Bauland anbieten. Baulücken hin oder her, für mich ein Widerspruch in sich, denn wir haben Platz genug. Dies halte ich für fahrlässig und widersprüchlich.
Genauso wie die Tatsache, dass einerseits die B 517 – millionenschwer – aufgrund des zunehmenden Verkehrs zwischen Kirchhundem und Welschen Ennest ausgebaut werden soll. Andererseits ist für meinen Wohnort Benolpe nicht mal eine ordentliche, abbremsende und wirksame Querungshilfe – die vorhandenen Verkehrsinseln sind lebensgefährlich – drin. Widersprüche wie in diesen Beispielen machen es für mich und vermutlich viele andere Bürger oft schwer die politischen Prozesse zu durchschauen. Meiner Meinung nach brauchen wir eine Politik, die Bauland schafft, sinnvolle Verkehrspolitik betreibt und Konzepte für Gastronomie und Tourismus entwickelt, denn da haben wir im gesamten Rahrbachtal Nachholbedarf.“
Themen bzw. Fragestellungen, bei denen die Gemeinde nicht alleine ohne andere Behörden und Entscheider agieren kann. Doch offenbar haben Bürger und Bürgerinnen den Eindruck, dass Rathaus und Politik hier das nötige Selbstbewusstsein und Durchsetzungsvermögen fehlt.
Finnentrop
Kritische Stimmen erreichen uns auch aus Finnentrop. Ein Beispiel: Bernhard Heisiep ist Unternehmer aus Bamenohl, ihm gehört die gleichnamige Spedition. Und er ist jemand, der mit seiner Meinung zur Arbeit von Politik und Verwaltung nicht hinterm Berg hält. „Ich bin der Meinung, dass es bei dem schlechten Abschneiden um ein oder zwei Personen geht, die dafür die Verantwortung tragen“, sagt er. Und nennt in diesem Zuge Dietmar Heß. Heisiep sei keineswegs gegen den amtierenden Bürgermeister eingestellt und schätze dessen Arbeit, allerdings kritisiert er Heß Auftreten in der Öffentlichkeit. Heisiep: „Die Art und Weise, wie der Bürgermeister mit einzelnen Ratsmitgliedern umgeht, ist bedenklich. Hier werden vor allem aus gegnerischen Parteien die Mitglieder heruntergemacht. Nachdem sich nun die CDU zur nächsten Kommunalwahl für einen anderen Kandidaten entschieden hat, wird auch die eigene Partei schlecht behandelt.“
Eine Partei, die im Gemeinderat die Mehrheit besitzt, diese Situation laut Heisiep aber nicht ausnutze: „Da ich mit vielen Ratsmitgliedern im Kontakt stehe, bisweilen befreundet bin, wird mir häufig zugetragen, dass innerhalb der Parteien und auch untereinander zumeist Konsens besteht, aber der Bürgermeister dies komplett anders sieht. Auf kommunaler Ebene sollte der Konsens immer oberstes Ziel sein, ohne eine Diskussion bzw. andere Meinungen zu unterdrücken.“
Weitere Stimmen aus den beiden Gemeinden
Julian Hageböck , Schönholthausen: „Ich denke, dass sich vieles in Finnentrop super entwickelt hat wie zum Beispiel der Lennepark oder der Glasfaserausbau. Verwaltung, Politik und Gesellschaft arbeiten oft geräuschlos Hand in Hand. Bei vielen Bürgern sind wohl trotzdem die oft persönlich geführten Meinungsverschiedenheiten zwischen Bürgermeister und Ratsfraktionen hängen geblieben oder unnötige juristische Streitigkeiten wie um den Lenhauser Tunnel. Im Frettertal haben die Bürger beim Thema Windkraft das Gefühl, dass der Bürgermeister nicht mehr auf ihrer Seite steht. I-Tüpfelchen ist aber sicher das kürzlich von Dietmar Heß inszenierte Scharmützel um seinen Rücktritt vom Rücktritt. Ich hoffe, dass die Kommunalwahlen die Chance auf einen Neuanfang mit sachlichen Umgangston bietet und wieder die Kooperation untereinander und mit den Nachbarkommunen im Mittelpunkt steht.“
Christiane Richter, Serkenrode: „Mich wundert das Abschneiden nicht. Vor einem halben Jahr haben besorgte Bürger umfangreiche Einwendungen zum geplanten Windkraftausbau formuliert. Auf Nachfragen beim Bürgermeister, wie es mit der Bearbeitung unserer Einwendungen aussieht und wer diese bearbeitet, kommt keinerlei Information. Wo bleibt die von Dietmar Heß viel besagte Bürgernähe und Transparenz? Und was ist mit der Klimafreundlichkeit der Gemeinde, wenn direkt beim ersten neuen Projekt, der Heizungsanlage im Schulzentrum, die Solarthermie außen vor bleibt? Oder will man sich ein gutes Gewissen verschaffen, in dem man weiter an der Planung zum unökologischen, unökonomischen und gesundheitsgefährdenden Windkraftausbau festhält und uns mit unseren Sorgen alleine lässt? Wir ahnen, dass in unserer Gemeinde im Hintergrund Strippen gezogen und wir vor vollendete Tatsachen gestellt werden.“
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Dominik Tigges, Kirchhundem: „Warum schneidet Kirchhundem so schlecht ab? Eine Umfrage ist häufig ein Spiegel der Vergangenheit. Hier haben ein respektloser Umgang im Gemeinderat und das Hadern mit den Personen des Bürgermeisteramtes Schaden angerichtet. Eine Art kommunaler Kannibalismus auf Sandkastenniveau hat den Blick von wichtigen Themen gelenkt und die Verwaltung über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt gemacht. Was muss geschehen, damit es in Zukunft besser wird? Die Frage darf lauten, was geschieht, damit es besser wird. In der ersten Reihe zeichnet sich ein spannender Wahlkampf auf Augenhöhe ab. Auf der Ebene der Ortsvorsteher wird viel Neues angeschoben, das zur Verbesserung der Lebensqualität beiträgt. Hier können exemplarisch Tatjana Vente für Kirchhundem und Tobias Mettbach für Oberhundem genannt werden.“
Georg Kaiser, Kirchhundem: „Die Zusammenarbeit in der Gemeinde ist besser, als es durch die Berichterstattung über die politische Arbeit suggeriert wird. Gemeindeschützenball, Gemeindechorfest, 5er-Treffen der Musikvereine, Gemeindefußballturniere, pastoraler Raum Kirchhundem, Kindergärten- und Schulprojekte und vieles mehr. Bei aller dörflichen Identität ist die Verbundenheit an einer gemeinsamen Sache sehr ausgeprägt. Positiv herausstellen möchte ich die erfolgreiche Akquisition von Fördergeldern für diverse Projekte gerade in den letzten Jahren. Dank digitaler Medien und persönlicher Kommunikation sollte es uns gelingen, diese Gemeinsamkeiten zusammen mit der Verwaltung und politisch Verantwortlichen stärker in den Vordergrund zu rücken. Gerade in diesen Zeiten sind die Selbstheilungskräfte ländlicher strukturierter Regionen ein Wert an sich.“