Olpe. Das Thyssenkrupp-Werk Olpe befindet sich schon lange in einer schwierigen Lage. Jetzt hat der Aufsichtsrat das Aus für den Standort beschlossen.

Das Thyssenkrupp-Werk in Olpe-Lütringhausen steht vor dem Aus. Der Aufsichtsrat des Unternehmens hat sich in seiner Sitzung am Montag dafür ausgesprochen, das Werk bis Ende des Jahres 2021 zu schließen. Das Unternehmen bestätigte entsprechende Informationen dieser Redaktion am Montagnachmittag. Betroffen sind etwa 330 Beschäftigte. Das Werk in Hagen-Hohenlimburg bleibt erhalten, doch auch dort werden 160 Stellen abgebaut.

Dr. Karsten Kroos, CEO der Automobilzuliefersparte bei Thyssenkrupp, erklärt: „Die Restrukturierung der beiden Standorte ist ein unausweichlicher und richtiger Schritt, um den Geschäftsbereich aus der Verlustzone herauszuführen. In der jetzigen Aufstellung war die Wettbewerbsfähigkeit der beiden Werke nicht mehr gegeben. Dafür ist das Preisniveau in den jeweiligen Produktsegmenten zu gering und die Überkapazitäten am Markt zu groß. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, die verbleibende Produktion mit den Entwicklungsaktivitäten an einem Standort zu bündeln und die Organisation weiter zu straffen.“

Olper Belegschaft reagiert mit Enttäuschung und Unverständnis

Das Geschäft mit Federn und Stabilisatoren für die Automobilindustrie hat bei Thyssenkrupp schon seit Jahren wirtschaftliche Probleme. Seit dem Mai vergangenen Jahres stand der Geschäftsbereich konzernintern „auf dem Prüfstand“. „Den Werken in Deutschland geht es seit geraumer Zeit nicht gut“, erläutert Unternehmenssprecher Konrad Böcker. In Olpe wurden bisher Stabilisatoren für die Automobilindustrie hergestellt.

Dass Thyssenkrupp die Standort-Schließung in der Corona-Krise verkündet, wo „jeder für Solidarität plädiert“, kann Betriebsratsvorsitzender Ali Atasoy nicht verstehen. Am Freitag war den Belegschaften in Olpe und Hagen via Video-Konferenz der Vorschlag der Geschäftsführung an den Aufsichtsrat präsentiert worden.

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„Wir finden das Konzept der Geschäftsführung sehr riskant“, sagt Ali Atasoy. Bis Ende 2021 sollen die bestehenden Aufträge abgearbeitet werden. „Andere Produkte sollen ins Ausland verlagert werden“, verkündet der Betriebsratsvorsitzende.

Produktion künftig in Ungarn, Mexiko und China

Die Belegschaft reagierte mit Unverständnis, berichtet Atasoy. Erst habe man das Werk in Ungarn mit aufrechtgehalten, nun müsse man dafür das eigene Werk verlieren. Ein kleiner Teil werde wohl die Möglichkeit bekommen, in Hagen oder an anderen Standorten des Konzerns arbeiten zu können, 90 bis 95 Prozent werden laut Atasoy aber ihren Job verlieren. „Wir werden weiterhin das Ziel haben, das Bestmögliche für die Belegschaft rauszuholen“, betont er.

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Ali Atasoy fügt noch hinzu: „Anscheinend wird der Standort Olpe von den Kunden nicht mehr gewünscht und man gibt sich auch mit Produkten aus Ungarn, Mexiko und China zufrieden. Weil anders kann man dieses Konzept gar nicht erklären.“

Zu Spekulationen um eine Werksschließung hatte sich André Arenz, 1. Bevollmächtigter der IG Metall im Kreis Olpe, vor der Aufsichtsratssitzung bedeckt gehalten. „Falls so etwas anstehen würde“, sagte er im Gespräch mit dieser Redaktion, „können Sie davon ausgehen, dass die IG Metall wild entschlossen dafür kämpfen würde, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten.“

Kritik an ausbleibenden und falschen Investitionen

Thyssenkrupp kündigte an, dieses und das kommende Jahr dafür nutzen zu wollen, „die Beschäftigten durch gezielte Maßnahmen auf eine Anschlussbeschäftigung innerhalb oder außerhalb des Konzerns vorzubereiten.“ Das konkrete Maßnahmenpaket werde in den Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern in den kommenden Wochen ausgearbeitet.

2012 hatte es am Thyssenkrupp-Standort in Olpe den letzten großen Stellenabbau gegeben. Damals mussten 65 Beschäftigte gehen. Die übrige Belegschaft erklärte sich bereit, auf das Gehalt für 4,5 der 39,5 Wochenstunden und einen Teil des Weihnachtsgeldes zu verzichten.

Arbeitnehmervertreter hatten schon im vergangenen Jahr kritisiert, dass die wirtschaftliche Notlage des Unternehmens auch durch Management-Fehler verursacht worden sei. Unter anderem bemängelten sie, dass Investitionen in den Standort zu lange ausgeblieben und dann an falscher Stelle getätigt worden seien.