Lennestadt. Auf der B 236 in Langenei wurden kürzlich fast zwei Grundschüler überfahren. Das hat eine Debatte über sichere Schulwege in Lennestadt ausgelöst.

Jeden Werktag morgens zwischen 6.30 und 8 Uhr ist „Rush Hour“ auf Lennestadts Straßen, besonders auf den Hauptverkehrsachsen wie B 55 und B 236. Auf dem Weg zum Arbeitsplatz zählt für viele jede Sekunde, dazwischen tummeln sich Fußgänger und Kinder auf dem Schulweg, sie sind die schwächsten Glieder in dem hektischen Verkehrsgewühl. Manchmal grenzt es an ein Wunder, dass es keine schwereren Unfälle gibt.

Nach dem Vorfall vor einigen Tagen auf der B 236 in Langenei, wo beinahe zwei Kinder von einem BMW erfasst wurden, der trotz roter Ampel plötzlich lospreschte, mehren sich kritische Stimmen. Wird in den Ortschaften zu sehr gerast, sind die Schulwege an Hauptstraßen trotz Ampeln sicher genug und tun Behörden genug, um Unfällen vorzubeugen?

Beinahe-Unfall in Langenei heizt Diskussion an

Der Vorfall in Langenei hat die Debatte darüber angeheizt, in den sozialen Medien, aber nicht nur dort. Die Beobachtungen der Bürger, Anwohner oder Beschäftigten unterscheiden sich grundlegend von denen der Behörden. Grenzwertig geht es demnach auf der Bielefelder Straße in Elspe (B 55) zu. Heike Boddin ist Anwohnerin, nutzt fast täglich den beampelten Fußgängerüberweg in Höhe des Marktplatzes. „Ich musste schon mehrmals zurückspringen, weil noch Autos weiter heizten, obwohl die Fußgänger schon grün hatten. Ich habe schon Lkws und Busse gesehen, die bei rot über die Ampel gebrettert sind, das ist echt schlimm hier“, so die Elsperin. Andere bestätigen das.

Kommentar: Genauer hingucken

Keine Frage! Die sozialen Medien sind ein undefinierbares Haifischbecken. Dort tummeln sich seriöse Nachrichten zusammen mit Halbwahrheiten, Gerüchten und allerlei Blödsinn und es gibt Leute, die bekommen beim Verweis auf diese Nachrichtenquellen Schaum vor dem Mund.

Aber alles für null und nichtig zu erklären, was dort geschrieben steht, ist der falsche Weg. Das haben die Recherchen zu unserer Schulweggeschichte gezeigt. Auch, wenn die statistischen Daten der Behörden keinen Brennpunkt erkennen lassen, die Beobachtungen mehrerer Anlieger, Passanten und auch Beschäftigten der Betriebe am Elsper Marktplatz lassen sich nicht wegdiskutieren. Zumal diese täglich das reale Geschehen mitbekommen und ihre Erkenntnisse nicht auf zufälligen Stichproben fußen. Den ultimativ-sicheren Schulweg wird es nie geben und unbegreifliche Gefährdungs-Aktionen wie kürzlich in Langenei lassen sich wahrscheinlich nicht verhindern. Personal ist knapp, aber die Behörden sollten hier dennoch öfter und genauer hingucken. Jedenfalls können sie nun nicht mehr sagen, sie hätten nicht gewusst.

Volker Eberts

„Die B 55 ist eine gefährliche Straße“, sagt auch Rebecca Friesekothen, die Schulleiterin der St.-Jakobus-Grundschule in Elspe. Aber brenzlige Situationen auf dem Schulweg bzw. Beschwerden aus der Elternschaft über die Schulwegsicherung seien ihr nicht bekannt. Als vor einiger Zeit der Elsper Marktplatz saniert wurde und die Kinder auf der B 55 in die Schulbusse ein- und aussteigen mussten, haben die Eltern in Eigenregie einen Lotsendienst organisiert, auch das Ordnungsamt der Stadt hat in dieser Zeit genauer hingeguckt, war öfter vor Ort als sonst.

Solche Idioten gibt es überall

Auch Markus Höninger, Schulpflegschaftsvorsitzender der Marienschule in Saalhausen, die die beiden Langeneier Grundschüler besuchen, kennt keine Beschwerden aus der Elternschaft. An der Schule begleiten zu Schülerlotsen ausgebildete Viertklässler die jüngeren Schüler auf dem Schulweg. Er hoffe, dass die Polizei den Rotlichtfahrer noch erwische: „Solche Idioten gibt es leider überall.“ Das kann Ingo Wirth vom Lennestädter Ordnungsamt bestätigen: „Wir bekommen immer wieder mal Informationen über Rotlichtverstöße an Fußgängerampeln, aber die können wir nicht verhindern.“

Fakt ist: Die Statistik der Behörden deckt sich nicht mit den Beobachtungen der Anwohner: Weder die B 55 in Elspe noch die B 236 in Langenei gelten als Unfallschwerpunkt. Zwar gab es gerade in den letzten Wochen zwei Unfälle mit Fußgängern in der Elsper Ortsmitte, aber in beiden Fällen, so Polizeisprecher Michael Klein, seien die Fußgänger auf die Fahrbahn gelaufen, die Autofahrer träfe keine Schuld. Auch seien seit Jahren keine Schulwegunfälle in Elspe aktenkundig.

Falsche Einschätzung

Karsten Schürheck, Beigeordneter der Stadt Lennestadt, will die Beobachtungen der Anlieger nicht in Abrede stellen, gibt aber zu bedenken, dass die Geschwindigkeit von Fahrzeugen oft falsch eingeschätzt werde: „Es wird manchmal gesagt, es wird gerast, aber wenn wir messen, dann sind die Fahrzeuge nicht zu schnell. „Viele Menschen können die Geschwindigkeit nicht richtig einschätzen, das ist oft subjektives Empfinden.“ Polizeisprecher Klein pflichtet ihm bei.

Das soll nicht heißen, dass die Behörden die Beobachtungen nicht ernst nehmen. Stadt und Polizei appellieren an die Bürger, ihre Kritik nicht nur in den sozialen Medien zu veröffentlichen, sondern an die Beamten und an das Rathaus zu melden. Denn auch der Polizei liegen derzeit keine Meldungen über eine unsichere Schulwegsituation in Elspe vor.

Die Beamten des Bezirksdienstes hätten die Schulwege auf dem Schirm, seien aber für jeden Hinweis dankbar. Auch die Stadt sei bereit, Gefahrenstellen mit Fußgängerampeln zu sichern, so Schürheck. Doch leider zeigen die Vorfälle in Langenei und Elspe, dass diese Maßnahme offenbar nicht ausreicht.