Saalhausen. Seit mehr als vier Wochen hat Andreas Voss in seinem Landhotel in Saalhausen keinen Gast mehr begrüßt. Trotzdem lässt er den Kopf nicht hängen.

„Wir kriegen das hin, da bin ich mir sicher“, sagt Andreas Voss, Inhaber des Landhotels Voss in Saalhausen angesichts der Krise. Auch im 329 Jahre alten Traditionshaus im Zentrum des Lennestädter Tourismusortes an der Winterbergerstraße mussten die letzten Gäste am 18. März nach dem Corona-Erlass der NRW-Landesregierung die Koffer packen. Seitdem stehen die 26 Hotelzimmer (47 Betten) leer, das Restaurant ist schon seit Anfang März geschlossen, fast alle der 52 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Wie der 41-jährige Gastronom kreativ mit der Krise umgeht und warum er trotz aller Ungewissheit optimistisch in die Zukunft blickt, erklärt er im Interview.



Sie machen zurzeit mit einer besonderen Aktion aufmerksam. Unter dem Titel „Azubis zu verschenken“ bieten Sie Ihre Auszubildenden in den sozialen Medien an. Was geht da ab?

Andreas Voss: Folgende Situation: Für Azubis liegt die Hürde bis zur Kurzarbeit sehr hoch, die dürfen erst nach sechs Wochen in Kurzarbeit. Deshalb haben wir in den letzten Wochen das Haus aufgeräumt, haben geputzt, viel aufgearbeitet, Fortbildungen durchgeführt, eigentlich alles gemacht, was möglich war und jetzt gibt es wirklich nichts mehr zu tun. Die gesamte nächste Woche steht zur Verfügung und da kam uns die Idee, die Azubis zu verschenken, zum Beispiel für einen wohltätigen Zweck, bevor sie zuhause nur rumsitzen.

Wie war die Resonanz auf diese ungewöhnliche Verschenkaktion?
Sie ist unglaublich gut eingeschlagen. Wir haben viele Angebote bekommen. Übernächste Woche fahren sie mit einer Festangestellten für vier Tage auf ein Weingut in die Pfalz, mit dem wir zusammen arbeiten, wo sie in den Weinbergen arbeiten und vieles über den Weinanbau lernen. An diesem Wochenende helfen sie im TalVital den Kurpark aufzuräumen und ich schicke einige zur Brauerei Bräukel´s ins Jammertal, um dort zu helfen und zu lernen, wie man Bier braut. Die Malteser haben sich auch bei uns gemeldet. Ich hoffe, dass heute noch ein paar Anrufe kommen, wo wir helfen können.

Seit wann haben Sie das Hotel geschlossen und wie viele Gäste haben Sie normalerweise in der Osterzeit? Seit 18. März, leider. Denn wir hatten einen unglaublich starken Jahresbeginn, 15 Prozent über dem letzten Jahr. Normalerweise hätten wir vor und nach Ostern volles Haus. Wir mussten zudem in den sauren Apfel beißen und den Gästen die ausgefallenen Urlaubstage zu 100 Prozent erstatten.

Haben Sie schon einmal eine ähnliche Situation erlebt? Nein, wir haben auch keine Betriebsschließungsversicherung für diese Pandemie. Das heißt: Es tut uns jeder Tag weh. Die ersten Tagen habe ich auch nicht ganz so gut geschlafen. Aber das geht ja allen so, ich will auch nicht klagen. Die Bank steht hinter mir und wir kommen gut aufgestellt aus der Krise.


Wie fühlt sich das an, wenn das Haus plötzlich so leer ist?
Es ist anstrengender. Ich bin morgens um 8 Uhr hier und merke mittags um 2 Uhr nach sechs Stunden Krisenmanagement, es fehlen die Gäste, das Nette und Warmherzige im Haus.


Wie hoch ist Ihr Umsatzverlust durch die Krise?
Wenn der Mai auch noch ausfällt, dann sind das fast drei komplette Monate, dann haben wir einen Umsatzverlust von mehr als 300.000 Euro. Das ist schon eine Hausnummer, aber trotzdem: Wir kriegen das hin. Ich bin davon überzeugt und motiviert. Kopf in den Sand stecken, das machen wir nicht.


Was glauben Sie, wann es wieder los gehen wird?
Ich schätze Ende Mai. Am 30. April wird ja die Entscheidung für die nächsten zwei Wochen, also bis Mitte Mai, bekannt gegeben. Ich glaube nicht, dass wir dann schon dabei sind. Ich gehe von Pfingsten aus, das ist so mein Gefühl.

Möglicherweise gibt es dann für Sie und die anderen Betriebe Auflagen und Beschränkungen. Sind Sie darauf vorbereitet? Wir hatten dazu Telefonkonferenzen unter Kollegen und mit dem Tourismus-Verband. Wir kriegen die Hygienemaßnahmen umgesetzt. Das Büfett würden wir aussetzen und Frühstück und Abendessen am Tisch servieren. Die Nutzung des Schwimmbads wäre wegen des Chloreinsatzes laut Hygieneinstitut kein Problem, man muss nur den Abstand halten. In der Sauna ginge das natürlich nicht. Wir haben unser Restaurant schon Anfang März geschlossen und uns auf die Hotelgäste konzentriert. Dadurch hatten wir mehr Platz im Haus und die Gäste haben sich mehr verteilt. Wir fanden, das könnte man so weitermachen.


Haben Sie einen Plan oder Konzept für den Re-Start?
Das Haus ist top in Schuss, wir haben alles fertig, die Blumen rund um das Haus sind gepflanzt. Wenn es los geht, soll es schön aussehen. Wir könnten den Hebel rumdrehen und direkt durchstarten. Wir haben auch jetzt die Rezeption jeden Tag belegt und telefonieren mit vielen Stammgästen und fragen, wie es ihnen geht. Ich glaube, dass die Leute schnell wiederkommen, wenn wir wieder öffnen dürfen. Davon bin ich überzeugt. Wir haben einen Gast, der hat versehentlich am 18. März seinen Zimmerschlüssel mitgenommen. Der sagte am Telefon, er wolle den behalten und nach der Wiedereröffnung sofort wiederkommen. Es wird natürlich ein paar Wochen dauern, bis alles wieder normal läuft. Das geht ja nicht mal so eben. Die Gäste müssen ihren Urlaub ja auch erst einmal planen. Wir haben, wie viele andere auch, die Stornokosten bis 31. August auf Null gesetzt, sonst bucht ja niemand.

Sie sind auch zweiter Vorsitzender des Verkehrs- und Kneippvereins Saalhausen. Wird die Krise im Ort Spuren hinterlassen? Ich glaube, wir kommen da gut durch. TalVital ist gut aufgestellt, ich habe gute Kollegen und wir haben noch viel Gastronomie im Ort. Wir brauchen uns gegenseitig und sind nur gemeinsam stark. Saalhausen ist nur gut, weil viele hier gut sind. In der Gastronomie steckt viel Leidenschaft, ohne geht es nicht. Ich zeige meinen Kindern jeden Tag, wie schön der Job sein kann. Arbeiten musst du überall.