Finnentrop. Finnentroper Gemeindeverwaltung wirbt für ein Aus des aus ihrer Sicht funktionslosen Papiers. Doch die Politik entscheidet sich dagegen.

Als der Finnentroper Gemeinderat 2007 ein eigenes Mobilfunkkonzept auf den Weg brachte, geschah dies im Wesentlichen aus zwei Gründen. Zum einen wollte man Transparenz schaffen und Ansprechpartner für besorgte Bürger sein. Denn Mobilfunk-Betreiber sorgten damals für eine rasante Verdichtung von Funkstandorten und schürten damit unter anderem Ängste vor den gesundheitlichen Auswirkungen. Zum anderen wollte sich die Politik ein kleines Mitspracherecht bei der Auswahl geeigneter Standorte sichern, ähnlich wie sie es bei der Windkraft tut.

Attendorn setzt Konzept aus

Die Stadt Attendorn hat ihr Mobilfunkkonzept aus dem Jahr 2003 Ende vergangenen Jahres ausgesetzt. Aufgrund von 5G sei mit einem massiven zusätzlichen Ausbau von Mobilfunknetzen zu rechnen, weshalb es einer Neubetrachtung des Konzeptes bedarf, so die Begründung in Attendorn. „Vor allem ist für uns noch völlig unklar, welche Einflussmöglichkeiten wir als Stadt auf den 5G-Ausbau haben werden“, erklärt Bürgermeister Christian Pospischil und er ergänzt: „Für uns ist deshalb das alte Mobilfunkkonzept keine Grundlage mehr gewesen.“

Allerdings hegt die Finnentroper Verwaltung, allen voran Bürgermeister Dietmar Heß, seit jeher erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieses Konzeptes. Und sie fühlt sich heute, 13 Jahre später, bestätigt. Das Verständnis für den Mobilfunk-Ausbau habe über die Jahre immer mehr zugenommen, weil gerade die Wirtschaft vom Netzausbau profitiere. Zudem gebe es heute kaum noch Versorgungslücken. Und der 5G-Ausbau stehe vor der Tür.

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Kurzum: „Es macht aus Sicht der Verwaltung wenig Sinn, kleinteilig zusätzliche Hürden beizubehalten oder aufzubauen, die der Verbreitung der neuen Technik im Wege stehen oder den Versorgern das Alibi geben, die Einführung dieser Technik in ländlichen Räumen zu verzögern“, schreibt die Verwaltung. Deshalb sei es an der Zeit, das funktionslose Konzept aufzugeben.

Keine Handhabe wie bei Windkraft

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Für Bürgermeister Dietmar Heß spielt allerdings noch ein anderer Aspekt eine wichtige Rolle: die rechtliche Situation. Anders als bei der Windenergie, wo die Gemeinde durch die Ausweisung spezieller Bereiche im Flächennutzungsplan mitreden kann, besitzt eine Kommune dieses Recht bei Mobilfunkstationen nicht. Sie habe, so steht es auch in dem 2007 verabschiedeten Mobilfunkkonzept, lediglich die Möglichkeit, in sachlicher Diskussion mit den Mobilfunkanbietern Vor- und Nachteile bestimmter Standorte aufzuarbeiten. „Um es auf den Punkt zu bringen: Wir haben keine eigenen Kompetenzen und keine Planungshoheit beim Thema Mobilfunk. Alles andere wäre ein Vorspielen falscher Tatsachen“, betont Dietmar Heß. Jens Nagel, SPD-Fraktionschef, sieht das genauso: „Ein Konzept, das keine Funktion hat, brauchen wir nicht. Wir können beim Mobilfunk nur sehr wenig mitsprechen. Deswegen sollten wir es aufheben.“

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Das bestätigt auch Stefan Glusa, Geschäftsführer der Telekommunikationsgesellschaft Südwestfalen, auf Nachfrage und verweist auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Mobilfunk-Betreiber, die gemeinsamen mit den Kommunalen Spitzenverbänden vor Jahren ausgearbeitet wurde. Glusa: „Aus der Praxiserfahrung kann ich aber sagen, dass ein Betreiber einen Standort niemals durchboxen würde, wenn er mit heftigem Gegenwind aus Politik oder Bürgerschaft rechnen muss.“

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Vodafone und Co. hätten wenig Interesse an langjährigen Gerichtsverfahren, so dass sie ihrer Selbstverpflichtung auch nachkommen würden. „Gerade bei den großen Standorten haben die Betreiber großes Interesse an einer möglichst verträglichen und konsensualen Abstimmungen mit allen Beteiligten“, unterstreicht der Fachmann. Im Übrigen gebe es durch entsprechende Urteile des Verfassungsgerichtes, etwa aus 2013, Auflagen für Betreiber, um beispielsweise Landschaftsbilder nicht zu zerstören.

Glusa: zwei extreme Positionen

Anders als Verwaltung und SPD macht die Finnentroper CDU keinen Handlungsbedarf aus. „Wir sehen aktuell keine Notwendigkeit, das Konzept aufzuheben, zumal es noch dauert, bis wir in den Genuss von 5G kommen. Wenn es soweit ist, können wir gerne nochmal über das Konzept, über mögliche Änderungen oder die Abschaffung sprechen“, erklärt Fraktionschef Ralf Helmig. Zudem könnten neue Sorgen der Bürger entstehen, weshalb die Partei den Vorschlag der Verwaltung ablehnt.

Christian Vollmert von den Freien Wählern unterbreitet den Vorschlag, das Konzept fortzuschreiben – unter Berücksichtigung des 5G-Standards. Keinesfalls sollte man jedoch die noch so kleinen Einflussmöglichkeiten aufgeben. Dafür wirbt auch Glusa: „Momentan gibt es zwei extreme Positionen. Die einen wollen ihre alten Konzepte aufgeben, die anderen sie überarbeiten und mit Blick auf 5G fortschreiben. Mitzugestalten finde ich keine schlechte Idee.“