Lennestadt. Gregor Kaiser (Die Grünen) und Tobias Puspas (CDU) kandidieren für das Bürgermeisteramt in Lennestadt. Die beiden Freunde verbindet eine Menge.

Sie sind im gleichen Krankenhaus geboren, gleich alt, im gleichen Ort, in Oberelspe, aufgewachsen, haben zusammen Fußball gespielt, waren beide Messdiener, haben den gleichen Freundeskreis, kegeln im gleichen Kegelclub und kandidieren nun beide für das Bürgermeisteramt in ihrer Heimatstadt: Gregor Kaiser für Bündnis 90/Die Grünen und Tobias Puspas für die CDU. Eine Konstellation, die wohl einmalig ist. Wir sprachen darüber mit den beiden unterschiedlichen Kandidaten mit den vielen Gemeinsamkeiten – übrigens noch vor Beginn der Coronakrise.

Sie haben zusammen die Schulbank gedrückt. Herr Kaiser, wie war Kamerad Tobias denn so als Schüler?

Gregor Kaiser Er war immer ein bisschen eigensinnig, würde ich sagen.

Tobias Puspas Aber wir waren damals ein besonderer Jahrgang und haben fast alles zusammen gemacht.

Gregor Kaiser Ja, das stimmt. Ich weiß noch, wie wir bei uns zusammen gespielt haben und uns gekloppt haben, wie das früher aufm Dorf so üblich war.

Herr Puspas, haben Sie auch noch Erinnerungen an Gregor Kaiser in der Schule?

Puspas Gregor, du warst immer ein sehr guter Schüler.

Kaiser Ich war einer derjenigen, der kein Bock hatte, immer Blödsinn zu machen.

Puspas Ich schon, ich war immer ein bisschen der Klassenclown.

Wann haben Sie voneinander erfahren, dass Sie für das Bürgermeisteramt kandidieren?

http://Lennestadt-_Erste_Frau_im_Rennen_um_Hundt-Nachfolge{esc#228649299}[news]Kaiser Nachdem Tobias wieder hierhin gezogen ist, hat er immer damit kokettiert, er wolle irgendwann Bürgermeister werden und hat das auch überall kund getan. Als Stefan Hundt dann erklärte, er werde aufhören, da war für mich klar, dass er seinen Hut mit in den Ring wirft.

Puspas Wir sind ja beide zusammen im Karneval als „Die Rückwärtskehrer“ aufgetreten, da zog sich die Frage „Wer wird denn mal Bürgermeister?“ durch unsere Karnevalskarriere.

Kaiser Und so eine politische Debatte zog sich dann ab 2014 ja auch immer mal wieder durch unsere Kegelabende.

Wann haben Sie, Herr Puspas, denn erfahren, dass Gregor Kaiser ebenfalls kandidiert?

Puspas Ich hab es vom Gregor erfahren, er hat mich einen Tag vor der Bekanntgabe angerufen. Dann hatte der Kegelclub „Die 7 Zwerge“ plötzlich zwei Bürgermeisterkandidaten.

Wie sind die Kegelbrüder damit umgegangen?

Kaiser Sie haben uns beiden gratuliert und alles Gute gewünscht. Die Jungs haben es offen aufgenommen, sie finden es – glaube ich – ganz witzig und spannend.

Puspas Ich war ja viel früher dran. Als das raus war, gab das erst mal einen Hype in unserer Clique. Das war mir damals ein bisschen unangenehm, weil ich wusste, dass Gregor auch überlegte, zu kandidieren.

Kaiser Es liegt ja schon eine besondere Würze in dieser Konstellation. Ich finde das ganz schön, weil es auch deutlich macht, dass zwei, die sich kennen, sich politisch unterschiedlich engagieren und trotzdem Freunde bleiben können.

Puspas Wir verfolgen ja auch beide im Grunde das Ziel, deutlich zu machen: Politik ist nichts Langweiliges, wo man sich nicht für begeistern kann, sondern ganz im Gegenteil. Es ist auch ein bisschen ein gemeinsamer Kampf gegen Politikverdrossenheit und ich hab die Hoffnung, dass durch diese Konstellation das Thema Kommunalpolitik bei mehr Menschen ankommt.

Steckbriefe

Tobias Puspas, geboren am 8. April 1975, ist verheiratet mit Birgit, hat zwei Kinder (1 und 4 Jahre) und wohnt in Sporke. Er ist Kriminalhauptkommissar und Diplom-Verwaltungswirt. Hobbys sind der Schützenverein, Mountainbiken und Wandern.

Dr. Gregor Kaiser, geboren am 27. März 1975, ist verheiratet mit Eva und hat vier Kinder (12, 14, 18, 19). Er wohnt in Oberelspe und ist Land- und Forstwirt sowie promovierter Politikwissenschaftler. Hobbys sind Politik, Lesen und Reisen.

Kaiser Und das Image, das Kommunalpolitik hat, zum Beispiel langweilig zu sein, konterkariert wird, dadurch dass man sagt: Man kann politisch in manchen Punkten völlig unterschiedlicher Meinung sein und in anderen Punkten gemeinsame Sache machen, auch in der Politik.

Was schätzen Sie an Ihrem Freund und Mitbewerber?

Puspas Sehr zuverlässig, hilfsbereit, alles andere als oberflächlich und sehr engagiert.

http://Lennestadt-_Das_ist_der_dritte_Bürgermeisterkandidat{esc#228118669}[news]Kaiser Ich könnte das jetzt wiederholen. Was hinzu kommt, Tobias hat häufig eine lockerere Zunge und kommt schneller ins Gespräch mit den Leuten. Durch sein Engagement im Schützenwesen hat er auch andere Zugänge zu den Menschen als ich.

Warum?

Kaiser Weil ich das Schützenwesen kritisch und nicht nur den positiven Aspekt der Gemeinschaft sehe. Für mich werden hier auch gewisse Symbole und Traditionen verkörpert, die ich so nicht teile.

Puspas Das ist genau der Punkt. Gregor ist sehr ehrlich in diesen Dingen, er lässt sich nicht verbiegen, obwohl seine Meinung dazu führen könnte, dass er vielleicht ein paar Stimmen mehr oder weniger bekommt.

Sie haben beide das Parteibuch noch gar nicht so lange in der Tasche. Wie kamen Sie zur Politik?

Kaiser (seit 2016 bei den Grünen): Ich bin 2014 als Unabhängiger zur Kommunalwahl angetreten und hatte auch nicht vor, Parteimitglied zu werden, aber als 2015/16 das mit der AFD immer mehr wurde, dachte ich, man muss öffentlich deutlich Stellung beziehen, wo man steht und die Werte, die die Grünen haben, als die eigenen vertreten. Ich war aber schon während des Studiums in Bonn in der grünen Hochschulgruppe.

http://99,1_Prozent_für_Bürgermeisterkandidat_Tobias_Puspas{esc#228291557}[news]Puspas Ich war auch nicht viel früher dabei, erst ab 2014. In der Entstehungsgeschichte, wie wir politisch geworden sind, unterscheiden wir uns deutlich. Gregor hat thematisch begonnen, sich für Politik zu interessieren und einzubringen. Ich war bei der Polizei ein Teil des Staates und der Verwaltung und bin eigentlich durch den Aufstieg in einer verwaltenden Behörde politisch geworden, um dort mehr Verantwortung zu übernehmen, um dann Kommunalpolitik zu machen. Ich bin also nicht ideologisch geprägt, um grundsätzlich etwas an unserem System zu ändern. Ein bestimmtes Thema wie Umwelt oder Rassismus war bei mir nicht das Treibende.

Stimmt das, Herr Kaiser, waren es bei Ihnen mehr die Themen?

Kaiser Es kamen mehrere Themen zusammen, Anti-AKWs und Ökologie zum Beispiel, da habe ich gemerkt, das System funktioniert nicht richtig, Ich habe in Bonn viel Hochschulpolitik gemacht und gesehen, es gibt thematische Fehlentwicklungen, gegen die man sich engagieren sollte. Ja, es war ein thematischer Zugang, aber nicht monokausal, es waren mehrere Themen.

Was muss ein Bürgermeister für Lennestadt mitbringen?

Kaiser Auf jeden Fall Teamwork, transparente Arbeit, Zukunftsvisionen und gute Kommunikationsfähigkeit, um die Dinge in einem möglichst breiten Beteiligungsprozess zu entwickeln. Es kann nicht sein, dass nur die gewählten Gremien die Politik bestimmen und ganze Bevölkerungsgruppen an dem Prozess nicht beteiligt werden. Man muss versuchen die unterschiedlichsten Gruppen aus verschiedenen Schichten einzubinden, um besonders bei schwierigen Themen wie zum Beispiel der Windenergie einen Konsens zu erarbeiten.

http://Tobias_Puspas_zieht_für_CDU_Lennestadt_in_Bürgermeisterwahl{esc#227810767}[news]Puspas Wir brauchen einen Bürgermeister, der nah an den Menschen, Vereinen und Vereinigungen dran ist und in allen Dörfern ist. Ich trete nicht an, um die CDU-Politik in Lennestadt mit aller Gewalt durchzusetzen, sondern als Bürgermeisterkandidat, der es schaffen muss, alle guten Argumenten von allen Fraktionen und Beteiligten zusammenzubringen und das Beste daraus zu machen. Wir brauchen auch einen Bürgermeister, der die moderner werdende Verwaltung führt. Wir bauen zum Beispiel auf der einen Seite was Digitales auf, arbeiten und denken aber weiter analog. Das ist eine der Herausforderungen. Das Dritte ist das Netzwerken nach außen. Kontakte nach außen sind von großer Bedeutung.

Was sind die wichtigsten Themen auf ihrer Agenda?

Kaiser Wichtiger Punkt ist der Ärztemangel. Wir brauchen dafür einen Kümmerer als Ansprechpartner im Rathaus. Auch müssen wir den Flächenverbrauch auf ein Minimum reduzieren, wir sehen die Entwicklung aus der Perspektive der Land- und Forstwirtschaft und der Ökologie mit großer Sorge. Natürlich stehen Klima und Umweltschutz auf der Agenda, das ist unser Markenkern. Ich stehe zu unserer grünen Schulpolitik. Ich bin zwar ein Freund von kurzen Wegen für kurze Beine, aber es muss die pädagogische Qualität gesichert sein und es muss im finanziellen Kontext gesehen werden. Für einen Bürgermeister ist es ganz wichtig, auf höheren Ebenen mehr zu fordern, was die Kommunen brauchen. Wir können nicht alles hinnehmen, weil wir es nicht dürfen. Da gibt es dringenden Handlungsbedarf.

http://iframe_newsletter_wp_olpe_anmeldemaske{esc#228263875}[xhtml]Puspas Ich werde mit den Nachbarkommunen, insbesondere Kirchhundem, überlegen, was wir zusammen machen können. Beim Tourismus läuft das schon genial. Auch möchte ich die Gräben der Vergangenheit mit Finnentrop wieder zuschmeißen.

Bei den erneuerbaren Energien liegt mein Fokus ganz klar auf Photovoltaik. Ich möchte verstehen, warum wir nicht in der Lage sind, unsere geplanten Photovoltaikparks umzusetzen. Da muss mehr möglich sein. Ich werde alles geben, um alle Grundschulen zu erhalten, koste es was es wolle, ebenso die Realschule, und dennoch die Sekundarschule zu stärken. Darüber muss mit den Fachleuten gesprochen werden.

http://Hier_gibt_es_mehr_Artikel_und_Bilder_aus_dem_Kreis_Olpe{esc#225922135}[teaser]Kaiser Aber das ist ja gerade der Punkt, bei der Sekundarschule gab es den Fachleutekonsens Sekundarschule ja, Realschule nein, aber man hat sich politisch darüber hinweggesetzt. Deshalb gibt immer wieder Streit.

Puspas Aber der allerwichtigste Punkt ist vernünftig mit den Finanzen umzugehen. Wir dürfen nicht Gefahr laufen, dass jemand von außen auf unsere Finanzen schaut (bei einem Haushaltssicherungskonzept, die Red.), dann wird uns die Chance genommen all das, was – egal wer – an tollen Ideen vorhat, umzusetzen.