Attendorn. Geplantes Wall-Center: Christian Springob, Vorsitzender der Attendorner Werbegemeinschaft, unterstellt der Verwaltung intransparentes Vorgehen.

Am Ende der fast dreistündigen öffentlichen Sitzungen ergriff Christian Springob, Vorsitzender der Attendorner Werbegemeinschaft, noch einmal das Wort. „Ich möchte klarstellen, dass wir kein Club der Verhinderer sind, der die Entwicklung unserer Stadt torpedieren will“, sagte der Inhaber der Nicolai-Apotheke in Richtung Verwaltung und ergänzte mit ernster Miene: „Doch beim geplanten Wall-Center kritisieren wir deutlich das intransparente Vorgehen der Verwaltung.“ Dass Springob mit dieser Meinung nicht allein stand, war bereits in der Einwohnerfragestunde des Ausschusses für Planung und Umwelt deutlich geworden. Zahlreiche Anwohner und Einzelhändler waren am Montagabend ins Rathaus gekommen, um ihrem Unmut Luft zu verschaffen. Denn sie fühlen sich nicht hinreichend informiert über die Auswirkungen, die der geplante Bau des neuen Einkaufszentrums – des Wall-Centers – nach sich ziehen könnte. Gegen den Vorwurf der Intransparenz und der fehlenden Informationsbereitschaft wehrten sich Bürgermeister Christian Pospischil und Bauamtsleiter Carsten Graumann jedoch vehement.

Graumann: Kaufkraftverluste verhindern

Zur Erinnerung: Die Immobilien Treuhand GmbH (ITG) aus Düsseldorf als Investor beabsichtigt die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandels auf dem Gelände des ehemaligen Busbahnhofes. Neben einer Apotheke und einem Stehcafé sollen die Drogeriemarkt-Kette Müller und ein Lebensmittelsupermarkt den Weg ins Wall-Center finden (wir berichteten). Integriert in die neue Indoor-Mall zwischen Bahnhofsstraße und „Am Zollstock“ wird zudem der bereits bestehende Textilfachmarkt „KiK“. Bürgermeister Christian Pospischil verteidigt und begrüßt das Vorhaben. Er betont: „Wir verfügen in der Stadt über keine andere Fläche, um großflächigen Einzelhandel nach Attendorn zu holen. Das haben wir im Innenstadtentwicklungskonzept auch genau so festgehalten. Diese Chance wollen wir uns nicht verbauen lassen.“ Zumal das neue Wall-Center den Einzelhandelsstandort Attendorn insgesamt stärken würde. Damit, sprang ihm Carsten Graumann zur Seite, könne man künftig auch die enormen Kaufkraftverluste verhindern, vor allem in den Bereichen Lebensmittel und Drogerie, wo die Hansestadt laut Auskunft des Bürgermeisters unterdurchschnittlich versorgt sei.

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Die größte Sorge der Einzelhändler aus der Innenstadt: Durch das neue Einkaufszentrum kommt es zu deutlich spürbaren Umsatz-Umverteilungen – raus aus der Kernstadt, rein in das neue Wall-Center. Deswegen stellte die Werbegemeinschaft unter anderem folgende Frage: „Das Gutachten (zur Auswirkungsanalyse, Ann. der Redaktion) sieht durch das Projekt Wall-Center die Existenz des Rossmanns und eines Lebensmittelanbieters, sprich Dornseifer, gefährdet. Wie gedenkt die Verwaltung, dass diese möglichen Schließungen städtebaulich kompensiert werden können?“ Darauf antwortete Christian Pospischil: „Wir gehen von keinen Schließungen aus. Es ist für ein Mittelzentrum wie Attendorn sogar untypisch, nur einen Drogeriemarkt zu haben. In diesem Sortiment sehen wir erhebliche Kaufkraftabflüsse, die wollen wir durch einen zweiten Anbieter unterbinden. Beim Dornseifer sehen wir das genauso. Im Übrigen soll ja keine Attendorner City-Galerie am Bahnhof entstehen.“ Zudem, so Pospischil, solle der neue Wettbewerb auch die Auswahl für die Kunden in Attendorn erhöhen.

Einzelhändlern den Bart abschneiden

Widerspruch folgte prompt aus den Reihen der Anwohner- und Einzelhändlerschaft. „Wenn wir dieses Gebäude außerhalb der Welle hinsetzen, dann geht doch keiner mehr in die Innenstadt und den Einzelhändlern dort wird der Bart abgeschnitten“, echauffierte sich Ulrich Bilsing. Hedwig Holthoff-Peifer ergänzte kritisch: „Uns allen liegt unsere Stadt am Herzen. Wir verstehen aber nicht, wieso niemand im Vorfeld mit uns geredet hat? Sollten wir uns nicht alle gemeinsam zunächst über die Segmente Gedanken machen, die uns in Attendorn noch fehlen, bevor das Projekt schon in trockenen Tüchern ist?“ Schließlich hinterfragte Lukas Pfeifer die betriebswirtschaftlichen Motive bezüglich der Angebote im neuen Wall-Center: „Ich sehen keine wirklichen Neuheiten im Angebot, sondern einige Überschneidungen. Wo liegt hier der echte Mehrwerte?“ Konditor Markus Harnischmacher wählte gar den Begriff „Kannibalismus“ und machte unmissverständlich deutlich, dass es sehr wohl zu starken Umverteilungen zulasten der Gewerbetreibenden in der Innenstadt kommen werde: „Das ist eine volle Konkurrenz.“

Zuspruch erfuhr die Verwaltung indes von den Politikern. So plädierte etwa Wolfgang Langenohl: „Wir dürfen uns nicht zerstreiten und müssen gemeinsam nach vorne gehen.“ Das Wall-Center-Projekt sei jedoch ein sehr lobenswertes. „Ein weiterer Lebensmittelfachmarkt ist sogar notwendig“, ergänzte Meinolf Schmidt von der UWG. Und auch die CDU werde sich laut Rolf Schöpf dem Bauprojekt nicht verwehren. Zu weiteren Detailfragen, etwa zu Themen wie die Begrünung der Fassaden, den Immissionsschutz oder wie man mit den mehr als 160 neu entstehenden Parkplätzen außerhalb der regulären Öffnungszeiten des Wall-Centers umgehen werde, dazu sei man laut Verwaltung noch in den Gesprächen mit dem Investor. Aber natürlich werde man die Anregungen und Bedenken der Gewerbetreibenden bei der weiteren Planung einfließen lassen, versprach Pospischil.