Altenhof/Höxter. Jonas Klur, gebürtig aus Altenhof und jetzt Vikar in Ostwestfalen, studierte in Italien. Er äußert sich zur Coronakrise.
Wegen des Coronavirus ruht nicht nur im Kreis Olpe das öffentliche Leben fast vollständig, sondern auch in Kreis Höxter. Davon betroffen ist auch Jonas Klur. Der gebürtige Altenhofer ist in Höxter als Vikar tätig. Darüber kickt Jonas Klur, der 2008 mit der SpVg Olpe in die Westfalenliga aufstieg, beim Kreisliga-Spitzenreiter SV Höxter. Wir sprachen mit Jonas Klur.
Die wichtigste Frage am Anfang: Wie geht es Ihnen persönlich und wie ist die aktuelle Situation in Höxter?
Jonas Klur: Die Gesamtsituation ist besorgniserregend, aber ich bin guten Mutes, gesund und voller Tatendrang. Bei uns gibt es ähnlich wenig Fälle wie im Kreis Olpe. Aber auch hier werden es täglich mehr.
Als wir uns kurz vor Weihnachten getroffen haben, hätten Sie da jemals mit so einer Situation gerechnet?
Nie habe ich auch nur eine Sekunde daran gedacht, dass unsere Welt in solch eine verheerende Krise rutschen könnte.
Jetzt wurde – ausgerechnet so kurz vor dem Osterfest – die Beteiligung von Laien in Gottesdiensten beschränkt. Selbst bei Beerdigungen gibt es Einschränkungen. Finden Sie diese drastischen Maßnahmen gerechtfertigt oder nicht doch ein wenig übertrieben?
Viele Priester feiern treu täglich die Heilige Messe stellvertretend für die Menschen der Pfarrei und gegebenenfalls mit einer virtuellen Gemeinde. Beerdigungen finden nur unter freiem Himmel im engsten Familienkreis statt. Leider sind solche bitteren Maßnahmen nötig, weil die meisten nicht verstehen, dass man zwar rausgehen kann, aber auf Distanz zu den anderen bleiben muss.
Auch die Schulen wurden vorzeitig geschlossen. Kein Religionsunterricht, keine Gottesdienste. Was machen Sie in Ihrer Gemeinde und privat in Zeiten von Corona?
Den Schülern darf ich über eine Internetplattform Aufgaben geben. Jetzt laufen viele Dinge per Telefon oder über Videotelefonie. Am Mittwoch habe ich noch ein Ehevorbereitungsgespräch mit einem Paar aus Olpe via Skype geführt. Das hat gut geklappt. Außerdem versuche ich gerade, mich ein wenig mehr in das Getümmel der sozialen Medien zu begeben. Wenn man sich nicht mehr in der analogen Welt treffen kann, kann man sich wenigstens in der digitalen begegnen. Ich habe mich jetzt auch bei Twitter und Instagram angemeldet und einen eigenen YouTube-Kanal eröffnet. Täglich bin ich neben der Messe für eine Stunde am Abend zur Anbetung in der Kirche. Ansonsten bleibt Zeit zum Lesen. Joggen darf man ja auch noch.
Was kriegen Sie in Höxter über die Situation in Ihrer Heimat mit?
Über Freunde bin ich ganz gut informiert. Die Wendschen wägen sich vielfach noch in Sicherheit. Die südwestfälische Gelassenheit schlägt vielerorts durch.
Dass es noch weit schlimmer geht, zeigt das Beispiel Italien. Sie haben viele Jahre in Rom studiert. Gerade in Italien grassiert das Coronavirus am heftigsten. Haben Sie Kontakte nach Rom und was sagen die über die Situation in Italien?
Ich bin mit verschiedenen Italienern im Kontakt. Im Norden ist die Situation vielerorts eine echte humanitäre Katastrophe. Kranke Menschen werden nicht versorgt, die Krankenhäuser sind überfüllt, Ärzte und Pfleger sind nicht selten selbst mit dem Coronavirus infiziert. Es gibt so viele Tote dort, weil das Gesundheitssystem kollabiert ist. Erschreckend.
Ostern in Rom ohne Touristen und Gläubige auf dem Petersplatz. Da muss Ihnen doch das Herz bluten…?
Mir scheint, dass wir momentan größere Sorgen haben. Ich warte auf den Moment, an dem wir nach überstandener Krisen- und Durststrecke endlich wieder aus vollen Rohren in unseren Kirchen mit allen singen und beten dürfen, um alle Last loszuwerden.
Kann die Corona-Krise auch eine Chance für ein besseres Zusammenleben in unserer Gesellschaft sein?
In jedem Fall ist uns eine Besinnungs- und Fastenzeit auferlegt, ob wir es wollen oder nicht. Es zeigt sich vielerorts die Sensibilität für die Bedürftigen in unseren Orten. Wir können viel entdecken. Wir sehen, wie sehr jeder einzelne für das Gesamte wichtig ist, wie sehr wir aufeinander achten müssen, wie sehr unser normales, selbstverständliches Leben ein Geschenk ist, wie wenig wir doch unser Leben im Griff haben.
Zum Schluss muss zumindest ein kurzer Schwenk zum Fußball sein. Sie stehen mit dem SV Höxter auf dem ersten Platz der Kreisliga. Doch jetzt ruht der Ball mindestens bis Ende April. Hand aufs Herz: Glauben Sie, dass es am Ende ein Happy-End gibt und Sie doch noch den zu Weihnachten erhofften Meistertitel und Aufstieg feiern können?
In dieser Saison werden wir sicherlich nicht mehr Schuhe schnüren. Statt Training ist jetzt Einkehr gefordert. Fußball ist nebensächlich. Wir haben jetzt viel Zeit zu überlegen, was wirklich im Leben zählt und diesem Sinn gibt.