Olpe. Das Olper Krankenhaus gilt als kreisweites Covid-19-Zentrum und hat seinen Intensivkapazitäten fast verdoppelt. Was das für die Ärzte bedeutet:

Das St. Martinus-Hospital in Olpe gilt als kreisweites Covid-19-Zentrum, das in der Pandemie seine Intensivkapazitäten fast verdoppelt hat. Dabei setzt das Krankenhaus in erster Linie auf eine schon früh ins Leben gerufene Task-Force, eine strategische Planung sowie auf interdisziplinäre Zusammenarbeit. Im Interview erzählen Geschäftsführer Johannes Schmitz, die Ärztliche Direktorin Dr. Christine Menges sowie die Chefärzte der Intensivstation, Dr. Frank Van Buuren und Dr. Matthias Danz, wie sie der Coronakrise begegnen.

Wie hat sich Ihr Krankenhaus mit Ausbruch der Corona-Epidemie verändert?

http://Corona-Folgen-_Die_Wirtschaft_schlägt_Alarm{esc#228788157}[news]Johannes Schmitz: Seit der Coronakrise ist das Krankenhaus nicht mehr das, was es vorher war. Wir haben die meisten Intensivmediziner im Kreis und die größte Kompetenz in der Beatmung. Als Covid-19-Zentrum des Kreises Olpe behandeln wir alle Covid-19-Patienten, die auf eine stationäre Behandlung angewiesen sind. In den anderen Häusern wird damit das Risiko gesenkt, dass sich die Belegschaften anstecken. So kann am besten gewährleistet werden, dass bei einem sehr hohen Anstieg der Corona-Fälle die Gesamtversorgung weiter funktioniert. Denn: Der Herzinfarkt- oder Tumor-Patient und der Verunfallte muss ja weiter versorgt werden.

Insgesamt 18 voll ausgestattete Intensivplätze inklusive Beatmungserät stehen im St. Martinus-Hospital in Olpe aktuell zur Verfügung.
Insgesamt 18 voll ausgestattete Intensivplätze inklusive Beatmungserät stehen im St. Martinus-Hospital in Olpe aktuell zur Verfügung. © St. Martinus-Hospital

Dr. Christine Menges: Abgesehen davon haben wir die zentrale Aufnahme aufgeteilt in einen Isolier- und in einen Normal-Bereich. Alle Patienten, die auch nur die kleinsten Infektzeichen haben, werden umgeschleust in den Isolier-Bereich, wo dann Personal in entsprechender Schutzkleidung arbeitet. Auch, wenn der Patient zum Beispiel ein gebrochenes Bein hat, gleichzeitig aber hustet, kommt er in den Isolier-Bereich der Notaufnahme, wird dort unter besonderen Schutzmaßnahmen sorgfältig diagnostiziert und wird im Falle der stationären Behandlungsbedürftigkeit auf die Infektionsstation aufgenommen. Denn mit jedem weiteren Tag wird die Wahrscheinlichkeit größer, dass ein hustender Patient ein Corona-Patient ist. Ausschließlich Patienten der Notaufnahme, die keinerlei Infektzeichen haben, werden in den Normalbereich der Notaufnahme geleitet.

Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Notfallversorgung aufrechtzuerhalten und gleichzeitig mehr Intensivplätze für Covid-19-Patienten zur Verfügung zu stellen?

Johannes Schmitz: Wir haben planbare Operationen seit dem 16. März gestoppt. Dadurch schaffen wir Kapazitäten auf den Intensivstationen und gleichzeitig sind damit auch die Beatmungsmaschinen frei, um Covid-19-Patienten zu versorgen. Wir haben einen klassischen OP-Saal zu einer Intensiv-Einheit umfunktioniert. So konnten wir unsere vollwertigen Intensivplätze von 10 auf 18 erhöhen.

Dr. Frank Van Buuren: Wir haben den Vorteil, dass wir frühzeitig Schritte eingeleitet haben. Und dass wir Covid-Haus geworden sind, ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass wir die Infektionsabteilung für den Kreis Olpe haben – also ein extra Gebäude, wo eine Infektionsstation ist. Das heißt, wir haben Ressourcen, mit denen wir gut handeln können und effektiv sind.

Insgesamt 18 voll ausgestattete Intensivplätze inklusive Beatmungserät stehen im St. Martinus-Hospital in Olpe aktuell zur Verfügung.
Insgesamt 18 voll ausgestattete Intensivplätze inklusive Beatmungserät stehen im St. Martinus-Hospital in Olpe aktuell zur Verfügung. © St. Martinus-Hospital

Wie sahen die frühen Schritte aus, die Ihnen Ihrer Meinung nach einen Vorteil verschafft haben?

Dr. Christine Menges: Wir haben eine Corona-Task-Force schon am 29. Januar ins Leben gerufen und uns zunächst in wöchentlichen Abständen getroffen. Zu diesem Zeitpunkt spielte Corona in Deutschland noch keine Rolle. Aber wir haben die Entwicklungen in China verfolgt und haben uns überlegt: „Was wäre, wenn das hierhin käme?“ Da haben wir schon mit dem Brainstorming angefangen. Und seitdem sich die Situation in Deutschland Ende Februar immer weiter zugespitzt hat, trifft sich die Corona-Task-Force täglich.

Was wird in der Corona-Task-Force besprochen?

Dr. Frank Van Buuren: Es ist eine sehr gut zusammensetzte Runde, die sämtliche Bereiche abdeckt: die Geschäftsführung, die ärztliche Direktion, Intensiv-Mediziner, Leute vom Einkauf, der Pflege, der Apotheke, und Hygiene. Dabei wird täglich berichtet, wie viel Mundschutze und Desinfektionsmittel wir noch haben. Aus diesen ganzen Informationen erstellt die Presseabteilung dann einen täglichen Newsletter, der bei uns im Intranet veröffentlicht wird. Dabei geht es auch um Regeln wie: „Wer sollte wann einen Mundschutz tragen?“ Denn auch das Personal ist in Zeiten von Corona ein Stück weit verunsichert.

Apropos Mundschutz und Desinfektionsmittel: Laufen Sie auf einen Engpass zu?

http://Streifzug_durch_die_Region-_Gegen_Corona_gibt_s_keinen_Zaun{esc#228793115}[news]Johannes Schmitz: Desinfektionsmittel ist natürlich ein rares Gut. Wir dürfen über die Krankenhausapotheke aber Desinfektionsmittel herstellen. Weil wir dafür aber Ausgangsstoffe brauchen, haben wir 300 Liter bei der Kornbrennerei Kemper in Olpe gekauft. Dass wir das überhaupt machen mussten, ist natürlich eine Folge der Verknappung.

Rund 1700 Mitarbeiter

Die Katholische Hospitalgesellschaft Südwestfalen mit Sitz in Olpe beschäftigt laut eigenen Angaben rund 1700 Mitarbeiter. Das Gesundheitsnetzwerk umfasst neben dem St. Martinus-Hospital in Olpe und dem St. Josefs-Hospital in Lennestadt vier Senioreneinrichtungen und zwei Kurzzeitpflegeeinrichtungen, Dialysezentren in Olpe und Lennestadt sowie drei Medizinische Versorgungszentren mit derzeit elf fachärztlich geführten Praxen in den Disziplinen Chirurgie, Gynäkologie, Dermatologie, Radiologie, HNO, Pneumologie und Onkologie.

Dr. Matthias Danz: Die Angst vor Ansteckung ist ja auch immer in Bäckereien oder Supermärkten präsent. Überall tragen Menschen Handschuhe und Mundschutze. Wenn man das aber mal aus der Fachebene betrachtet, ist das Meiste davon wenig hilfreich und viel Voodoo. Feststeht: Es gibt keinen Nachweis, dass es hilft, wenn alle mit Mundschutz herumlaufen – zumal die Schleimhaut der Augen empfänglich für eingehende Partikel ist. Sicherheitsabstand sowie regelmäßiges und gründliches Händewaschen helfen viel mehr.

http://Corona-_Bezirksregierung_schickt_Kreis_Olpe_1720_Masken{esc#228791167}[news]Johannes Schmitz: Wir verfügen über ausreichend Schutzmasken, allerdings sind die Preise hierfür explodiert. Kostete so eine Maske vor der Coronakrise noch 80 Cent pro Stück, zahlen wir mittlerweile 10 Euro pro Maske. Und die Zahlen werden noch drastischer, wenn man sich den wöchentlichen Verbrauch anschaut. Für die Versorgung eines Covid-19-Patienten benötigen Ärzte und Pfleger pro Woche nämlich bis zu 200 Masken.

Wie viele Covid-19-Patienten haben Sie bereits versorgt? Und wie sieht die Behandlung aus?

Dr. Frank Van Buuren: Auf unserer Intensivstation haben wir zwei Covid-Fälle (Stand Freitag), die beatmet werden müssen. Auf unserer großen Infektionsstation sind aktuell auch Patienten. Natürlich hatten wir auch schon einige bestätigte Fälle und viele Verdachtsfalle, die wir aber zum Glück wieder schnell nach Hause schicken konnten.

http://Corona-_So_arbeitet_die_Lokalredaktion_aus_dem_Kreis_Olpe{esc#228788661}[news]Dr. Matthias Danz: Leider ist es so, dass man Corona nicht kausal behandeln kann. Der Patient muss sich selbst „ausheilen“. Wir können nur im Rahmen dieses Heilvorgangs eingreifen, wenn die Lunge des Patienten so schlecht wird, dass er droht zu ersticken. Dann müssen wir Zeit durch das Beatmungsgerät kaufen.

Wie nah arbeitet Ihr Krankenhaus-Personal derzeit an der Belastungsgrenze?

Dr. Matthias Danz: Gut ist, dass wir in der Zeit vor Corona keine Stellen abgebaut haben und alle offenen Positionen besetzen können, sodass wir in der Krise sogar noch hochfahren können. In der Hospitalgesellschaft haben wir die besondere Situation, dass wir pflegerisch für die Intensivstationen aus dem Vollen schöpfen können, mit über 120 erfahrenen Intensivkrankenpflegern.

http://iframe_newsletter_wp_olpe_anmeldemaske{esc#228263875}[xhtml]Dr. Frank Van Buuren: In Teilbereichen arbeiten wir an der Belastungsgrenze. Wir haben einige Bereiche, zum Beispiel im OP, in denen wir die Mitarbeiter gebeten haben, Minusstunden aufzubauen. Da denken wir ganz strategisch, denn: Wir müssen nicht nur jetzt glänzen, sondern auch noch in zwei Wochen, wenn die Situation vielleicht nochmal angespannter ist. Es ist eine große Herausforderung. Aber wir halten dagegen.